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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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war sie vollkommen verändert. Am Abend davor war sie wie ein loderndes Feuer, ganz in Kirschrot, mit seligem Lächeln - und am Morgen danach wie ein Häufchen kalte Asche im Kamin. Solange ich da war, hab ich sie nie wieder so weich gesehen.«
    »Ich verstehe«, sagte Monk ruhig. »Vielen Dank, Martha, Sie haben mir sehr geholfen. Ich will versuchen, im Gegenzug etwas für Sie zu tun. Geben Sie die Hoffnung nicht auf.«
    Ein Rest ihrer früheren Würde kehrte zurück, doch ihr Lächeln war ohne Kraft.
    »Es gibt nichts zu hoffen, Sir. Niemand würde eine wie mich heiraten. Ich treffe nur Leute, die selbst keinen Farthing in der Tasche haben, sonst wären sie ja nicht hier. Und wer ein Dienstmädchen sucht, geht nicht ins Armenhaus - aber Emmie würd ich sowieso nicht im Stich lassen. Und selbst wenn es sie nicht geben würde, würde keiner ein Dienstmädchen nehmen, das keine Referenzen vorweisen kann, und mein Aussehen ist auch dahin.«
    »Das kommt wieder. Tun Sie mir bitte einen Gefallen - lassen Sie den Kopf nicht hängen.«
    »Sie sind sehr nett, Sir, aber Sie wissen nicht, wovon Sie sprechen.«
    »Und ob ich das weiß!«
    Sie lächelte nachsichtig über soviel Naivität und ging, um sich wieder ans Scheuern und Flicken zu machen.
    Monk bedankte sich beim Armenhausleiter und brach ebenfalls auf, allerdings nicht in Richtung Polizeirevier, wo er Runcorn hätte mitteilen können, daß es einen besseren Hauptverdächtigen gab als Percival. Das hatte Zeit. Zuerst wollte er Callandra Daviot einen Besuch abstatten.

8
    Monks Hochgefühl war nicht von langer Dauer. Als er am folgenden Tag in die Queen Anne Street kam, wurde er von einer hochgradig erregten und beunruhigten Mrs. Boden empfangen. Ihr Gesicht war auffallend rot, einzelne Haarsträhnen standen in grotesken Winkeln unter ihrer weißen Haube hervor.
    »Guten Morgen, Mr. Monk. Bin ich froh, Sie zu sehen!«
    »Was ist los, Mrs. Boden? Ist etwas passiert?«
    »Ich vermisse eins meiner großen Tranchiermesser, Mr. Monk.« Sie wischte sich nervös die Hände an der Schürze ab.
    »Ich hätt schwören können, daß es letztens noch da war, als wir den Rostbraten hatten, aber Sal meint, es war das andere gewesen, das alte, und jetzt glaub ich fast, sie hat recht.« Sie schob die widerspenstigen Haarsträhnen unter die Haube zurück und fuhr sich aufgeregt übers Gesicht. »Niemand erinnert sich mehr dran, und May wird allein bei dem Gedanken schon ganz schlecht. Ich muß zugeben, daß sich mir auch der Magen umdreht, wenn ich mir vorstell, daß die arme Miss Octavia vielleicht damit erstochen worden ist.«
    Monks Aufmerksamkeit war alarmiert. »Wann ist es Ihnen zum erstenmal aufgefallen, Mrs. Böden?« sagte er vorsichtig.
    »Gestern abend.« Ein leichtes Schniefen. »Miss Araminta fragte nach ein paar dünn geschnittenen Scheiben Rindfleisch für Sir Basil. Er war spät nach Hause gekommen und wollte noch eine Kleinigkeit essen.« Ihre Stimme wurde lauter; sie hatte mittlerweile einen leicht hysterischen Unterton. »Ich ging los, um mein bestes Messer zu holen - und da war's plötzlich weg! Ich hab überall danach gesucht, weil ich dachte, ich hätt's verlegt, aber es ist nicht mehr da! Nirgends zu finden!«
    »Und Sie haben es seit Mrs. Hasletts Tod nicht mehr gesehen?«
    »Wenn ich das bloß wüßte, Mr. Monk!« Ihre Hände fuhren in die Luft. »Ich dachte, ja, aber Sal und May meinen, sie nicht, und als ich das letzte Mal Fleisch geschnitten hab, war's mit dem alten Messer. Ich war so aufgeregt, daß ich gar nicht mehr genau weiß, was ich getan hab - Gott sei meiner Seele gnädig!«
    »Dann sollten wir nachsehen, ob wir es finden können«, sagte Monk. »Ich werde Mr. Evan beauftragen, eine Hausdurchsuchung in die Wege zu leiten. Wer weiß sonst noch davon?«
    Ihre Miene war absolut leer. Sie verstand nicht, worauf er hinauswollte.
    »Wer sonst, Mrs. Boden?«
    »Keine Ahnung, Mr. Monk. Ich weiß nicht mehr, wen ich alles gefragt hab. Wahrscheinlich jeden, der mir übern Weg gelaufen ist.«
    »Was meinen Sie mit ›jeden‹? Wen noch außer der Küchenmannschaft?«
    »O Gott, ich glaub, ich kann nicht mehr klar denken!« Sie geriet langsam in Panik, denn sie merkte, wie wichtig die Antwort für ihn war, begriff jedoch nicht warum. »Dinah! Ich hab Dinah gefragt, weil manchmal was zufällig in der Vorratskammer landet. Und Harold gegenüber hab ich's, glaub ich, auch erwähnt. Warum? Die wissen nicht, wo's ist, sonst hätten sie's gesagt.«
    »Irgend jemand

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