Gefaehrliche Ziele
zu seiner Freude den nassen, erschöpften Reo Jones. Eine verschmierte Blutspur zog sich von seinem Haaransatz zum Kinn hinab. Er grinste Tucker an. »Erinnere mich daran, keine Partyeinladungen von Ritterin Holt mehr anzunehmen«, scherzte er.
Tucker schlug seinem Freund auf die Schulter, als aus dem Armbandkomm seiner Schwester eine Stimme drang. »Hier spricht Kapitän Ivan Casson vom Oriente-Protektorat. Alle Einheiten, Feuer einstellen. Feindeinheiten, Sie sind weit unterlegen. Bereiten Sie sich darauf vor, die Waffen niederzulegen und zu verhandeln.« Eine unbehagliche Stille senkte sich über das Schlachtfeld. Die einzigen Geräusche waren das Knistern der brennenden Fahrzeuge und das Summen der sich aufladenden Laser und PPKs.
Tucker wusste nicht so recht, was er jetzt tun sollte. Er wollte sich nicht ergeben, aber er war es auch satt, zusehen zu müssen, wie seinetwegen Leute verletzt oder getötet wurden. Wir sind zahlenmäßig unterlegen, waffenmäßig unterlegen und umzingelt. Er stand auf und starrte die entfernte Sonnenkobra an. Er gab seinen Beinen den Befehl, sich zu bewegen, doch sie schienen im Boden verwurzelt. Er war starr vor Angst.
Patricia stand neben ihm und fasste seinen Unterarm. Sie versuchte ihn zu beschützen, wie schon während ihres ganzen Lebens. Aber diese Reise würde er ohne sie antreten müssen.
Plötzlich drang eine andere Stimme aus Patricias Komm, diesmal über den Befehlskanal der Miliz: »Achtung. Alle Bodeneinheiten. Legen Sie die Waffen nieder und bereiten Sie sich auf die Übergabe des gesamten ComStar-Personals vor. Ich wiederhole: Legen Sie die Waffen nieder oder Sie werden vernichtet.« Er hörte ein tiefes, durch Mark und Bein gehendes Dröhnen, das seinen Puls zu überlagern schien. Als er hoch schaute, sah er ein kugelförmiges Landungsschiff in einem flachen Anflugwinkel. Erst ließ ihn die Bemalung, mattweiß mit breiten, zackigen schwarzen Streifen, die aus der Distanz die Form und Konfiguration des Schiffes verzerrten, glauben, er hätte es mit dem Geisterkatzen-Schiff zu tun. Das Schiff zog mit Kurs auf das Südende des Sees über den Wald. Tucker konnte Geschütztürme erkennen, als es sich dem Schlachtfeld näherte.
Die Bugwelle der Triebwerke schleuderte einen
Stauborkan auf. Als das Landungsschiff über ihnen vorbeizog, öffnete sich eine Frachtluke, und drei BattleMechs sprangen in die Mitte des Lagers. Tucker hob die Hand wie einen Mützenschirm über die Augen und lehnte sich in den heißen Wind, um nicht zu Boden geworfen zu werden.
Es ist vorbei. Tucker sank in sich zusammen. Das Schiff bremste ab, bis es tief in der Luft stand, und setzte am Südufer des Higgins Lake auf. Tucker kannte sich gut genug aus, um zwei der BattleMechs als Atlas und Katamaran zu erkennen. Form und Konfiguration der dritten Maschine kannte er jedoch nicht. Alle drei Mechs waren rein weiß lackiert und in makellosem Zustand. Und offensichtlich tödlich.
Dann starrte er schockiert zu dem Schiff hinüber. Auf der Flanke des Landungsschiffes prangte ein ihm sehr vertrautes Symbol, ein Stern auf blauem Feld, dessen beide unterste Zacken zu einem Schweif verlängert waren. Das Symbol Com Stars. Aber das war unmöglich! Seit dem Ende des Heiligen Krieges besaß ComStar keinen militärischen Arm mehr. Neben dem Com Star-Symbol sah er ein flammendes Schwert, unter dem in roten Lettern F OCHTS S chwert stand. Er fühlte sich gleichzeitig verwirrt und erleichtert.
Patricia ging auf die Mechs zu und zog ihn hinter sich her.
»Wie ist das möglich?«, fragte er seine Schwester.
»Ich habe mich gleich nach der Inbetriebnahme des HPGs mit unseren Vorgesetzten in Verbindung gesetzt«, erklärte sie. »Wir haben deine Sicherheit selbst in die Hand genommen.«
Benommen folgte er ihr. Plötzlich sah er Alexi Holt heranlaufen. Es war offensichtlich, dass sie ebenso schockiert war wie er. »Was soll das bedeuten?«, fragte sie Patricia.
»Wir kümmern uns um unsere Leute«, antwortete seine Schwester nüchtern. »ComStar wird Tucker und mich evakuieren.«
»Ist das Ihr Ernst?«, rief Alexi.
Patricia wirkte von der Reaktion der Ritterin amüsiert. »Das ganze Geschehen hier ging um Tuckers Rettung. Seien Sie froh, dass ein Rettungsteam eingetroffen ist, auch wenn es nicht das ist, das Sie erwartet haben. Hauptsache ist doch, er fallt dem Protektorat nicht in die Hände.«
»Ich komme mit«, erklärte Alexi entschieden.
»Nein«, antwortete Patricia Harwell. »Das werden Sie nicht
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