Gefaehrliche Verstrickung
haben die höhergestellten Frauen schon vor vielen Jahrhunderten eingeführt. Was zu Mohammeds Zeiten Mode war, hat sich bis heute als Tradition erhalten.«
Als Philip eine Zigarette aus der Packung nahm, bot ihm Fahid mit seinem goldenen Feuerzeug Feuer an. »Sie sollten wissen, dass es einer Frau in Jaquir nicht verboten ist, Auto zu fahren. Dass sie es dennoch nicht tut , ist ebenfalls nur eine Tradition. Es steht nirgends geschrieben, dass es für eine Frau unschicklich sei, ein Auto zu lenken, doch ist... wie soll ich sagen... davon abzuraten, da ihr kein fremder Mann helfen darf, wenn sie eine Panne haben sollte. Würde sie dennoch darauf bestehen, selbst zu fahren, würde sie die Polizei nicht daran hindern. So ist also die Tradition viel einflußreicher als das Gesetz.«
»Sind die Frauen Ihres Landes zufrieden mit ihrer Situation?«
»Wer kennt schon die Gedanken einer Frau?«
Philip muss te unwillkürlich grinsen. »Zumindest was diese Frage angeht, dürften sich Ost und West einig sein.«
»Hier ist es, was ich Ihnen zeigen wollte.« Die Limousine hielt an, und Fahid deutete aus dem Fenster. »Die Ahmad Memorial Universität. Das Frauen-College.«
Das alleinstehende Gebäude war aus guten, amerikanischen Ziegeln gebaut. Die Fenster waren vergittert, um das einfallende Sonnenlicht, aber auch neugierige Blicke abzuhalten. Philip sah drei Frauen in traditionellen Gewändern die Treppe hinaufeilen und im Eingangsportal verschwinden. Unter der abaaya, und das entging ihm nicht, trugen sie Nike- und Reebok-Turnschuhe.
»Die Familien in Jaquir werden ermutigt, ihren Töchtern eine gute schulische Ausbildung zukommen zu lassen. Traditionen können sehr wohl flexibel sein. Jaquir braucht weibliche Ärzte, Lehrer und Bankangestellte. Dadurch wird es unseren Frauen erheblich erleichtert, medizinische Behandlungen in Anspruch zu nehmen, sich weiterzubilden und ihr Geld selbst zu verwalten. Doch das wird vielleicht nicht immer so sein.«
Philip wandte seinen Blick von dem Gebäude ab. »Sie unterstützen das?«
»Aber sicher. Ich arbeite eng mit dem Arbeitsminister zusammen. Es ist mein Ziel, dafür zu sorgen, dass die Menschen meines Landes, Frauen wie Männer, Jaquir durch ihr Wissen und ihre Fachkenntnisse mit aufbauen helfen. Ausbildung bewirkt Wissen, doch damit verbunden auch Unzufriedenheit und das Bedürfnis, mehr zu erfahren, mehr zu sehen, mehr zu besitzen. Jaquir wird gezwungen sein, sich diesen Konsequenzen anzupassen - aber das geistige Erbe wird sich dadurch nicht verändern. Frauen werden weiterhin den Schleier tragen, weil sie sich freiwillig dafür entscheiden. Sie werden auch an ihrem Harem festhalten, weil sie dort Behaglichkeit und Abgeschiedenheit vorfinden.«
»Daran glauben Sie?«
»Ich weiß es.« Er gab dem Fahrer ein Zeichen und faltete dann seine Hände im Schloss . Er war ein kultivierter, belesener Mann von knapp 23 Jahren, der einmal als König über dieses Land herrschen würde. Das hatte man ihn seit der Stunde seiner Geburt keinen Augenblick vergessen lassen. »Ich bin in Amerika zur Universität gegangen, habe eine amerikanische Frau geliebt und viele der westlichen Errungenschaften zu schätzen gelernt. Aber in meinen Adern fließt beduinisches Blut. Adrianne hat eine amerikanische Mutter und ist im Westen groß geworden. Doch auch sie besitzt beduinisches Blut. Und das wird in ihren Adern fließen bis zum Tage ihres Todes.«
»Das macht sie zu dem, was sie ist. Aber es verändert sie nicht.«
»Adriannes Leben ist kein einfaches gewesen. Wie sehr haßt sie meinen Vater?«
»Haß ist ein hartes Wort.«
»Aber das passende«, entgegnete Fahid. Dies war eine wichtige Frage - und der eigentliche Grund, weshalb er auf dieser Fahrt allein mit Philip bestanden hatte. »Leidenschaftliche Liebe oder leidenschaftlicher Haß sind keine oberflächlichen Gefühle. Wenn Sie sie lieben, dann bringen Sie sie nach der Hochzeit schnellstens fort von hier. Halten Sie sie von Jaquir fern, solange mein Vater lebt. Auch er vergibt nie!«
Von draußen her erschallte der Ruf zum Gebet; ein tiefer, kehliger Gesang. Ohne Hektik schlössen sich überall die Türen, und die Männer knieten sich nieder und senkten ihre Häupter auf die Erde. Fahid stieg aus dem Wagen. Seine throbe war aus Seide, doch er kniete sich wie die anderen Männer auf den staubigen Boden, um Allah zu würdigen.
Auch Philip trat in die nachmittägliche Hitze hinaus. Er sah den Muezzin auf der Treppe der Moschee stehen,
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