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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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flotten Schritten zum Kaminsims und drehte sich um. »Sie haben völlig recht! Auf die Idee ist Runcorn nicht gekommen. Wenn man ihn darauf aufmerksam macht, muß er den Fall noch einmal neu überdenken.«
    »Das bezweifle ich«, sagte Rathbone ernst. »Es läßt sich vom logischen Standpunkt aus betrachtet zwar nicht bestreiten, aber ich wäre angenehm überrascht, wenn Polizeiarbeit plötzlich von Logik geleitet würde - nachdem der bedauernswerte Percival, wie Sie sagen, einmal verhaftet und offiziell angeklagt worden ist. Ist Ihr Freund Monk eigentlich in die Geschichte verwickelt?«
    »Er war es. Er hat lieber den Dienst quittiert, als Percival ohne stichhaltige Beweise festzunehmen.«
    »Wie edel«, bemerkte Rathbone säuerlich, »wenn auch ziemlich unvernünftig.«
    »Ich glaube, er hat die Nerven verloren«, erwiderte Hester und kam sich augenblicklich wie ein Verräter vor. »Was ich ihm als allerletzte vorwerfen kann. Ich wurde im Krankenhaus fristlos entlassen, weil ich eine Angelegenheit unbefugt in die Hand genommen hatte.«
    »Ach wirklich?« Seine Brauen schossen hoch. »Bitte erzählen Sie mir, was geschehen ist.« Er schaute sie lebhaft interessiert an.
    »Ihre Zeit ist zu teuer für mich, Mr. Rathbone.« Sie lächelte, um ihre Worte abzuschwächen, und weil das, was folgen würde, noch tolldreister war. »Wenn Sie darüber informiert sein möchten, überlasse ich Ihnen gern eine halbe Stunde meiner Zeit und erstatte Ihnen ausführlichen Bericht.«
    »Es wäre mir ein Vergnügen«, stimmte er bereitwillig zu.
    »Muß es hier sein, oder darf ich Sie zum Dinner einladen? Wieviel ist Ihre Zeit wert?« Er musterte sie mit gespielt gequälter Miene. »Womöglich kann ich es mir gar nicht leisten. Oder sollten wir ein Abkommen treffen? Eine halbe Stunde Ihrer Zeit gegen eine zusätzliche halbe von mir? Auf diese Weise können Sie mir das Märchen von Percival und den Moidores zu Ende erzählen, ich kann Sie nach Kräften beraten, und zum Schluß erzählen Sie mir noch das Märchen vom Krankenhaus.«
    Das war ein reizvolles Angebot, nicht nur hinsichtlich Percivals Wohlergehen, sondern auch weil sie Rathbones Gesellschaft stimulierend und angenehm fand.
    »Sofern sich das Ganze im Rahmen dessen bewegt, was Lady Moidore mir als Freizeit zugesteht, habe ich nichts dagegen«, gab sie zurück und fühlte sich auf einmal unerklärlich befangen.
    Er stand mit einer fließenden, geschmeidigen Bewegung auf.
    »Ausgezeichnet. Wir werden unseren Sitzungsort in das Kutscherlokal um die Ecke verlegen, wo es rund um die Uhr etwas zu essen gibt. Es ist zwar kein so ehrbarer Platz wie das Heim eines gemeinsamen Freundes, da wir aber keinen solchen haben und uns die Zeit fehlt, auf die Schnelle einen zu finden, muß es reichen. Ich denke nicht, daß Ihr guter Ruf einen irreparablen Schaden davontragen wird.«
    »Oh, dafür habe ich bereits selbst gesorgt - jedenfalls auf einem Gebiet, wo es mir etwas ausmacht«, gab Hester mit einem Anflug von Selbstironie zurück. »Dr. Pomeroy wird mit Sicherheit dafür sorgen, daß ich in ganz London keine Anstellung in einem Krankenhaus mehr finde. Er war furchtbar verärgert.«
    »Ist Ihre Behandlung angeschlagen?«
    »Ja, es sah ganz danach aus.«
    »Dann haben Sie absolut recht - wie könnte er so etwas verzeihen! « Rathbone schloß die Tür zu seinen Büroräumen ab und trat in den eiskalten Nachmittag hinaus, Hester dicht hinter sich. Er führte sie durch die Straße - selbst immer am Gehsteigrand -, um die Ecke, vorsichtig am Verkehr und einem kleinen Straßenfeger vorbei und auf der anderen Seite schließlich durch einen breiten Eingang in ein elegantes Kutschergasthaus. Es stammte noch aus der Zeit vor der Erfindung der Dampflokomotive, als Kutschen die einzige Möglichkeit waren, von einer Stadt zur anderen zu gelangen.
    Die Gaststube war wunderschön eingerichtet, und Hester hätte sich die Gemälde, gerahmten Aushänge, Kupfer und Zinnteller gern genauer angesehen, hätte sie mehr Zeit gehabt. Auch die Gäste, wohlhabende Geschäftsleute mit rosigen Gesichtern, gut gegen die Kälte draußen eingepackt und bester Laune, weckten ihr Interesse.
    Doch Rathbone wurde vom Wirt mit Beschlag belegt, kaum daß sie einen Fuß durch die Tür gesetzt hatten, sofort zu einem guten Tisch in einer gemütlichen Ecke geführt und auf die besten Tagesgerichte hingewiesen.
    Rathbone erkundigte sich nach Hester's Wünschen, gab die Bestellung auf, und der Wirt garantierte ihm, sich persönlich

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