Gefaehrliche Verlockung (Gesamtausgabe)
klar wäre. Hey, ich arbeite in einer Kirchengemeinde!
„Du weißt, wie ich das meinte.“
„Ja, das weiß ich. Und genau deshalb bitte ich dich, deinen Zynismus bezüglich Beziehungen einfach mal abzulegen und die Gefühle zuzulassen, die du ganz eindeutig hast. Ich sehe es dir an, Emma! Dein Gesicht glüht, sogar deine Ohren werden rot, wenn du an ihn denkst! Du musst gar nicht von ihm sprechen, ich sehe sofort, wann er deine Gedanken besetzt. Du warst schon früher in ihn verschossen, und jetzt hast du die Chance, daraus wirklich etwas zu machen!“
„Ja, genau. Eine Katastrophe!“
Die Worte dringen viel lauter über meine Lippen, als ich das vorhatte, aber mein Körper gehorcht mir ja offenbar sowieso nicht mehr, darum wundert es mich nicht. Ich spüre, wie meine Unterlippe zittert vor Aufregung.
„Ich habe dir gesagt, dass du dir Hilfe suchen solltest, und das habe ich immer so gemeint. Jetzt bin ich aber langsam überzeugt davon, dass du sie noch dringender nötig hast, als ich befürchtet habe. Dr Jenkins ist eine gute Psychologin, ich kann dir einen Termin ...“
„Hör auf damit“, sage ich drohend. Ich wusste, dass das Gespräch so entarten würde, ich wusste es einfach!
„Okay, ich höre auf.“
Wir schweigen ein paar Minuten und starren nachdenklich in unsere Weingläser.
„Hast du mal nach Phil gesucht, im Internet? Vielleicht gibt es alte Zeitungsberichte oder irgendwas über ihn?“
Gut, ich bin Journalistin, aber zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich einfach zu beschäftigt war mit meiner Arbeit und mit ... Jason. Diese einfache Möglichkeit habe ich gar nicht in Betracht gezogen.
„Verdammt, nein.“
„Na dann ... worauf warten wir?“
Sylvia grinst und springt förmlich vom Stuhl auf. Oh je, ich habe ihre Detektivader geöffnet. Das ist nicht gut. Ich erinnere mich mit Schaudern an unsere früheren Kinderspiele, als sie ständig mit Mehl Fingerabdrücke von jedem nahm, der uns über den Weg lief. Wir waren verrückt danach, Detektiv zu spielen.
Die Suche nach Phil Hall fördert tatsächlich Erstaunliches zu Tage. Mit offenem Mund starre ich auf die Ergebnisse von Google. Sylvia reibt sich verwirrt über das Gesicht.
„Er hat ein Buch geschrieben?“
In der Tat hat Jasons großer Bruder vor einigen Jahren einen offenbar ziemlich erfolgreichen Roman veröffentlicht. Neugierig klicke ich den Titel bei Amazon an und öffne die Leseprobe. Das Buch heißt „In der Tiefe“ und scheint ein schwermütiger Belletristikroman zu sein.
Die Zusammenfassung verrät, dass es um eine ganz besondere, verbotene Beziehung geht, und die Rezensionen lassen darauf schließen, dass es ein Skandalbuch war. Es ist nicht unter Phils richtigem Namen erschienen, sondern unter einem Pseudonym, das allerdings auf der ersten Google-Seite seinem realen Namen zugeordnet wurde. Offenbar hat er keinen Sinn darin gesehen, den Künstlernamen geheim zu halten.
Sylvia lehnt sich über meine Schulter, und so lesen wir gemeinsam den Anfang des Romans. Schon auf der fünften Seite lese ich etwas, bei dem mir das Blut gefriert. Sylvia schüttelt ungläubig den Kopf.
„Das kann doch nicht ...“
„Glaubst du, das ist autobiographisch?“
Wir lesen weiter, ich höre sie neben mir atmen. Mein eigenes Herz schlägt so heftig, dass mir schwindelig wird. Und dann ist die Leseprobe zu Ende.
„Oh Gott.“
Nervös ziehe ich den Blackberry aus der Handtasche und öffne Jasons Kurznachrichten. Gleich zwei hat er mir geschickt, in der letzten fragt er nach, ob er mich gerade stört oder ob ich womöglich schon im Bett liege. Mit zitternden Fingern tippe ich meine Antwort.
„Du hast mir nicht erzählt, dass Phil ein Buch geschrieben hat.“
Es dauert eine Minute, bis eine Antwort kommt.
„Emma – lies es nicht. Bitte, lies es nicht. Es ist furchtbar.“
„Furchtbar?“
Sylvia zieht beide Brauen hoch, die schmale Monde über ihren Augen bilden.
„Ob das der einzige Grund ist, warum du es nicht lesen sollst?“
Mir schwirrt der Kopf. Phil ... der gute, liebenswerte Phil ... das kann ich einfach nicht glauben.
„Jason, wenn das wahr ist ...“
„Mir war klar, dass du es herausfinden würdest. Aber ich bitte dich wirklich, es nicht zu lesen.“
Während ich antworte, legt Sylvia das Buch in den Warenkorb und schließt die Bestellung ab. Expresslieferung, morgen Nachmittag.
„Na, jetzt bin ich aber mal gespannt“, sagt sie grinsend und verschränkt die Arme vor der Brust. „Sieht so
Weitere Kostenlose Bücher