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Gefaehrliche Tiefen

Gefaehrliche Tiefen

Titel: Gefaehrliche Tiefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela S. Beason
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machte.

15
    Â»Dieser Ort hieß ursprünglich mal Y – du weißt schon, wie der Buchstabe –, weil die Highways hier in der Form eines Ypsilons aufeinander treffen.« Marshall hatte sich offenbar vorgenommen, Charlie Perini Nachhilfeunterricht in Heimatkunde zu geben. Chase, der den Umständen entsprechend schmuddelige Jeans, ein Jeanshemd und abgewetzte Cowboystiefel trug, hörte nur mit halbem Ohr zu, während sie über den Flohmarkt am Rand von Why, Arizona, schlenderten. Es fiel ihm schwer, Summers Nachrichten auf seinem Anrufbeantworter aus dem Kopf zu verbannen. »Ruf mich an, sobald du das hier hörst.«
Zwei Tage waren vergangen, seit sie all diese verzweifelt klingenden Nachrichten hinterlassen hatte. Würde sie verstehen, dass er sie nicht anrufen konnte? Würde sie glauben, dass er sie zurückwies, weil sie sein Angebot zurückgewiesen hatte? Ging es ihr gut?
    Â»Dann haben die Politiker behauptet, Ortsnamen müssten mindestens drei Buchstaben haben, und so heißt Y jetzt Why.«
    Marshall beendete seine Heimatkundelektion, indem er sich über die Nase rieb. Der Typ machte das so oft, dass Chase sich schon fragte, ob Marshall nicht noch eine andere Angewohnheit hatte, eine, die etwas mit weißem Pulver und seiner Nase zu tun hatte. Wenn der Typ drogenabhängig war, könnte sich das später noch als hilfreich erweisen. Drogenabhängige waren immer bereit, ihre Kumpel zu verraten, wenn sie dadurch an den nächsten Schuss kamen.
    Randy, der gerade zu ihnen gestoßen war, fügte hinzu: »Typisch für diese Bürokraten. Machen Gesetze, wie man Dinge zu nennen hat. Wieso soll eine Stadt nicht einfach Y heißen?«
    Â»Stimmt«, erwiderte Chase. Charlie Perini war eher der kurz angebundene Typ. Je weniger ein verdeckter Ermittler redete, desto weniger konnte ihm aus Versehen etwas herausrutschen. Zeiten wie diese waren besonders gefährlich – wenn nichts Besonderes passierte und man einfach nur mit den neuen Kameraden rumhing. Nur zu leicht kam einem Agenten da mal etwas über sein richtiges Leben über die Lippen, über alltägliche Gewohnheiten oder Familie und Freunde.
    Auf dem Flohmarkt wurde auf Klapptischen alles Mögliche angeboten, von gebrauchtem Werkzeug über Lederwaren bis hin zu Schmuck. Die Verkäufer waren zum größten Teil Lateinamerikaner oder Indianer. Immer wenn sich sein Blick mit dem eines Verkäufers traf, rief Chase sich in Erinnerung, dass er nicht zu diesen Leuten gehörte. Er war nicht halb Lateinamerikaner und halb Lakota, sondern Charlie Perini, Italoamerikaner. Mit einer Ehefrau namens Nikki.
    Er sah sich nach Nicole um und entdeckte sie einen Gang weiter und einige Tische hinter ihm, wo sie mit Joanne, Randys Frau, Stapel gebrauchter Klamotten durchwühlte. Die arme Joanne war so dankbar, endlich eine Frau zum Reden zu haben, dass sie sich zu einer Goldgrube an Informationen entwickelt hatte. Joanne wirkte felsenfest von der Richtigkeit ihrer Mission überzeugt. Voller Enthusiasmus hatte sie Nicole erzählt, dass die Citizen Army überall im Süden der USA über Ableger verfügte und dass sie sehr erfolgreich darin waren, weder Immigranten noch Drogen über die Grenze kommen zu lassen.
    Â»Dread ist klüger als alle, die ich je kennengelernt habe«, hatte Nicole am Abend zuvor Joannes Südstaatendialekt nachgeahmt. »Wie der es schafft, die Drogenkuriere aus dem Verkehr zu ziehen! Wir nehmen ihnen die Drogen ab, damit sie sie nicht an unsere Kinder verkaufen können.«
    Entweder war Joanne zu beschränkt, um zu merken, dass Dread die Drogen selbst verkaufte, oder sie wollte Nicole unbedingt von der Rechtschaffenheit ihrer Aktionen überzeugen. Die Männer machten dagegen einen aufgeweckteren Eindruck, vielleicht waren sie aber auch nur misstrauischer. Jedenfalls neigten sie deutlich weniger zum Reden. Chase kam sich im Moment reichlich überflüssig vor.
    Â»Ich habe da mal eine Frage zu Why«, sagte er zu Marshall und Randy. »Was zum Teufel tun wir hier eigentlich?«
    Nicole und er hatten sich am vergangenen Nachmittag Dread, Marshall, Randy und Joanne zu einem Ausflug angeschlossen. Sie waren nach Süden, Richtung Grenze, gefahren, und dann nach Westen in immer verlassenere Wüstengegenden. Die Nacht hatten sie in der Wüste verbracht, über einem Feuer Würstchen gegrillt und auf Marshalls Campingkocher Dosen mit Bohnen

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