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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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plötzlich mehr als eine bloße Vermutung, was die Beschaffenheit von Cyprians Klub betraf. »Das gleiche gilt für Ihre Spielleidenschaft, Sir.«
    Cyprian wirbelte mit glühenden Augen zu ihm herum. Dann nahm er Monks Gesichtsausdruck wahr, entspannte sich, lächelte schwach und marschierte wieder los.
    »War Mrs. Haslett darüber im Bilde? Kann sie das gemeint haben, als sie sagte, Mr. Thirsk würde schon noch begreifen?«
    »Ich weiß es nicht.« Cyprian bot ein einziges Bild des Jammers.
    »Hatten die beiden vielleicht sonst irgendwelche Gemeinsamkeiten? Irgendwelche Interessen oder Erlebnisse, aufgrund derer Mr. Thirsks Verständnis größer sein würde als das aller anderen? Ist er verwitwet?«
    »Nein. Er hat nie geheiratet.«
    »Aber er hat nicht immer in der Queen Anne Street gelebt. Wo wohnte er früher?«
    Cyprian ging schweigend neben ihm her. Sie überquerten Hyde Park Corner, was einige Zeit in Anspruch nahm. Monk sah zu seiner Freude, daß Cyprian einem Straßenkehrer eine Münze zuwarf, und steuerte eine weitere bei.
    Drüben angekommen, ließen sie die Rotten Row rechts hinter sich und schlenderten über das Gras auf die Serpentine zu. Ein Trupp vornehmer Herren in tadellosen Reitkleidern kam die Row entlanggeritten; die Hufe der Tiere plumpsten dumpf auf den feuchten Boden. Zwei der Reiter lachten laut auf, fielen mit klingelndem Geschirr in leichten Trab und sorgten auf diese Weise dafür, daß drei Damen, die vor ihnen spazierten, sich nach ihnen umdrehten.
    Cyprian entschloß sich zu reden.
    »Onkel Septimus war bei der Armee. Er wurde unehrenhaft entlassen - deshalb hat er kein Geld. Er war der jüngere Sohn, folglich stand ihm kein Erbe zu. Er konnte nirgendwohin.«
    »Wie traurig.« Monk meinte es ernst. Er konnte recht gut nachempfinden, was es bedeuten mußte, von dem finanzstarken, einflußreichen und angesehenen Status eines Offiziers in Schande, Armut und Verachtung gestoßen zu werden, was eine unehrenhafte Entlassung aus der Armee zwangsläufig mit sich brachte. Man besaß nichts mehr - und hörte für seine Freunde plötzlich auf zu existieren.
    »Es war nicht wegen Unehrlichkeit oder Feigheit«, fuhr Cyprian in eindringlichem Tonfall fort. Nun, da er einmal angefangen hatte, lag ihm offenbar viel daran, daß Monk die ganze Wahrheit erfuhr. »Onkel Septimus verliebte sich, und seine Gefühle wurden heftig erwidert. Er sagt, er unternahm nichts in der Richtung, hatte keine Affäre oder so, aber das machte das Ganze kaum erträglicher…«
    Monk war verblüfft. Das ergab keinen Sinn. Offiziere durften heiraten, viele von ihnen taten es auch.
    Cyprian schaute ihn bekümmert und bitter amüsiert an.
    »Wie ich sehe, verstehen Sie nicht. Das wird sich gleich ändern. Sie war die Frau des Colonels.«
    »Oh…« Dem war nichts hinzuzufügen. Eine solche Kränkung war nicht wiedergutzumachen. Es war ein Anschlag auf die Ehre und, weitaus schlimmer noch, auf die persönliche Eitelkeit. Die einzig mögliche Vergeltungsmaßnahme eines dermaßen gedemütigten Colonels konnte darin bestehen, von seinem Amt Gebrauch zu machen. »Ja, ich verstehe.«
    »Hm. Armer Septimus. Er hat sich nie wieder verliebt. Damals war er Mitte Vierzig, ein Major mit ausgezeichneter Laufbahn.«
    Cyprian brach ab, weil ihnen ein Mann und eine Frau entgegenkamen, die ihn, dem höflichen Kopfnicken nach zu schließen, kannten. Er tippte an seinen Hut und sprach erst weiter, als sie außer Hörweite waren. »Er hätte selbst Colonel sein können, wenn seine Familie die nötigen Mittel dazu gehabt hätte - aber Offizierspatente sind heutzutage nicht gerade billig. Und je höher man kommt…« Er zuckte mit den Schultern. »Wie auch immer, damit war alles aus. Septimus war plötzlich ein Mann, der die besten Jahre hinter sich hatte, verachtet und ohne einen Pfennig. Er wandte sich natürlich an Mama - und so kam es, daß er bei uns lebt. Wer kann ihm schon verübeln, daß er hin und wieder spielt? Sein Leben ist trist genug!«
    »Aber Ihrem Vater würde es nicht gefallen?«
    »Nein, ganz und gar nicht.« Cyprians Gesicht nahm unvermittelt einen ärgerlichen Ausdruck an. »Besonders, da Onkel Septimus üblicherweise gewinnt.«
    Monk riskiert einen Vorstoß ins Blaue. »Wohingegen Sie üblicherweise verlieren?«
    »Nicht immer und nie mehr, als ich mir leisten kann. Manchmal gewinne ich auch.«
    »Wußte Mrs. Haslett Bescheid?«
    »Ich habe nie mit ihr darüber gesprochen, aber was Onkel Septimus betrifft, hat sie es vermutlich

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