Gefährliche Trauer
hinzu:
»Von der Polizei.« Er bedachte Monk kurz mit einem überaus schlauen Blick. Sollte der Inspektor die Konfrontation doch seinen Wünschen entsprechend gestalten.
Basil machte ihm sofort einen Strich durch die Rechnung.
»Wer immer Octavia getötet hat, wohnt in diesem Haus - also muß es einer der Dienstboten sein«, erklärte er vorsichtig, den Blick unverwandt auf ihr Gesicht geheftet. »Der einzig logische Grund dafür kann nur ein dermaßen peinliches Geheimnis sein, daß der Betreffende lieber einen Mord beging, als es an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Entweder wußte Octavia über dieses Geheimnis Bescheid, oder aber man glaubte, es wäre so.«
Romola setzte sich abrupt hin. Sie erbleichte und hielt sich eine Hand vor den Mund, ließ Basil jedoch nicht aus den Augen. Ihrem Mann gönnte sie keinen Blick.
Cyprian funkelte seinen Vater wütend an, der seinerseits ungerührt zurückstarrte. In seinem Blick lag etwas, das Monk fast wie Abneigung erschien. Er wünschte, er könnte sich an seinen eigenen Vater erinnern, doch so sehr er sich auch anstrengte, alles, was an die Oberfläche kam, war ein nebelhafter Eindruck von Größe, dem Geruch nach Tabak und Salz, dem Kitzeln von Barthaaren und einer überraschend glatten Haut. Keine Stimme, keine Worte, kein Gesicht.
Romola hatte inzwischen die Sprache wiedergefunden.
»Hier in diesem Haus?« fragte sie mit vor Angst rauher Stimme. Obwohl ihre Worte offenbar Cyprian galten, sah sie Monk an. »Von einem der Dienstboten?«
»Es scheint keine andere Erklärung zu geben«, erwiderte ihr Mann. »Hat Tavie dir gegenüber etwas erwähnt? Denk gut nach - über irgendeinen vom Personal?«
»Nein«, sagte sie fast im selben Moment. »Das ist ja furchtbar. Schon der Gedanke macht mich ganz krank.«
Ein Schatten glitt über Cyprians Gesicht. Einen Moment lang sah es so aus, als ob er etwas sagen wollte, aber der Blick seines Vaters hielt ihn zurück.
»Hat Octavia im Lauf des Tages einmal allein mit dir gesprochen?« fragte Basil in unverändertem Tonfall.
»Nein.« Auch das kam sehr schnell. »Ich habe mir den ganzen Vormittag Gouvernanten angesehen. Keine erschien mir geeignet ich weiß gar nicht, was ich jetzt machen soll.«
»Dir noch mehr ansehen!« fauchte Basil sie an. »Bei entsprechender Bezahlung wirst du schon jemand Geeigneten finden.«
Sie schoß einen unterschwellig haßerfüllten Blick auf ihn ab, der für das Auge eines Außenstehenden wie schlichte Besorgnis aussehen konnte.
»Ich war den ganzen Tag zu Hause«, sagte sie zu Monk, die Hände nach wie vor zu Fäusten geballt. »Am Nachmittag empfing ich ein paar Freundinnen, aber da ging Tavie weg. Ich weiß nicht wohin, sie hat nichts gesagt, als sie zurückkam. Sie ist sogar in der Halle an mir vorbeigelaufen, als ob sie mich gar nicht gesehen hätte.«
»War sie bedrückt?« warf Cyprian hastig ein. »Kam sie dir verängstigt oder aufgeregt vor?«
Basil behielt die beiden schweigend im Auge.
»Ja«, bestätigte Romola nach kurzer Überlegung. »Ja, das war sie. Ich nahm an, sie hätte keinen besonders angenehmen Nachmittag gehabt, eine Auseinandersetzung mit Freunden vielleicht, aber womöglich steckte viel mehr dahinter, nicht?«
»Was hat sie gesagt?« Cyprian ließ nicht locker.
»Nichts. Ich habe doch schon erzählt, daß sie mich kaum wahrgenommen hat, als sie an mir vorbeiging. Wenn du dich erinnerst, war sie auch beim Dinner ziemlich still, woraus wir geschlossen haben, daß sie sich körperlich nicht wohl fühlte.«
Jetzt waren alle Augenpaare auf Monk gerichtet. Man wartete offensichtlich darauf, daß er irgendwelche Schlüsse zog.
»Kann sie sich ihrer Schwester anvertraut haben?« stellte er zur Diskussion.
»Unwahrscheinlich«, sagte Basil knapp. »Aber Minta hat eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe.« Er wandte sich zu Romola.
»Danke, meine Liebe. Du kannst jetzt gehen und dich wieder deinen Pflichten widmen. Denk an meinen Rat - und bist du vielleicht so gut, Araminta zu uns zu schicken?«
»Selbstverständlich, Schwiegerpapa«, meinte sie gehorsam und verließ den Raum, ohne Monk oder Cyprian noch einmal anzusehen.
Araminta Kellard gehörte nicht zu den Frauen, die Monk leicht vergessen hätte - wie etwa ihre Schwägerin. Alles an ihr war einzigartig, von der leuchtend rotgoldenen Haarflut und den asymmetrischen Gesichtszügen bis zu der schlanken, etwas steifen Gestalt. Sie sah zuerst ihren Vater an, ignorierte Cyprian völlig, bedachte Monk mit einem
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