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Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper

Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper

Titel: Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
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… weil sie nicht anschaffen konnte in dem Zustand. Sie hätte eher noch was geklaut gekriegt.“
    „Von dem bisschen Kram, den sie bei sich hatte? Ein paar Blechdosen und ein paar Stück Seife? Oder meinst du die Stofffetzen oder die alte Zahnbürste?“
    O’Malleys Kopf schwang hin und her. Der Schweiß floss stärker. Er atmete scharf aus.
    „Wenn du noch was willst … komme ich in die … Polizeistation. Morgen. Heute. Wann … Egal.“
    Und dann sah St. John das Blut. Es färbte O’Malleys Seite, während dieser an der Wand entlang zu Boden rutschte. Mit drei langen Schritten war er bei ihm, kniete sich neben den Dog und wollte zum Rufen ansetzen, als O’Malley seinen Ärmel packte.
    „Schscht … kein Wort! Schnauze! Verstanden?“
    St. John nickte zögerlich. Jeden einzelnen Buchstaben zwischen den Zähnen hindurchdrängend klammerte er sich an St. John und versuchte, auf die Füße zu kommen.
    „Hilf mir! Da rüber. Zu der Liege!“
    Und wahrhaftig. Im dunklen Eck links hinter den Kisten, halb verdeckt von weiterem Krempel, stand ein altes metallenes Bettgestell mit einer Decke und ein paar abgenutzten Kissen darauf. Mühsam bewegte O’Malley sich dorthin und legte sich darauf.
    „Ich hebe nur dein Hemd hoch, in Ordnung?“, sagte St. John und zog vorsichtig den Stoff aus dem Hosenbund. Sofort erkannte er die Stichwunde, aus der das Blut hervortrat und die umgebende Haut dunkelrot verfärbte.
    O’Malley zischte und verzog sein Gesicht.
    „Man muss die Wunde säubern und verbinden.“ Er fühlte sich hilflos. Hätte er normalerweise jetzt bei den Dogs nach heißem Wasser und Verbandmaterial gefragt, musste er feststellen, dass O’Malley offensichtlich um jeden Preis vermeiden wollte, dass jemand von seiner Verletzung erfuhr. Nie zuvor hatte er so intensiv das Gefühl gehabt, in einer fremden Welt gelandet zu sein. Einer Welt, in der andere Regeln galten, als in seiner eigenen. Und diese Regeln bedeuteten, dass er Gefahr lief, O’Malley zu verlieren. Und zwar für immer.
    „Hör zu … Ich weiß nicht, wie tief der Stich gegangen ist. Aber du brauchst einen Arzt.“
    Das bleiche Gesicht, in dem die Augen noch größer wirkten, sah ihn wutentbrannt an. „Nein! Eher verrecke ich. Da vorne …“ Er nickte mit dem Kopf in Richtung eines alten Nachtschränkchens. „Da drin ist Alkohol und Verbandsmaterial.“
    St. John atmete auf. So schnell er konnte, holte er die Sachen und breitete sie neben O’Malley aus. Dann rieb er mit einem alkoholgetränkten Lappen über die Wunde, was O’Malley offensichtlich große Schmerzen verursachte. Zügig drückte er etwas sauberen Mull auf die Öffnung und legte den Verband an.
    „Geht’s?“
    „Ja. Hab schon Schlimmeres überstanden. Aber … ich werde alt. Sonst hätte er mich nicht erwischt. Nicht der!“ Ein Grinsen überspannte O’Malleys Gesicht und er bekam etwas Burschikoses, das St. John irritierte. Gerade so, als existiere unter dem Blind Dog Anführer noch ein anderer O’Malley.
    Sie saßen eine Weile und schwiegen. Das hatte er bis jetzt mit niemandem getan. Dabei war es keine bedrückende Stille. Kein Schweigen, das danach schrie, durchbrochen zu werden. Es war Ruhe, im eigentlichen Sinn des Wortes und er genoss es. Sie sahen sich an, während um sie herum das Bandenleben zu toben schien.
    Wie viel Zeit vergangen war, vermochte St. John nicht zu sagen.
    „Ich brauche deine Antworten“, sagte er leise, als müsse es gesagt werden und solle doch die Stille nicht beschmutzen.
    „Ich weiß.“ O’Malley schaute zu dem Paravent. „Wie heißt du?“
    Jetzt sah er ihm wieder in die Augen.
    „Richard“, sagte St. John verhalten. „Gut … Kieran. Dann erwarte ich dich morgen im Präsidium. Dort nehme ich ein Protokoll auf. Damit alles seine Ordnung hat.“ Den Vornamen zu benutzen, gelang ihm noch nicht ohne Weiteres.
    Er stand auf und ging in Richtung der Trennwand.
    „Bei dir muss immer alles seine Ordnung haben, nicht wahr?“, sagte O’Malley hinter ihm. St. John drehte sich kurz um. Der Bann schien gebrochen. Die Luft ließ sich wieder atmen.
    „Ja. Denn wenn es keine Ordnung mehr gibt, geht alles zum Teufel.“ Damit verließ er das Lagerhaus.
    Wenn er davon ausgegangen war, auf die Straße treten und alles hinter sich lassen zu können, was er in der zurückliegenden Stunde erlebt hatte, sah er sich bitter getäuscht. Es regnete in Strömen und selbst, als er sich unterstellte, trieb der Wind die Tropfen in seinen Mantel. Er winkte

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