Gefaehrliche Ziele
Bevölkerung mancher Systeme der Clan-Herrschaft friedlich unterwarf, hatten sich andere gegen sie erhoben, sich bewaffnet und erfolgreich mit Guerillataktiken gegen die Kriegerkaste zur Wehr gesetzt. Doch der Kreuzzug hatte geendet, ohne dass es einem der Clans gelungen wäre, Terra zu erobern, und manche jüngere Krieger zeigten wieder Spuren jener Selbstüberschätzung, die die Clans damals teuer zu stehen gekommen war. »Stell Posten auf«, befahl Sterncaptain Cox. »Ich möchte, dass unsere Elementare sofort reagieren können, falls es zu Schwierigkeiten kommt.«
»Hältst du das für notwendig, Sterncaptain?«
Er nickte entschieden. »Kümmere dich persönlich darum, Sterncommander. Wir werden hier zwar die Früchte meines Sieges genießen, aber kein unnötiges Risiko eingehen.«
»Wo wirst du sein, Sterncaptain?«
»Ich werde den ComStar-Verwalter auf Wyatt aufsuchen. Die Wiederinbetriebnahme dieses HPGs könnte der Ursprung der Visionen sein, die Galaxiscommander Rosse und ich erfahren haben. Es könnte mir helfen, meine Vision zu verstehen, wenn ich erfahre, was genau sich hier ereignet hat.«
Reo Jones hatte es sich auf dem Dach des FisherHauses bequem gemacht, eines alten Bürogebäudes in der Nähe des Parks. Von seinem Aussichtspunkt in zwanzig Stockwerken Höhe hatte er freie Sicht auf den im Dämmerlicht unter ihm liegenden AdamSteiner-Gedächtnispark. Mit dem elektronischen Feldstecher konnte er jede Einzelheit des Geisterkat-zen-Lagers und der Aufstellung der Clanner erken-nen. Er seufzte und zählte die Mechs und Elementare
- zum elften oder zwölften Mal schon. Es vertrieb die Zeit und gab ihm das Gefühl, hier oben etwas nützlich zu sein.
Es war nicht leicht, wenn alle Welt einen für einen Versager oder einen Verräter hielt, und das größte Problem schien, dass niemand einem wirklich vertraute. Die Republik hatte ihm formell den Rücken gekehrt. Jacob Bannson hielt ihn an recht kurzer Leine und Reo machte ihm absolut keinen Vorwurf deswegen. Rutger Chaffee traute ihm überhaupt nicht, und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Mangelndes Vertrauen war nichts, was Reo furchtbar zusetzte, es war einfach eine Begleiterscheinung seines Berufs - seines ganzen Lebens.
Heute allerdings machte ihm der Mangel an Vertrauen seine Arbeit schwerer als üblich. Reo wusste, dass Chaffee etwas im Schilde führte. Irgendetwas an seinem gelblich braunen Grinsen sagte Reo unüberhörbar, dass ihm der Söldnerführer etwas verschwieg. Da Halsabschneider sich weigerte, seine Pläne zu verraten, musste Reo auf Plan B zurückgreifen. Chaffees Leuten nachzuspionieren konnte nur Probleme verursachen. Aber wenn er den Geisterkatzen nachspionierte, würde er früher oder später auch erfahren, was Chaffee vorhatte. Falls er etwas plante, dann hier.
Nur ein ClanKrieger konnte auf die Idee kommen, mitten in einer feindlichen Stadt im Freien zu lagern. Und dann hatte er auch noch die Frechheit gehabt, sich mit dem planetaren Vertreter ComStars zu treffen. Reo hatte auf seinem tragbaren Holovid vor einer Stunde in den Nachrichten die Meldung über die Begegnung zwischen Cox und dem bandagierten Demipräzentor Faulk gesehen. Er lehnte sich in seinem Klappstuhl zurück und zog eine Getränkedose aus der Kühltasche. Das Gespräch zwischen den beiden war zwar nicht übertragen worden, aber ganz sicher hatte Cox von Faulk nichts Brauchbares erfahren können. Das Gehirn hinter der Reparatur des HPGs war Tucker und der stand nicht zur Verfügung. Was ihn sich fragen ließ, wie viel der Geis-terkatzen-Kommandeur über Tucker Harwell erfahren haben mochte, und ob die Clans jetzt ebenso interessiert an dem jungen Mann waren wie Chaffee und Bannson.
Am Rand seines Sichtfelds bemerkte er, wie sich etwas auf den Park zubewegte. Das abendliche Zwielicht machte es schwer, Genaueres zu erkennen. Er griff nach seinem Feldstecher und stellte ihn scharf. Die Lichtverstärkungsfunktion des Fernglases korrigierte die Lichtverhältnisse. Es war ein Schweber vom Typ Fuchs. Dieser hier war nicht grau-weißschwarz bemalt wie die Fahrzeuge der Geisterkatzen. Er trug ein Tarnschema in Grün und Braun. Laserschüsse zuckten durch das abendliche Dunkel und er sah mehrere Elementare die Sprungtornister aktivieren und sich auf rötlichen Flammenzungen in die Luft erheben. Ihre Sprungdüsen warfen gespenstische Schatten auf die Szenerie.
Reo hatte diesen Schweber schon früher gesehen, in Chaffees Lagerhalle. Das ist übel. Sehr, sehr übel. Er
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