Gefaehrliche Tiefen
heià gemacht. Sie tranken und schossen auf Bierdosen und Kakteen. Die Gespräche drehten sich um unverschämte Einwanderer und die darniederliegende Wirtschaft und um die Notwendigkeit, »das Land zurückzuerobern«. Ganz selten einmal lieÃen ihre neuen Kumpel den Namen eines weiteren Gruppenmitglieds fallen oder erwähnten ein zurückliegendes Ereignis. Nicole und er mussten unbedingt mehr Mitglieder zu sehen bekommen und mehr Aktionen miterleben, damit es für eine Anklageerhebung reichte. Allmählich wurden sie beide kribbelig.
Das Frühstück an diesem Morgen hatte aus lauwarmen Eiern und Bratkartoffeln in einer schmierigen Kneipe bestanden, und jetzt hielten sie sich in Why auf, diesem gottverlassenen Kaff. Chase wusste, wie sehr Nicole darauf brannte, ihren Mann anzurufen, und er selbst hätte alles darum gegeben, mit Summer reden zu können oder zumindest an einen Ort mit Internetempfang zu kommen, um die neuesten Berichte auf
Out There
lesen zu können. Nicole hatte morgens im Büro angerufen, ein Anruf, der von der Nummer ihrer »Freundin Maureen« in Florida weitergeleitet wurde, damit ihr Boss wusste, dass sie beide noch am Leben und bei der Arbeit waren. Das GPS unter der StoÃstange ihres Pick-ups übermittelte ständig den Aufenthaltsort des Fahrzeugs. Das war aber auch schon alles, was es in den letzten beiden Tagen für sie an Kommunikation mit der AuÃenwelt gegeben hatte.
»Ihr hattet doch versprochen, dass man hier drauÃen zu Geld kommt«, sagte Chase in nörgeligem Ton zu Randy. »Ich dachte, wir würden ein bisschen Action machen. Wohin zum Teufel ist Dread verschwunden?«
»Beruhige dich, Mann«, erwiderte Randy. »Er ist nicht weit weg. Mach hier bloà nicht so einen Zirkus. Man weià nie, wer einen beobachtet. Wir kriegen noch früh genug mit, wenn Dread so weit ist.«
Chase seufzte ungeduldig auf und richtete den Blick auf den nächsten Tisch. Dread schien der Anführer dieser Zelle der New American Citizen Army zu sein. Die Verbindungen zwischen den Zellen waren so locker, dass sie kaum wahrnehmbar waren, und ihre Mitglieder kannten sich überraschend gut mit neuer Kommunikationstechnologie aus. Da hatte ihr FBI -Team einfach versagt, als es sie mit älteren Handys ohne Internetzugang ausgerüstet hatte.
Anstatt sich persönlich zu treffen, tauschten die NACA -Mitglieder ihre Informationen über Handy aus und über Hashtags auf Twitter. Das Hashtag wechselte täglich, manchmal sogar mehrfach, und immer bestand es aus einer unsinnigen Kombination von Wörtern wie #redday oder #leafnow. Am Morgen, im Diner, hatte Dread Chase die Gespräche auf seinem Handy gezeigt. Das derzeitige Hashtag lautete #sunshadow, und bei den Beiträgen ging es ausschlieÃlich um eine groÃe Razzia der Einwanderungsbehörde bei einem Reifenhersteller, der zu neunzig Prozent Illegale beschäftigt hatte.
»Jetzt müssen sie richtige Amerikaner einstellen«, hatte Joanne selig frohlockt.
Chase hielt es für wahrscheinlicher, dass die Firma einfach ihre texanische Niederlassung schlieÃen und jenseits der Grenze in Mexiko neu gründen würde, aber er hielt den Mund. »Woher weiÃt du, welches Codewort gerade aktuell ist?«, hatte er Dread gefragt.
Welche Kommandostruktur hat diese Armee? Wer befehligt sie?
»Wir haben da ein System«, hatte Dread geantwortet und zu Chaseâ Enttäuschung hinzugefügt: »Ich erkläre es dir später.«
In der Schmuckabteilung des Flohmarkts stieÃen Nicole und Joanne wieder zu den drei Männern. Randy befingerte eine schwere silberne Gürtelschnalle und warf deren Besitzerin aus dem Augenwinkel Blicke zu, als wolle er die Schnalle heimlich mitgehen lassen. Die GroÃmutter mit dem faltigen Gesicht lieà ihn nicht aus den Augen. Unter ihren Ausstellungsstücken diverser kunstvoll von Navajos aus Kürbisblüten gearbeiteten Halsketten und schweren Ohrringen entdeckte Chase ein Set viereckiger Türkise in silbernem Rahmen. Die Steine wiesen ein wellenförmiges Muster auf und waren eher grünlich und nicht â wie sonst üblich â blau. Der Anhänger hing an einer silbernen Kette mit Zopfmuster, die Ohrringe hatten einfache silberne Haken. Das Set würde Summer groÃartig stehen â es war viel eher ihr Stil als die Diamanten, die Steele ihr geschenkt hatte. Nur selten stieà Chase auf etwas, von
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