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Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit

Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit

Titel: Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Marie Rice
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auf eine Reaktion vor, aber er bestand aus Fleisch und Blut und Knochen, war an die Gesetze der Schwerkraft und der Physik gebunden. Sein Verstand hingegen war von derartigen Beschränkungen nicht betroffen, und er sah die Konsequenzen dessen, was passierte, in aller Deutlichkeit.
    Seine Besessenheit von Grace hatte ihn verwundbar gemacht – ihn, einen Mann, der niemals eine Schwäche gezeigt hatte. Doch in diesem Augenblick stellte Grace Larsen eine gewaltige Schwachstelle dar, durch die jedermann direkt in sein Herz einmarschieren konnte.
    Im Verlauf des vergangenen Jahres hatte er sich immer wieder vorgehalten, dass das, was er tat, gefährlich war. Selbstverständlich hatte er jede nur denkbare Vorsichtsmaßnahme getroffen, hatte sogar seine eigenen Sicherheitsleute umgangen, aber schließlich war nichts vollkommen. Und in dieser unvollkommenen Welt hatte irgendjemand irgendwie herausbekommen, wohin er zweimal im Monat ging.
    Obwohl er sich immer wieder gepredigt hatte, sich damit zufriedenzugeben, Grace’ Gemälde und Zeichnungen zu kaufen, war es nie genug gewesen. In dem Bewusstsein, dass er sich selbst gefährdete, konnte er es sich doch nicht versagen, Grace zu sehen.
    Seit einem Jahr hatte er sie zweimal im Monat beobachtet, und obwohl es verrückt war, sich in einer dreckigen Seitengasse – einer Sackgasse noch dazu – zu verbergen, obwohl die eine Hälfte seines Gehirns in der Lage war zu begreifen, dass er damit zweimal im Monat sein Leben aufs Spiel setzte, liebte die andere Hälfte seine Obsession. Wenn er sich danach auf allerlei Umwegen zu seinem Gebäude zurückbegab, fielen seine Schritte jedes Mal ein bisschen leichter aus, und sein Kopf war mit Bildern von ihr erfüllt. Noch Tage später sah er sie vor seinem inneren Auge vor sich, er sah sämtliche Ausdrücke, die ihr Gesicht in dieser kurzen Zeit angenommen hatte. Anspannung, Lachen, Ernsthaftigkeit, Entspannung – alles in den wenigen Momenten, in denen sie ihre neuen Werke präsentierte, bis Feinstein dann unweigerlich lächelte.
    Sie glich keiner Frau, die er je gekannt hatte. Im vergangenen Jahr hatte er mehrere Hunderttausend Dollar für ihre Gemälde ausgegeben. Ihr Werk war jeden Penny wert, und das Geld bedeutete ihm nichts.
    Dennoch wusste er, wie arm sie gewesen war. Er hatte ihr Konto überprüft und festgestellt, dass sie so gut wie nichts besaß. Aber das ganze Geld, das er in ihre Kunst steckte, hatte ihre Lebensweise überhaupt nicht verändert. Das Gen der Gier schien sie komplett verschont zu haben.
    Jede einzelne schöne Frau, der Drake je begegnet war, hatte krampfhaft versucht, ihre Schönheit noch zu verstärken. Sie größer und auffälliger zu machen, um noch mehr Macht über Männer ausüben zu können. Und mehr als alles andere wünschten sich die Frauen, die Zeit anhalten zu können, waren geradezu besessen davon. Sie hungerten, legten sich unters Messer, ließen sich ein tödliches Toxin injizieren, um ihre Gesichter zu glätten. Nichts davon hatte mit Gesundheit oder Stärke zu tun – es war pure Eitelkeit.
    Grace hatte sich im Laufe dieses Jahres überhaupt nicht verändert. Auch wenn sie sich jetzt Designerkleidung und die besten Friseure leisten konnte, sich vermutlich im teuersten Wellnesshotel von Manhattan einmieten und ihre ganze Zeit dort verbringen könnte … sie blieb genau dieselbe. Er hatte ihre Kreditkartenkonten gehackt, und das Einzige, wofür sie mehr Geld als vorher ausgab, war Künstlerbedarf.
    Kein Anzeichen von Eitelkeit. Nicht das geringste, soweit er sehen konnte. Sie kaufte sich mit ihrem neuen Geld keine Freunde. Vielmehr erschien sie ihm zuweilen ein wenig einsam.
    Gott, er wusste, wie sich das anfühlte. Wusste es nur zu gut.
    Jedes Mal, wenn er sie gesehen hatte, verspürte er ein Gefühl tiefer Verbundenheit. Das war natürlich verrückt. Die einzige Verbindung bestand in seinem Kopf. Aber selbst so war es etwas sehr Seltenes für ihn und darum besonders wertvoll. Allein die Vorstellung, dass Grace Larsen überhaupt existierte, war ihm teuer. Diese Frau, die keinen anderen Ehrgeiz zu haben schien, als schöne Bilder zu schaffen, die weder Gier noch Aggression zu kennen schien.
    Schon in dem Wissen, dass sie auf der Welt war, fühlte er sich besser. Denn seine Welt war voller Gewalt und Gier und Verrat.
    Und heute war seine Welt auf tragische Weise mit ihrer zusammengestoßen und hatte sie für alle Zeit verändert.
    Ben erholte sich zuerst von seinem Schock. Er wandte sich Grace zu.

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