Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder
möchtest über die Feiertage lieber allein sein. Ich weiß ja, dass Weihnachten für dich immer sehr schwierig ist. Aber weißt du was, Caroline, der Trauerprozess muss jetzt endlich mal ein Ende haben. Du bist doch eine junge Frau, und Toby ist jetzt … nun ja, Toby ist jetzt an einem besseren Ort und du kannst endlich anfangen, an dich selbst zu denken. Es gibt in der Trauer gewisse Stadien, weißt du …«
Caroline blendete ihn aus. Das war eine Rede, die sie schon tausendmal von Sanders gehört hatte.
Er saß genau unter der Lampe, die sein perfekt gestyltes Haar wie pures Gold leuchten ließ. Er war eindeutig ein sehr gut aussehender Mann, und das wusste er auch. Caroline beobachtete ihn während seiner kleinen Predigt, hörte aber nur jedes zehnte Wort.
Das Licht wurde aber auch von seinem Kopf reflektiert. Sie sah ein wenig genauer hin, verbarg ihr plötzliches Interesse allerdings sorgfältig. War das etwa seine Kopfhaut, die da durch die blonden Strähnen schimmerte? Ja, an den Schläfen handelte es sich eindeutig um Haut und nicht um Haare. Ihm gingen die Haare aus. Ob Sanders wohl bald eine Glatze haben würde?
Das würde ihm aber gar nicht gefallen. Caroline konnte sich vorstellen, dass er jedes nur erhältliche teure Haarpflegeprodukt auf der ganzen Welt benutzte und dass er sich irgendwann, wenn Geheimratsecken und Stirnglatze tragischerweise die Überhand gewannen, zu einer Haartransplantation entschließen würde. Jenna war absolut sicher, dass er sich die Augen schon hatte machen lassen, aber so genau Caroline ihn auch musterte, konnte sie doch keinerlei Anzeichen dafür erkennen. Aber was wusste sie schon? Sie war schließlich keine Expertin.
»… was meinst du dazu? Ich glaube, das wäre einfach fantastisch, und es würde dich sicher aufmuntern. Ich weiß ganz genau, dass du dich prächtig amüsieren wirst.«
Er war am Ende seines kleinen Vortrags angekommen, und sie hatte ihm überhaupt nicht zugehört. So ein Mist, er hatte irgendetwas gesagt, auf das er eine Antwort erwartete. Ja kam gar nicht infrage, solange sie nicht wusste, worauf sie sich damit einließ. Und nein … also, Sanders hatte abschlägige Antworten noch nie gut vertragen.
Sie tätschelte seine Hand und log. »Tut mir schrecklich leid, Sanders, aber ich erwarte einen Lieferanten, der mir die Neuerscheinungen dieser Woche bringen soll. Er ist neu und weiß noch nicht, wo er parken kann. Ich dachte gerade, ich hätte seinen Wagen draußen gehört, aber er war es wohl doch nicht. Ich fürchte allerdings, dass ich nicht mitbekommen habe, was du gesagt hast. Würde es dir etwas ausmachen, es noch einmal zu wiederholen?«
Seine blonden Augenbrauen zogen sich verstimmt zusammen, und er stieß einen kleinen Seufzer aus. »Ich sagte, dass ich Karten für La Traviata am nächsten Samstag in Seattle habe. Logenplätze. Und da dachte ich, wir könnten uns doch ein richtig nettes Wochenende machen. Ich halte mir den Freitagnachmittag frei, und du machst einfach ein bisschen früher Schluss. Ich habe uns ein Zimmer im Fairmont Olympic reserviert. Ich weiß, dass du dieses Hotel liebst, und es ist schon Jahre her, dass wir zusammen dort waren, stimmt’s? Und am Sonntag möchte ich, dass du ein paar Leute kennenlernst.« Er legte seine Hand auf ihre. »Ganz wie in den alten Zeiten, was?«
Caroline starrte ihn einfach nur an. Das war ja noch schlimmer als befürchtet. Er war einfach hingegangen und hatte eine neue Runde ihrer Beziehung eingeläutet – und das ohne sie! Allerdings hatte sie nicht die Absicht, dabei mitzumachen. Sie hatte größere und bessere Dinge zu tun.
»Sanders, du hast das Zimmer schon reserviert? Das ist doch verrückt! Ich kann am nächsten Wochenende nicht mit dir nach Seattle fahren.«
Sein Kopf zuckte zurück, überrascht über ihre Reaktion. »Aber ich habe die Karten! Es war fast unmöglich, an sie ranzukommen. Caroline, lies es mir bitte von den Lippen ab: La Traviata . Und das Fairmont. Wie kannst du dazu Nein sagen?«
Das ging jetzt eindeutig zu weit, sogar für ihn. »Sanders, willst du mir wirklich sagen, dass du teure Opernkarten besorgt und ein Zimmer im Fairmont reserviert hast, ohne daran zu denken, mich zu fragen, ob ich das überhaupt möchte?«
Sanders wirkte absolut verständnislos. »Na ja, warum denn nicht? Ich meine, es ist ja nicht so, als ob du …»… etwas Besseres zu tun hättest.
Die Worte hingen zwischen ihnen in der Luft. Sanders’ Mund hatte sich mit einem deutlich
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