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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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seine Belustigung ihr, sich selbst oder Monk galt - geschweige denn, ob sie böse gemeint war oder nicht. »Nein …«, stammelte sie verlegen, »… nein. Meiner Meinung nach ist Charme etwas hochgradig Unzuverlässiges und Unehrliches, eine Äußerlichkeit, die zwar glitzert und strahlt, aber kein bißchen Wärme hat. Tut mir leid, ich fahre mit Lady Callandra zurück - trotzdem vielen Dank für das freundliche Angebot. Guten Tag, Mr. Rathbone.«
    »Guten Tag, Miss Latterly.« Er verbeugte sich lächelnd.

3
    Sir Basil Moidore starrte Monk entgeistert an. Er war blaß, hatte sich ansonsten aber vollkommen in der Hand.
    »Wie war das?« fragte er kalt.
    »Niemand ist in der Nacht von Montag auf Dienstag in Ihr Haus eingebrochen«, wiederholte Monk. »Die Straße wurde die ganze Zeit über von beiden Enden gut beobachtet.«
    »Von wem?« Moidores dunkle Brauen schossen nach oben, was seinen Augen einen noch stechenderen Ausdruck verlieh.
    Monk spürte bereits, wie Unmut in ihm hochstieg. Daß seinen Worten kein Glaube geschenkt wurde, ärgerte ihn mehr als alles andere. Es ließ darauf schließen, daß man ihn für unfähig hielt. Er beherrschte sich mühsam.
    »Von dem patrouillierenden Polizisten, Sir Basil, einem Anwohner, der von seiner kranken Frau die halbe Nacht in Trab gehalten wurde, und dem von ihm herbeigerufenen Arzt.« Chinesen-Paddy erwähnte er wohlweislich nicht; seine Aussage würde Moidore schwerlich akzeptieren. »Außerdem von einer ganzen Horde livrierter Lakaien und Kutscher, die vor dem Eckhaus zur Chandon Street warteten, wo eine Party gefeiert wurde.«
    »Dann muß der Kerl wohl über die Stallungen gekommen sein«, erwiderte Basil gereizt.
    »Ihre Stallburschen und Kutscher schlafen über den Ställen, Sir«, gab Monk zu bedenken. »Es hätte kaum jemand dort hinaufklettern können, ohne nicht wenigstens die Pferde scheu zu machen. Anschließend hätte er auch noch das ganze Dach überqueren und sich auf der anderen Seite herunterlassen müssen. Das ist so gut wie unmöglich, es sei denn, es handelte sich um einen Bergsteiger mit Kletterausrüstung und…«
    »Kein Grund, sarkastisch zu werden«, fuhr Basil ihn an. »Ich habe durchaus verstanden, worauf Sie hinauswollen. Dann ist er eben zwischen den einzelnen Rundgängen des Polizisten zur Vordertür hereingeschlüpft. Das ist die einzig mögliche Erklärung. Jedenfalls hat er sich bestimmt nicht den ganzen Abend im Haus versteckt gehalten! Und verlassen hat er es auch nicht, nachdem die Bediensteten wieder aufgestanden waren.«
    Nun sah Monk sich doch gezwungen, Chinesen-Paddy zur Sprache zu bringen.
    »Es tut mir leid, aber das kann nicht sein. Wir sind auf einen Einbrecher gestoßen, der die ganze Nacht in der Harley Street nach einer günstigen Gelegenheit für ein kleines Schnäppchen auf der Lauer lag. Er bekam sie nicht, weil überall Leute herumliefen, die ihn dabei beobachtet hätten. Aber er hielt von elf Uhr abends bis vier Uhr früh die Augen auf - genau in der für uns relevanten Zeit.«
    Sir Basil wirbelte von dem Tisch herum, auf den er sich bislang konzentriert hatte. Seine Augen waren schwarz, die Mundwinkel wütend nach unten gezogen. »Warum, in Gottes Namen, haben Sie ihn dann nicht eingesperrt? Er muß der Täter sein! Wie er selbst zugibt, ist er ein Einbrecher. Was wollen Sie noch?« Er funkelte Monk aufgebracht an. »Er brach bei uns ein, die arme Octavia erwischte ihn - und er tötete sie. Was ist los mit Ihnen? Warum stehen Sie hier noch herum wie ein Idiot?«
    Monks Körper verkrampfte sich vor Wut. Besonders schlimm war das Bewußtsein seiner Machtlosigkeit. Er wollte in seinem Job nicht versagen, und wenn er so ausfallend werden würde, wie ihm zumute war, war er ihn ohne Zweifel los. Runcorn wäre natürlich begeistert! Es bedeutete nicht nur eine berufliche, sondern auch eine gesellschaftliche Schmach.
    »Weil seine Geschichte stimmt«, gab er möglichst gelassen zurück. »Sie ist von Mr. Bentley, seinem Hausarzt und einer Magd bestätigt worden, die sich nicht im geringsten für die Angelegenheit interessiert und keine Ahnung hat, was ihre Aussage bedeutet.« Er wagte nicht, Sir Basil in die Augen zu schauen, damit dieser die unterdrückte Wut in seinem Blick nicht sah, und haßte sich zugleich für diese scheinbare Unterwürfigkeit. »Der Einbrecher kam nicht durch die Queen Anne Street«, fuhr er fort. »Er raubte auch niemanden aus, er erhielt keine Gelegenheit dazu; er kann es beweisen. Ich wünschte,

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