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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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gewöhnliches Pack herumzankten. »Aller Wahrscheinlichkeit nach hat sich das arme Mädchen mit niemandem über ihre verheerende Entdeckung ausgesprochen, was immer das auch gewesen sein mag. Wir werden es wohl nie erfahren.«
    »Und der Täter soll - wer immer er sein mag - ungestraft davonkommen?« fragte Cyprian provozierend. »Das ist ja ungeheuerlich!«
    »Wie kannst du so etwas sagen!« Basil war außer sich. Seine Augen glühten, die tiefen Furchen in seinem Gesicht verwandelten sich in Abgründe. »Glaubst du vielleicht, ich will den Rest meines Lebens unter einem Dach mit dem Mörder meiner Tochter verbringen? Was ist los mit dir? Großer Gott, du müßtest mich eigentlich besser kennen!«
    Cyprian sah aus, als hätte man ihn geschlagen, und Monk wurde von heftiger, unerwarteter Verlegenheit gepackt. Diese Szene war nicht für seine Ohren bestimmt, das waren keine Emotionen, die mit Octavia Hasletts Tod zusammenhingen. Hier spielte sich etwas ab zwischen Vater und Sohn, das nicht auf die aktuellen Ereignisse, sondern auf jahrelange Unstimmigkeiten und Mißerfolge zurückzuführen war.
    »Falls Monk«, Basil machte eine ruckartige Kopfbewegung in dessen Richtung, »nicht in der Lage sein sollte, den Täter zu finden, egal, wer er ist, werde ich den Polizeichef auffordern, jemand anders zu schicken.« Er lief nervös von der verzierten Kamineinfassung in die Mitte des Raumes. »Wo, zum Teufel, bleibt Myles? Wenigstens heute morgen könnte er sich doch einmal abkömmlich machen, wenn ich ihn rufen lasse!«
    In dem Moment wurde die Tür ohne Vorankündigung aufgerissen. Myles Kellard kam hereinspaziert, als hätte er Basils Worte gehört. Er war groß und schlank, in jeder anderen Hinsicht jedoch das absolute Gegenteil der Moidores. Das dunkelbraune, mit hellen Strähnen durchzogene Haar war in einer schwungvollen Tolle aus der Stirn gekämmt, das Gesicht lang und schmal. Er hatte das, was man landläufig eine aristokratische Nase nennt, über einem sinnlichen, launischen Mund. Es war paradoxerweise das Gesicht eines Träumers und Wüstlings zugleich.
    Monk wartete aus Gründen der Höflichkeit erst einmal ab, und so kam es, daß Basil Myles die Fragen stellte, die er eigentlich hatte stellen wollen - allerdings ohne Erklärung über ihren Sinn und Zweck. Seine Vermutung war richtig gewesen: Myles konnte ihnen nicht das geringste sagen. Er war spät aufgestanden und irgendwann am Vormittag zum Lunch aus dem Haus gegangen; wohin, erwähnte er nicht. Den Nachmittag hatte er wie üblich in seiner Funktion als Direktor in der Handelsbank verbracht. Zum Dinner war er wieder zurück gewesen, hatte Octavia außer bei Tisch jedoch nicht gesehen. Und aufgefallen war ihm auch nichts.
    Nachdem er gegangen war, erkundigte sich Monk, ob es, von Lady Moidore abgesehen, noch jemanden gäbe, mit dem er sprechen könnte.
    »Tante Fenella und Onkel Septimus.« Diesmal kam Cyprian seinem Vater zuvor. »Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie die Fragen an Mama so kurz wie möglich halten würden. Eigentlich wäre es sogar besser, wir fragen sie und geben ihre Antworten an Sie weiter, sofern sie von Bedeutung sind.«
    Basil warf seinem Sohn einen kalten Blick zu. Ob das nun auf dessen Vorschlag zurückzuführen war oder daran lag, daß er ihm das Privileg, als erster das Wort zu ergreifen, abspenstig gemacht hatte, war schwer zu sagen; Monk hielt letzteres für wahrscheinlicher. Wie die Dinge lagen, fiel ihm dieses kleine Zugeständnis nicht schwer. Es war auch später noch Zeit genug, sich mit Lady Moidore zu unterhalten - wenn er mit mehr aufwarten konnte als relativ unspezifischen Fragen.
    »Selbstverständlich«, sagte er laut. »Aber Ihren Onkel und Ihre Tante vielleicht? Manchmal ist die Tante diejenige, der man am meisten vertraut.«
    Basil ließ mit einem scharfen, abfälligen Zischen den Atem entweichen und drehte sich dem Fenster zu.
    »Nicht Tante Fenella.« Cyprian saß halb auf der Rückenlehne eines der mit Lederpolstern ausgestatteten Stühle. »Aber sie verfügt über eine gute Beobachtungsgabe - und jede Menge Neugier. Sie könnte durchaus etwas bemerkt haben, das dem Rest von uns entgangen ist. Wenn sie es nicht vergessen hat.«
    »Hat sie ein schlechtes Gedächtnis?« hakte Monk nach.
    »Ein sprunghaftes«, erwiderte Cyprian mit hintergründigem Lächeln. Er griff nach dem Klingelzug, doch als der Butler erschien, war es Basil, der ihn anwies, erst Mrs. Sandeman, dann Mr. Thirsk hereinzubitten.
    Auch Fenella

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