Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit
Jeans und Pullover – , die er jetzt anzog. Zurück im Schlafzimmer drückte er auf einen Knopf an einer kleinen Konsole.
„Sir?“, erwiderte augenblicklich eine körperlose Stimme.
Drake lächelte. Er hatte Shota auf den Straßen von Tiflis gefunden: ein minderjähriger Rekrut, der verwundet und von seinen Teamkameraden im Stich gelassen worden war. Er hatte Shota in sein Hotel mitgenommen und zusammengeflickt und, als er ihn wieder fortschicken wollte, feststellen müssen, dass Shota nicht gewillt war, ihn zu verlassen. Als Soldat war Shota ein hoffnungsloser Fall, aber wie sich herausstellte, gab er einen hervorragenden Butler ab.
Drake hatte schon an vielen Orten gelebt: Odessa, Ostende in Belgien, Johannesburg und jetzt in Manhattan, und immer hatte Shota dafür gesorgt, dass alles reibungslos ablief. Er hatte sechs Hausangestellte, vier Chefköche und einen weiteren Butler unter sich, die dafür sorgten, dass Drake es sauber und bequem hatte und all seine Bedürfnisse unverzüglich erfüllt wurden.
Einen Augenblick lang überlegte Drake, ob möglicherweise Shota der Verräter war. Er ließ die Vorstellung ein Weilchen ruhen, drehte sie dann behutsam hin und her, betrachtete sie von allen Seiten, um sie schließlich zu verwerfen. Nicht nur, dass Shota geradezu fanatisch loyal war, er neigte außerdem in keiner Weise zur Gier. Shota lebte ebenfalls in dem Gebäude, zwei Etagen unter ihm, wie alle seine Angestellten. Er zahlte weder Miete noch Nebenkosten, nahm seine Mahlzeiten dort ein und schien überaus zufrieden zu sein. Das letzte Mal hatte Drake ihn zwingen müssen, eine Gehaltserhöhung zu akzeptieren.
Drake wusste, dass er Shota gut behandelte, und er hatte das Gefühl, dass Shotas Loyalität echt war.
Menschen waren zu vielem fähig, niemand wusste das besser als Drake, andererseits blieben sie sich dabei aber immer treu. Und Shota war loyal bis ins Mark. Er war nicht der Verräter.
Drake würde jeden einzelnen seiner Angestellten durchgehen. Nur jemand, der hier arbeitete, konnte wissen, wann er das Haus verließ. Alles in allem verfügte Drake über fünfundvierzig fest angestellte Männer und sechs fest angestellte Frauen, unter denen sich ein Verräter befinden musste. Er verfügte über ausgezeichnete Instinkte, und außerdem bewahrte er die Aufzeichnungen seiner Sicherheitskameras alle ewig lange auf – wenn nötig, konnte er also jede einzelne Bewegung seiner Angestellten im letzten Jahr überprüfen.
Er würde den Mann finden und dafür sorgen, dass er seine Tat bereute, aber in diesem Moment musste er sich erst einmal um andere, wichtigere Dinge kümmern.
„Sir?“ Shotas Stimme verriet leichte Verwirrung. „Benötigen Sie etwas?“
Oh Gott! Dieser Orgasmus hatte ihn dermaßen durcheinandergebracht, dass er seinen Butler schon wieder ganz vergessen hatte.
„Ja, Shota. Ich würde jetzt gerne das Abendessen im Esszimmer zu mir nehmen, und zwar decken Sie dafür bitte den Tisch vor dem Feuer. Irgendetwas Warmes, Nahrhaftes, und etwas Süßes zum Dessert.“ Grace würde die Wärme und den Zucker brauchen, um ihren Schock zu verwinden. „Und dazu eine gute Flasche Rotwein. Einer von diesen argentinischen Merlots, den Sie eingekauft haben, wäre passend.“
„Ja, Sir“, erklang Shotas Stimme. Drake sah ihn vor sich, wie er bereits eifrig mit den Vorbereitungen anfing.
„Für zwei“, fügte Drake hinzu, wobei ein kleines Lächeln einen seiner Mundwinkel anhob.
„ Sir? “ Shota klang schockiert, was kein Wunder war. Er war schon jahrelang bei Drake angestellt, aber noch nie zuvor hatte Drake bei einer seiner Mahlzeiten Gesellschaft gehabt. Jegliche Mahlzeiten mit Frauen wurden in Privatclubs mit entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen oder in seiner Wohnung an der Fifth Avenue eingenommen. An Geschäftsessen nahm er grundsätzlich nicht teil – eine seiner zahlreichen Regeln nach dem Motto „hart und schnell“. Nahrung und Alkohol waren Ablenkungen, die er sich während Verhandlungen nicht leisten konnte. Außerdem musste man immer mit der Möglichkeit einer Vergiftung rechnen.
„Abendessen für zwei, Shota. Und morgen früh müssen Sie für mich zu … “ Drake versuchte sich an die Kleider zu erinnern, in denen er Grace gesehen hatte. Sie kleidete sich klassisch, niemals übermäßig modisch, und sie mochte reine, leuchtende Farben. „Valentino gehen“, entschied er schließlich. „Und zu Ralph Lauren.“
Wie viel von was? Also, er würde mindestens eine Woche
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