Gefaehrliche Verstrickung
hoch genug, um die entsprechenden Leute dazu zu bringen, die Tochter des Königs außer Landes zu schmuggeln.
Außerdem hatte sie Angst. Angst davor, was er Adrianne antun würde. Er könnte sie ihr wegnehmen, dachte Phoebe. Und es gab keine Möglichkeit, ihn daran zu hindern; kein Gericht außer seinem, das sie um Hilfe bitten, keine Polizei, die sie einschalten könnte, die ihm nicht unterstand. Adriannes Wohl würde sie niemals aufs Spiel setzen.
Wie oft hatte sie schon an Selbstmord gedacht. Die letzte Fluchtmöglichkeit. Sie dachte daran auf eine Weise, wie sie früher an Sex gedacht hatte, als etwas, wonach man sich sehnt, ein Gefühl, das man hegt und in dem man verweilt. Manchmal, an schwülen, endlosen Nachmittagen starrte sie auf das Fläschchen mit den Pillen und fragte sich, wie es wäre, wenn sie alle auf einmal schluckte und dann für immer in die bunte Welt der Träume entgleiten würde. Sie war sogar so weit gegangen, die Pillen in ihre Hand zu schütten, sie zu zählen und sogar zu streicheln.
Aber da war Adrianne. Immer wieder Adrianne.
Also würde sie bleiben. Sie würde sich betäuben, damit sie die Tage ertragen konnte, und bleiben. Aber sie würde Adrianne etwas von sich mitgeben.
»Ich will in die Sonne«, sagte Phoebe ganz unvermittelt. »Laß uns hinaus in den Garten gehen.«
Adrianne wollte lieber bleiben, wo sie war, sich einlullen lassen von den Düften und den Klängen der Musik, aber sie erhob sich pflichtbewusst und folgte ihrer Mutter hinaus in den Garten.
Die Luft draußen war heiß und trocken. Wie immer reizte sie Phoebes Augen und entfachte in ihr das Verlangen nach der kühlen Brise des Pazifischen Ozeans. Früher einmal hatte sie ein Haus in Malibu besessen; dort war sie am liebsten an dem großen offenen Fenster gesessen, hatte das Kommen und Gehen der Wellen beobachtet.
Hier gab es Blumen, üppige, exotische Blumen, die einen betäubenden Duft verströmten. Der Garten war von hohen Mauern umgeben, um die Frauen daran zu hindern, die vorbeigehenden Männer in Versuchung zu führen. Das war die Anschauung des Islam. Die Frauen wurden nur als schwache Sexualobjekte betrachtet, ohne die Stärke oder den Intellekt, selbst auf ihre Ehrenhaftigkeit zu achten. Es waren die Männer, die hierfür sorgten.
Die Luft im Garten war erfüllt vom Gesang Tausender Vögel. Als Phoebe diesen Garten mit seinen vielfältigen Blumen und Düften zum ersten Mal betreten hatte, hatte sie geglaubt, in einer Filmkulisse zu stehen. Außerhalb dieser Mauern gab es nichts als Sand und Wüste, doch hier blühten Jasmin, Oleander, Hibiskus und sogar kleine Orangen- und Zitronenbäumchen. Sie wusste , dass diese Früchte ebenso bitter waren wie die Augen ihres Mannes.
Ohne es zu wollen, ging sie auf den Springbrunnen zu. Abdu hatte ihn ihr geschenkt, als er sie als seine Königin in sein Land brachte. Ein Symbol für den unendlichen Fluß einer Liebe. Die Liebe war schon lange versiegt, aber der Brunnen plätscherte munter weiter.
Sie war immer noch seine Frau, die erste von vieren, die ihm das islamische Recht zusprach. Aber diese Ehe war zu einem Gefängnis für sie geworden. Den Brillantring um ihren Finger drehend, betrachtete sie die Wasserfontänen, die sich ins Brunnenbecken ergossen. Adrianne warf Steinchen hinein, um den prächtigen Karpfen zum Schwimmen zu bewegen.
»Ich mag Meri nicht«, begann sie. In einer derart beschränkten Welt wie einem Harem gab es wenig anderen Gesprächsstoff als die übrigen Frauen und Kinder. »Sie streckt immer ihren Bauch raus und grinst so.« Adrianne verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse und brachte ihre Mutter zum Lachen.
»Ach, das tut gut.« Phoebe gab ihr einen Kuss auf den Scheitel. »Meine kleine Schauspielerin.« Sie hat die Augen ihres Vaters, dachte Phoebe, als sie Adrianne das Haar aus dem Gesicht strich. Diese Augen erinnerten sie an die Zeit, als Abdu sie noch mit Liebe und Wärme betrachtet hatte. »In Amerika würden die Leute Schlange stehen, nur um dich zu sehen.«
Adrianne lächelte geschmeichelt. »So wie bei dir damals?«
»Ja.« Irritiert wandte sie ihren Blick wieder dem Brunnen zu. Manchmal war es schwer, sich an die Frau zu erinnern, die sie einmal gewesen war. »Sie sind Schlange gestanden. Ich wollte die Menschen immer glücklich machen, Addy.«
»Als die Reporterin kam, sagte sie, man würde dich vermissen.«
»Reporterin?« Das war zwei oder drei Jahre her. Nein, noch länger. Vier Jahre vielleicht. Seltsam, wie rasch die
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