Gefaehrliche Tiefen
Gemüse auslag, und an Läden, die billige Kleidung, Plastiksandalen und Spielzeug anboten.
SchlieÃlich gelangte sie zum
municipio
. Das mit gelbem Stuck verzierte Gebäude machte einen bescheidenen Eindruck und war doch das beeindruckendste, das sie bisher auf den Galapagosinseln gesehen hatte. Drei flache Marmorstufen führten hinauf zum Eingang, wo zu beiden Seiten eine Zementsäule stand, auf die man â allerdings nicht sehr überzeugend â ein Marmormuster gemalt hatte, damit sie zu den Stufen passte. Auf beiden Seiten des Wegs blühten in angelegten Beeten rote Geranien zwischen breitblättrigen Fetthennen. Als Sam den Eingang fotografieren wollte, kam ein Mann in Polizeiuniform heraus, hob den Finger und machte das international verständliche »Lassen-Sie-das«-Zeichen.
Sam nickte und nahm die Kamera herunter. Kommentarlos ging er an ihr vorbei. Noch so ein blonder Polizist. Schwartzâ Bruder? Cousin?
Die Galapagosinseln sind eine kleine Gemeinde. Viele sind irgendwie miteinander verwandt.
Sie steckte die Kamera wieder in ihren Tourenrucksack und betrat das Gebäude. Zu ihrer Ãberraschung gelangte sie als Erstes in einen gepflegten Innenhof. Ein etwas müde wirkender Baum in einem riesigen Tontopf diente als Mittelpunkt. Rundum in den Mauern befanden sich mehrere Türen. Sam wurde von einem älteren Mann in dunkler Hose und weiÃer
guayabera
aufgehalten, der an einem Schreibtisch beim Eingang saÃ.
»Señorita?«
»Polizei?«, erwiderte sie.
Er deutete auf eine Tür, über der ein groÃes, handgeschriebenes Schild mit der Aufschrift
fiscalia
hing. Wieso hatte sie, nur weil sie ein Polizeirevier betrat, das Gefühl, gleich verhaftet zu werden? Als sie sich während ihrer Collegezeit für einen Sommerjob beim Luftfahrtministerium beworben hatte, waren ihr bei der Polizei Fingerabdrücke abgenommen worden. Sie hatte durch elektronisch gesicherte Tore in einen abgeschlossenen Raum gehen und dort mit einer Gruppe heruntergekommener Männer warten müssen. SchlieÃlich war sie an der Reihe gewesen und der Techniker hatte ziemlich unsanft ihre Finger in die Tinte gedrückt und über das Papier gerollt, heftiger als nötig schien.
»Mir werden die Fingerabdrücke nur abgenommen, weil ich einen Job bei der Regierung habe«, hatte sie ihm erklärt.
»Ja, natürlich«, hatte er erwidert. Sie war ziemlich besorgt gewesen, dass sich die Tore auf ihrem Rückweg nicht wieder öffnen würden.
Aber hier gab es keine elektronisch gesicherten Tore. Nur einen zerkratzten Holzschreibtisch und dahinter eine Frau in Khakiuniform, die sie neugierig musterte.
»Sprechen Sie Englisch?«, fragte Sam.
Die Frau nickte, wobei ihr schwarzer Pferdeschwanz im Nacken auf und ab wippte. »Ich kann ein bisschen englisch. Was kann ich für Sie tun?«
»Mein Name ist Summer Westin, und â¦Â«
»Westin?«
»Ja. Sie haben meinen Pass.«
»
Momento.
« Die Frau erhob sich und verschwand durch eine Tür zur Linken.
Sam trommelte mit den Fingerspitzen auf den Schreibtisch und fragte sich, ob sie sich auf einen der Stühle setzen sollte, die entlang der Wand standen. SchlieÃlich lieà sie sich auf eine Sitzgelegenheit in der Ecke sinken.
Von hier aus konnte sie durch die offene Tür in einen weiteren Raum hineinsehen. Auf einem Untersuchungstisch aus rostfreiem Edelstahl lagen verschiedene Teile einer Taucherausrüstung. Sam stand wieder auf und schlich sich näher zu der Tür hin. Regale, der Untersuchungstisch und vier mit schweren Vorhängeschlössern gesicherte Schubfachtüren, jede groà genug, um eine dieser Rollschubladen zu beinhalten, in denen im Fernsehen immer die Toten im Leichenschauhaus aufbewahrt wurden. Leichen waren keine zu sehen. Personal ebenfalls keins.
Auf dem Tisch lagen eine Tarierweste, ein Druckluftzylinder und die Stufe eins eines Atemreglers, alles noch mit Schläuchen aneinander befestigt. Der Teil des Schlauchs, der zum Mundstück des Atemreglers beziehungsweise der Stufe zwei hätte führen müssen, war abgeschnitten, und das Mundstück fehlte. Etwas daneben lag eine zerbrochene Taucherbrille. Auf dem Riemen der Brille standen mit wasserfestem Filzstift die Initialen DK . Das hier war Dans Ausrüstung. Der Schlauch, der an Stufe eins festgemacht war, sah aus, als wäre er durchgeschnitten worden, und zwar in etwa an jener Stelle,
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