Gefaehrliche Verstrickung
genügend königliche Souveränität in diese Geste, um ihn auf Abstand zu halten. »Gehen Sie oft nachts spazieren?«
»Nicht oft genug, sonst wäre ich Ihnen vielleicht schon früher begegnet.« Unauffällig winkte Philip einen Kellner herbei. Er stellte das leere Glas auf das Tablett und nahm zwei volle. »Haben Sie jemanden besucht?«
Sie spielte kurz mit dem Gedanken zu lügen, ent schloss sich dann aber, bei der Wahrheit zu bleiben. Wenn er sich über sie erkundigte - aber warum sollte er -, würde er sowieso die Wahrheit erfahren. »Nein, ich bin nur spazierengegangen. Mir war an diesem Abend nicht nach Gesellschaft.«
Ihm ebenfalls nicht, doch er hatte sie gefunden. »Ich sehe Sie noch genau vor mir - eingehüllt in einen schwarzen Umhang standen Sie da; Nebelschwaden strichen um Ihre Beine. Sehr mysteriös. Sehr romantisch.«
Eigentlich hätte sie diese kleine Unterhaltung amüsieren müssen, doch dem war nicht so. Es lag an der Art, wie er sie ansah, mit einem Blick, der ihr sagte, dass er, so viele Geheimnisse sie auch haben mochte, alle aufdecken würde, eines nach dem anderen. »Romantisch finde ich es nicht gerade, wenn einem die Zeitverschiebung zu schaffen macht. So geht mir das oft in der ersten Nacht nach einem Langstreckenflug.«
»Von?«
Sie musterte ihn über den Rand ihres Glases hinweg. »New York.«
»Wie lange werden Sie in London bleiben?«
Es war nur das übliche Partygeplauder, nicht mehr und nicht weniger, versuchte sich Adrianne zu beruhigen, obwohl sie zu gerne gewusst hätte, warum er sie dennoch so aus der Fassung brachte. »Noch einige Tage.«
»Fein. Dann können wir doch mit einem Tanz beginnen und uns bis zu einer Dinnereinladung vorarbeiten.«
Als er ihr das Glas aus der Hand nahm, protestierte sie nicht. Sie wusste , wie man mit Männern umging. Mit einem nichtssagenden Lächeln warf sie ihr Haar zurück. »Tanzen können wir.«
Sie ließ sich von ihm an den schwatzenden Grüppchen vorbei, die sich vor dem Orchester drängten, auf die Tanzfläche geleiten. Seine Hand überraschte sie. Er sah aus wie ein Mann, der an Dinnerjackets und Smokings gewöhnt war, und dennoch war die Innenfläche seiner Hand ungewöhnlich rauh und mit Hornhautschwielen bedeckt.
Hände wie ein Bauarbeiter, ein aristokratisches Gesicht und exzellente Manieren. Das war eine gefährliche Kombination. Adrianne versuchte, sich nicht zu verspannen, als er sie in seine Arme zog. Irgendwas hatte gefunkt, als sich ihre Körper berührten, etwas, das sie weder spüren noch beachten wollte. Sex-Appeal gehörte zwar zu ihrem Image, war jedoch eine reine Äußerlichkeit. Kein Mann hatte sie je besessen, und vor Jahren schon hatte sie beschlossen, dass es auch nie dazu kommen werde.
Adrianne spürte den Druck seiner Hand auf ihrem Rük- ken, mit der er sie führte, und die Muskeln an seiner Schulter, auf der ihre Linke ruhte. Sie wusste , wie sich ein männlicher Körper anfühlte, und es hatte sie stets unberührt gelassen. Bis jetzt. Die Band spielte ein langsames, gefühlvolles Stück. Ihr Mund war trocken, trotz des Champagners. Und gerade deshalb hob sie ihren Kopf und sah ihn direkt an.
»Sind Sie ein Freund von Lord und Lady Fume?«
»Ein Bekannter«, entgegnete Philip. Ihr Duft war einzigartig. Ein Duft, mit dem er gedämpftes Licht und stille Zimmerfluchten assoziierte, den blauen Dunst von Räucherkerzen und weibliche Geheimnisse. »Wir haben uns durch eine gemeinsame Freundin kennengelernt. Carlotta Bundy.«
»Ach, ja, Carlotta.« Sie passte ihre Schritte den seinen an. Er tanzte so, wie er sprach, sanft und weich. Unter anderen Umständen hätte sie seine Anwesenheit vielleicht genossen. Doch wie alles andere an ihm machte sie auch seine Art, sich zu bewegen, nervös. »Ich glaube nicht, dass ich sie heute abend hier gesehen habe.«
»Nein, sie verbringt gerade ihre jüngsten Flitterwochen in der Karibik.« Um ihre Nahbarkeit auszuloten, zog er sie ein wenig näher an sich heran. Sie ließ es geschehen, doch ihr irritierter Blick entging ihm nicht. »Sind Sie morgen frei?«
»Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, frei zu sein.«
»Gehen Sie mit mir Abendessen?«
»Warum?«
Das war keine schüchterne Frage, sondern eine sehr direkte. Wieder zog er sie ein Stück näher an sich heran, aber diesmal nur, um ihren Duft einzuatmen. »Weil ich gerne in Gesellschaft einer schönen Frau speise, besonders einer, die einsame Spaziergänge liebt.«
Sie spürte, wie seine Finger ganz vorsichtig
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