Gefährliche Trauer
Ihnen alle sehr verbunden. Sollte das alles gewesen sein, sage ich Ihnen erst einmal guten Tag!«
Monk grinste. Er hatte ihn in Alarmbereitschaft versetzt, was seine Absicht gewesen war. Basil würde sich nach Hause begeben und eine Menge zweckdienliche, unbequeme Fragen stellen.
»Guten Tag, Sir Basil.« Er tippte leicht an seinen Hut, machte auf dem Absatz kehrt und entfernte sich in Richtung Parade der berittenen Ehrengarde. Basil stand mitten im Gras, mit einer Miene, die bodenlose Wut und wachsende Entschlossenheit zur Schau stellte.
Monk versuchte Myles Kellard in der Handelsbank aufzustöbern, doch Mr. Kellard hatte sich für diesen Tag bereits verabschiedet. Da er kein Verlangen verspürte, einem Bewohner des Hauses in der Queen Anne Street seine Aufwartung zu machen, nur um höchstwahrscheinlich von Sir Basil oder Cyprian gestört zu werden, ließ er es vorerst auf sich beruhen.
Statt dessen holte er einige Erkundigungen bei dem Türsteher von Cyprians Klub ein, die jedoch außer der Auskunft, daß er regelmäßig dort verkehrte und Männer von Stand selbstverständlich hin und wieder ein paar Pfund beim Kartenspiel oder beim Pferderennen riskierten, nichts Nennenswertes zutage förderten. Nein, wieviel wisse er beim besten Willen nicht; das ginge ihn auch nichts an. Natürlich beglichen Männer von Stand ihre Ehrenschuld, andernfalls würden sie auf der Stelle ausgestoßen - und zwar nicht nur hier, sondern auch in jedem anderen Klub der Stadt. Nein, Mr. Septimus Thirsk kenne er nicht; er habe den Namen dieses Gentleman noch nie zuvor gehört.
Zurück im Revier, stieß Monk auf Evan, woraufhin sie sich gemeinsam daranmachten, die Ergebnisse ihrer Nachforschungen zusammenzutragen. Evan war müde, und obwohl er damit gerechnet hatte, nicht viel in Erfahrung zu bringen, deprimierte ihn seine Erfolglosigkeit. Eine offenbar nie versiegende Quelle der Hoffnung tief in seinem Innern zog immer nur die ergiebigsten Möglichkeiten in Betracht.
»Fehlanzeige. Nichts, was man als Romanze bezeichnen könnte«, ließ er sich niedergeschlagen vom breiten Fensterbrett in Monks Büro vernehmen. »Eine der Wäschemägde, Lizzie, hat mir verraten, daß der Stiefelbursche einmal gewisse sehnsüchtige Gefühle für Dinah, das Stubenmädchen, hegte - die groß und blond ist, eine Haut wie Milch und Honig hat und eine Taille, die man mit beiden Händen umspannen kann.« Seine Augen wurden groß und rund, als er sich ihren Anblick in Erinnerung rief. »Außerdem hätte man sie bisher noch nicht mit so viel Aufmerksamkeit überschüttet, daß sie den Kopf voller Flausen hätte. Aber das spielt wohl keine Rolle. Die Lakaien und die Stallburschen bewundern sie angeblich ebenfalls von ganzem Herzen. Mir ging's, ehrlich gestanden, auch nicht anders.« Er lächelte, was seinem letzten Satz den Ernst nahm.
»Dinah ihrerseits gibt sich bislang völlig ungerührt. Laut einhelliger Meinung steht ihr der Sinn nach Höherem.«
»Ist das alles?« fragte Monk mit gequälter Miene. »Sie haben den ganzen Tag in der Gesindestube verbracht, nur um das herauszufinden? Nichts über die Familie?«
»Noch nicht«, gab Evan kleinlaut zurück. »Aber ich versuch's weiter. Rose, die andere Wäschemagd, ist ein recht hübsches Ding. Klein, zierlich, dunkelhaarig, kornblumenblaue Augen außerdem eine ausgezeichnete Imitatorin, wie mir auffiel. Sie hat einen ziemlichen Haß auf Percival, was sich für mich so anhörte, als ob diese Abneigung ursprünglich in wärmeren Gefühlen gewurzelt hätte…«
»Evan!«
Evan riß unschuldig die Augen auf. »Das wurde mir auch von Maggie, der Magd vom oberen Stockwerk, und der Kammerzofe Mary bestätigt, die großes Interesse am Liebesleben ihrer Mitmenschen hat. Die andere Magd für oben, Annie, kann den armen Percival ebenfalls nicht ausstehen, wenn sie auch nicht verraten wollte, warum.«
»Sehr überzeugend«, sagte Monk sarkastisch. »Damit erreichen wir bei allen Geschworenen einen sofortigen Schuldspruch!«
»Nehmen Sie das nicht auf die leichte Schulter, Sir«, gab Evan erstaunlich ernst zurück, während er sich vom Fensterbrett schwang. »Solche jungen Dinger, die nichts haben, womit sich ihr Geist sonst beschäftigen könnte, sind oft unglaublich aufmerksam. Viel von ihrem Geschwätz ist ziemlich oberflächlich, aber hinter dem ganzen Gegacker und Gekicher kriegen sie eine Menge mit.«
»Schon möglich«, meinte Monk zweifelnd. »Aber um Runcorn und das Gesetz zufriedenzustellen, müßten wir
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