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Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper

Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper

Titel: Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
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es auf die Zeit, nachdem wir den Killer dingfest gemacht haben.“ Er wartete keine Reaktion ab, sondern ging hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
    Der Regen fiel in dünnen Schnüren dicht an dicht vom Himmel. Er legte sich gleich einem Schleier auf Elizabeths Gesicht, während sie mit kurzen, schnellen Schritten in Richtung Suppenküche unterwegs war. Von Zeit zu Zeit wischte sie über ihr feuchtes Gesicht, bedacht, ihre Frisur nicht zu zerstören. Von Weitem begannen ihre Augen,nach dem groß gewachsenen, blonden Mann Ausschau zu halten. Sie konnte nichts dagegen tun, und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, waren es die Gedanken an ihn gewesen, die sie die ganze Nacht vom Schlaf abgehalten hatten. Wieder und wieder waren ihr seine Worte durch den Kopf gegangen. Fand er sie wirklich so abscheulich, nur weil sie war, wer sie war?
    Hatte er sie mit den gleichen Augen gesehen wie die Männer in ihren zerschlissenen Jacken und den zerdrückten Mützen? Wie schwer ihr Herz bei diesem Gedanken wurde. Plötzlich fiel in ihrer Brust der gleiche schmutzige Regen wie um sie herum. Und bis sie an der Suppenküche ankam, hatte tiefe Melancholie von ihr Besitz ergriffen. Er würde sich niemals dazu herablassen, sie anders zu betrachten denn als Feind. Und doch sehnte sie sich danach, ihn zu sehen, seine Stimme zu hören.
    Als er die Essensausgabe betrat, tat Elizabeth so, als sehe sie ihn nicht. Mit besonderer Freundlichkeit widmete sie sich den Wartenden. Und als er sich immer weiter in ihren Gesichtskreis bewegte, schaute sie überall hin – nur nicht zu ihm. Es war die einzige Möglichkeit, die sie hatte, um mit der Intensität der Gefühle umzugehen, die seine Anwesenheit in ihr auslöste.
    So wappnete sie sich gegen seine Blicke, gegen seine Gesten, gegen das, was er sagen würde und viel mehr noch gegen das, was er nicht sagen würde.
    Was sich allerdings in ihr Gesichtsfeld schob, beunruhigte sie zutiefst. Elizabeth sah einen schmutzigen Lappen, um einen Arm gewickelt, der beschmiert war mit einer Mischung aus Öl, Schmutz und – Blut! Intuitiv blickte sie auf. Jeffrey war ohne Zweifel bemüht, seine Schmerzen zu verbergen, doch gelang ihm die Maske aus amüsierter Überheblichkeit nur unzureichend.
    „Was ist passiert?“, eröffnete Elizabeth die Unterhaltung in knappem Ton.
    Er zuckte mit seinen breiten Schultern.
    „Ein Unfall in der Fabrik.“
    Ohne zu zögern, verließ Elizabeth ihren Platz. „Kommen Sie mit!“
    In einem der Hinterzimmer gab es Alkohol und Verbandsmaterial. Sie holte den Kasten und stellte ihn vor Jeffrey auf den Tisch. Ohne ein Wort zu verlieren, zerschnitt sie den schmutzigen Lappen und legte eine lange Schnittwunde frei. Ihr Magen, nicht an einen solchen Anblick gewöhnt, hob sich. Gleichzeitig spürte sie, dass Jeffrey die Luft anhielt, wobei sich seine Brust gegen ihren Arm drückte. Um sich zu fassen, musste sie für einen Moment die Augen schließen.
    „Das gefällt mir nicht“, sagte sie, hauptsächlich um die Anspannung loszuwerden, die sie erfasst hatte.
    „Na … dann passt es ja zum Rest!“, erwiderte Jeffrey und sein Gesicht versuchte ein Grinsen, das aber schief ausfiel. Dennoch führte es dazu, dass Elizabeth zum ersten Mal die Grübchen erkannte, die in seinen Wangen entstanden, wenn er lächelte, und die ihn noch attraktiver zu machen schienen. Elizabeth setzte den alkoholgetränkten Wattebausch so energisch auf die Wunde, dass Jeffrey die Luft scharf durch die Zähne zog.
    „Machen sie das immer, wenn jemand einen Witz macht?“, stieß er zischend hervor.
    „Nur, wenn es schlechte Witze sind!“
    Es war eine lange, tiefe Fleischwunde.
    „Ich bin kein Arzt, aber ich denke, das müsste genäht werden …“, sagte sie ruhig analysierend.
    „Verbinden sie es bitte.“
    Sie tat, was er verlangte, doch als sie fertig war, sah sie besorgt zu ihm auf. „Sie müssen damit zu einem Arzt!“
    „Danke für die Hilfe!“ Er tippte gegen den Rand seiner Mütze und wandte sich zum Gehen. Elizabeth, nicht gewöhnt, so stehen gelassen zu werden, folgte ihm, packte an der Tür seinen gesunden Arm und zog ihn herum.
    „Warum lehnen sie die Hilfe eines Arztes ab?“, herrschte sie ihn an. Und da waren sie wieder, seine eisblauen Blicke. Kalt, voll unterdrückten Zorns. Er riss sich los und stürmte wortlos davon. Ohne nachzudenken, rannte sie hinter ihm her.
    Erst auf der Straße, im strömenden Regen, erwischte sie Jeffrey.
    „Ich habe Sie etwas gefragt!“, zürnte sie.

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