Gefaehrliche Verlockung (Gesamtausgabe)
weitergeht, werde ich wirklich noch zur Alkoholikerin, aber seitdem ich Jason begegnet bin, habe ich immer häufiger das Gefühl, Alkohol zu brauchen. Schlimm! Ab morgen steige ich auf Wasser und Cola um, nehme ich mir vor.
Über den Brief haben wir kein Wort verloren, ehrlich gesagt habe ich ihn ganz vergessen. Im Gegensatz zu Sylvia hat er mir keine Angst eingejagt, aber vermutlich weckte er nur ihren Beschützerinstinkt.
Sylvia gießt die Nudeln ab und füllt zwei Teller, bevor sie sich zu mir setzt. Wir essen mit Appetit und reden nicht viel, offenbar hatte auch sie nichts zum Mittag. Ich überlege kurz, ob sie diese Woche Frühschicht oder Spätschicht hat, aber ich bin durcheinander. Mein ganzes Leben fühlt sich irgendwie durcheinander an.
Zwischendurch brummt mein Blackberry in der Handtasche und signalisiert den Eingang einer weiteren Kurznachricht. Obwohl meine Hand ständig zuckt, widerstehe ich dem Drang, sofort nachzusehen. Das wäre unhöflich Sylvia gegenüber, ihr ist ein gemeinsames Essen wichtig und ich habe ihr gegenüber sowieso ein schlechtes Gewissen.
„Ich mache mir Sorgen um dich. Du wirkst zum ersten Mal, seitdem wir uns kennen, irgendwie ... verliebt.“
Sylvia kneift mir ein Auge zu und ich verstecke mich hinter dem Weinglas, um meine Röte vor ihr zu verbergen.
„Quatsch.“
„Warum triffst du dich dann noch mit ihm? Du hast das Halsband – das war angeblich alles, was du wolltest. Dann warst du sauer auf ihn, weil er dich belogen hat, und bist trotzdem mit wehenden Fahnen zu ihm gerannt. Hast du eine andere Erklärung als Verliebtheit dafür?“
Ihre braunen Augen blitzen, und ich weiß genau, warum. Schon vor Jahren, als wir noch zur Schule gingen, hat sie mit mir gewettet, dass ich Beziehungspsychopathin vor meinem dreißigsten Geburtstag verheiratet sein werde. Nun hofft sie womöglich, dass Jason derjenige ist, der meinen Panzer knackt. Sehr witzig.
„Jason ist genauso wenig ein Typ für eine Beziehung wie ich. Er kann ja nicht mal neben einer Frau schlafen, geschweige denn Gefühle für jemand anderen als sich selbst entwickeln.“
„Gehst du nicht zu hart mit ihm ins Gericht?“
Sylvia zieht die perfekt gezupften Brauen zusammen und mustert mich, während sie sich eine Gabel voller Spaghetti in den Mund schiebt. Ihr T-Shirt hat einige rote Saucenspritzer abgekriegt.
„Er hat noch nie eine Beziehung gehabt, Sylvia!“
„Entschuldige mal ... da kenne ich zufällig noch jemanden. Ich glaube, ihr seid füreinander geschaffen. Ihr könntet ja eine Nicht-Beziehung miteinander eingehen.“
„Wir hatten Sex miteinander und sonst gar nichts“, versuche ich das Gespräch abzublocken, weil ich ahne, in welche Richtung es abdriften wird.
„Emma“, sagt Sylvia tatsächlich, in diesem Ton, der mich zusammenzucken lässt. „Nur weil deine Eltern es nicht geschafft haben, heißt das noch lange nicht, dass du so enden musst wie deine Mutter.“
Ich presse die Lippen so fest aufeinander, dass es schmerzt. Lieber Gott, bewahre mich vor diesem Familiengespräch! Leider redet Sylvia sich offenbar gerade erst warm.
„Du bist nicht wie deine Mutter, und nicht jeder Mann ist wie dein Vater! Es gibt viele Ehen auf der Welt, die wunderbar funktionieren. Nicht jedes Ehepaar liegt sich dauernd zänkisch in den Haaren, und nicht jeder Ehemann versucht, seine Frau umzubringen.“
Autsch! Meine Augen brennen, da hilft auch der Rotwein nicht. Sylvia streckt ihre Hand über den Tisch aus und streichelt meine Finger.
„Liebes, glaubst du nicht, es ist langsam an der Zeit, dass du es zulässt?“
„Ich will jetzt nicht darüber reden“, antworte ich schroffer als beabsichtigt, aber Sylvia gegenüber darf ich mir das erlauben. Sie versteht mich einfach, wir kennen uns schon so verflucht lange.
„Oder möchtest du, dass ich ausziehe? Dann sag es direkt!“
Meine liebste Freundin verdreht genervt die Augen und schüttelt ihre langen Haare.
„Sei kein Idiot, du weißt, dass ich dich liebe. Genau deshalb glaube ich, dass du endlich die Liebe eines anderen verdient hast. Und vor allem das Gefühl, selbst zu lieben. Du kannst nicht dein Leben lang davor weglaufen, Emma!“
„Klar kann ich. Es gibt tausende unverheirateter Mönche. Vielleicht studiere ich noch mal, Theologie oder so. Und lebe im Zölibat.“
„In der katholischen Kirche sind keine weiblichen Pfarrer zugelassen, und die anglikanischen Priester leben nicht zölibatär“, erklärt Sylvia, als ob mir das nicht
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