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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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die Dinge lägen so einfach. Wir wären ungeheuer froh, wenn der Fall dermaßen glatt zu lösen wäre - Sir.«
    Basil stützte sich auf den Tisch.
    »Nun, wenn niemand hier eingebrochen ist und sich niemand im Haus versteckt gehalten hat, schaffen Sie doch eine vollkommen unrealistische Situation - es sei denn, Sie wollen andeuten…« Er hielt abrupt inne. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht, und der gereizte, ungeduldige Ausdruck machte einem sehr realen Entsetzen Platz. Stocksteif stand er da. »Tun Sie das?« fragte er kaum hörbar.
    »Ja, Sir Basil.«
    »Das ist…« Er verstummte zum zweitenmal. Mehrere Sekunden verharrte er in völligem Schweigen, offenbar mit seinen sich überschlagenden Gedanken beschäftigt, die er immer wieder durchspielte und augenblicklich verwarf. Schließlich schien er zu einem Schluß gekommen zu sein, dem er sich nicht mehr verschließen konnte. »Ich verstehe. Ich kann mir zwar absolut keinen vernünftigen Grund vorstellen, aber wir müssen dem Unausweichlichen wohl ins Gesicht sehen. Trotzdem erscheint mir das Ganze so absurd, daß ich glaube, Ihre Überlegungen haben irgendwo einen Haken, oder aber Ihr Beweismaterial ist falsch. Bis es soweit ist, müssen wir Ihrer Theorie wohl oder übel nachgehen.« Er runzelte leicht die Stirn.
    »Wie stellen Sie sich den weiteren Verlauf der Dinge vor? Ich versichere Ihnen, daß wir in diesem Haus keine gewalttätigen Auseinandersetzungen pflegen, und daß sich niemand anders als sonst verhalten hat.« Er betrachtete Monk mit einem Blick, der irgendwo zwischen Widerwillen und bitterem Humor lag.
    »Außerdem haben wir keine persönlichen Beziehungen zu unseren Bediensteten, schon gar nicht von der Art, die derlei Eskalationen Vorschub leisten würden.« Er schob die Hände in die Taschen. »Ja, es ist absurd - aber ich möchte Ihnen keine Steine in den Weg legen.«
    »Auch ich halte eine Auseinandersetzung für unwahrscheinlich.« Monk überlegte seine Worte gut. Zum einen wollte er selbst nicht das Gesicht verlieren, zum andern sollte Basil merken, daß seine Argumentation durchaus stichhaltig war. »Besonders mitten in der Nacht, wenn alles im Bett liegt. Aber es ist sehr gut möglich, daß Mrs. Haslett in ein Geheimnis eingeweiht war - durch Zufall möglicherweise -, dessen Bekanntwerden jemand um jeden Preis verhindern wollte.« Das war nicht nur möglich, es befreite sie obendrein von jeglicher Schuld. Monk sah, wie sich der besorgte Ausdruck auf Basils Gesicht ein wenig auflöste und ein schwacher Hoffnungsschimmer in seine Augen trat. Seine Schultern entspannten sich, er atmete langsam aus und ließ die Arme fallen.
    »Arme Octavia.« Sein Blick galt einer idyllischen Landschaftsmalerei an der Wand. »Ja, das klingt annehmbar. Bitte entschuldigen Sie, ich war zu voreilig. Sie sollten jetzt besser mit Ihren Nachforschungen fortfahren. Was möchten Sie, daß ich tue?«
    Monk bewunderte ihn für die Fähigkeit, sowohl seine Voreiligkeit als auch sein unhöfliches Verhalten eingestehen zu können. Es war mehr, als er erwartet hatte, und darüber hinaus etwas, das ihm selbst ziemlich schwerfiel. Dieser Mann besaß erstaunlich viel Format.
    »Zuerst würde ich gern mit den Familienmitgliedern sprechen, Sir. Sie könnten etwas bemerkt haben, vielleicht hat sich Mrs. Haslett sogar einem von ihnen anvertraut.«
    »Die Familienmitglieder?« Basils Mund verzog sich leicht; ob aus Angst oder einem Anflug von Belustigung konnte Monk nicht erraten. »Wie Sie meinen.« Seine Hand griff nach dem Klingelzug. Als der Butler erschien, beauftragte er ihn, Cyprian Moidore zu holen.
    Monk wartete schweigend auf seine Ankunft.
    Cyprian schloß die Tür hinter sich und schaute seinen Vater an. Wenn man die beiden so nebeneinander sah, war die Ähnlichkeit schier überwältigend: die gleiche Kopfform, die gleichen dunklen, fast schwarzen Augen, der gleiche breite, extrem bewegliche Mund. Trotzdem unterschieden sie sich völlig, was Mimik und Auftreten anbelangte. Basil brauste leichter auf und war sich seiner Macht stärker bewußt, sein Humor war versteckter. Cyprian machte einen weniger sicheren Eindruck, als hätte er seine Kraft bisher noch nicht auf die Probe gestellt und fürchtete, sie könnte sich als unzureichend erweisen. Handelte es sich bei diesem weicheren Zug um Mitgefühl oder um Vorsicht, weil er sich seiner Verwundbarkeit bewußt war?
    »Die Polizei hat herausgefunden, daß niemand eingebrochen ist, um Octavia zu töten«, erklärte Basil knapp,

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