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Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper

Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper

Titel: Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
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Anführer der Blind Dogs zu begrüßen.
    „Dann werde ich auch meine Messer und die Schlagringe ablegen, bevor ich zum Tee schreite. Versprochen!“ Er hatte seiner Stimme einen bösartig süßlichen Klang verliehen, der nur schwerlich überdeckte, wie verletzt er sichoffensichtlich fühlte. St. John war dennoch wütend. Er verstand nicht, warum Kieran solche Spielchen mit ihm trieb. Wenn er wirklich etwas für ihn empfand – warum sagte er es dann nicht einfach?
    „Gut! Ja, ich stelle dich meinen Eltern vor.“ St. John sagte es, während er bereits in der Tür stand, die ihn zurückführen würde in die verderbte Welt der Dogs. Jener Welt, in die Kieran gehörte, die er beherrschte.
    In dieser Welt war Kieran ein König. Draußen, in St. Johns Welt, stand er mit einem Fuß auf dem Schafott.
    Jenseits des großen Eingangstors stand Walker. Groß, wuchtig. Das Gesicht ausdruckslos. Seine Blicke wanderten über St. John. Hin und her. Das Tor stand hinter seinem Rücken noch ein Stück weit offen, als es zu einer Kettenreaktion aus Blicken kam: Walker schaute dicht an St. Johns Kopf vorbei in die Räuberhöhle. St. John wiederum nahm diesen Blick auf und drehte sich halb um, um zu sehen, wem das Interesse seines Vorgesetzten galt. Und so schauten sie beide zu Kieran, der gerade den Knopf unterhalb seiner entblößten Brust schloss. Kalte Wut stieg in St. John hoch. Provokation. Der Bandenchef war die fleischgewordene Provokation. Im nächsten Moment fiel das Tor zu und die Kette aus Blicken wurde durchbrochen.
    Walker holte Luft und zischte: „Sie sind raus! Sie gottverdammter Vollidiot! Sie sind raus!“ Damit drehte er sich in einem schwungvollen Kreis um die eigene Achse und marschierte auf eine Kutsche zu, die im langsam nachlassenden Regen stand.
    St. John fasste sich und eilte ihm nach. Mit einem beherzten Sprung schaffte er es in die losfahrende Droschke.
    Und jetzt, da sie allein waren, ohne Zeugen, abgesehen vom Kutscher, tobte Walker los.
    „Sind Sie vollkommen irre, Mann? Ich habe meinen Arsch für Sie hingehalten! Wissen Sie, wie viele bei der Met scharf auf Ihren Skalp sind? Das schnöselige Adelsbürschlein … Arsch hinhalten …“, er stieß ein zynisches Lachen aus. „Das ist ein guter Ausdruck. Damit kennen Sie sich ja wohl aus.“
    Normalerweise hätte St. John jetzt „Ich verbitte mir das!“ hervorgestoßen. Doch Walker hatte recht und so schwieg er.
    „Wissen Sie, was mich am meisten ärgert? Nicht, dass Sie mich reingelegt haben, dass ich jetzt wie ein Trottel vor den Kollegen dastehe. Nein! Was mich am meisten stört, ist, dass ich einen der fähigsten Polizisten verliere, den ich je gesehen habe. Und das wegen eines kleinen Wichsers von der Straße. Einem Gauner, der schon heute Abend tot in der Gosse liegen kann. Auf den man nicht mal pissen würde, wenn er in Flammen stünde. Für so einen.“ Walker schlug mit der behandschuhten Faust gegen die Innenseite der Kutschentür.
    St. John blickte starr geradeaus, wie ein Offizier bei der Degradierung.
    „Sie haben Schneid. Instinkt. Verstand. Ruhe. Mit Ihnen hätte ich den Whitechapel-Mörder gekriegt. Aber Sie … Sie laufen zur anderen Seite über und ruinieren Ihren Ruf, bevor Sie ihn aufgebaut haben.“
    Jetzt begehrte St. John doch auf.
    „Ich bin nicht übergelaufen! Dass das ganz klar ist! Ich bin definitiv nicht übergelaufen!“
    Hatte Walker sich langsam abgeregt, so brachten ihn diese Sätze erneut in heftigste Rage.
    „Ach, nein? Und wie würden Sie die Tatsache bewerten, dass Sie mit einem der gefährlichsten Gangster Londons … ach, ja. Was soll’s … dass Sie mit ihm ins Bett gehen?“
    „Was soll das schon ausmachen? Es ist nur … Sex. Es ist rein körperlich“, sagte St. John und schämte sich für die Banalität seines Verrats.
    Walker zog seinen Hut ab und warf ihn in einer hilflosen Geste durch die Kutsche. „So dämlich sind Sie nicht. St. John … Sie sind erpressbar geworden und ich gebe Ihnen einen Rat: Verlassen Sie die Polizei. Verlassen Sie London. Bringen Sie so viele Meilen wie möglich zwischen sich und O’Malley. Ansonsten wird diese Geschichte Sie vernichten. Und den guten Namen Ihrer Familie gleich mit.“
    Sie fuhren schweigend durch London. Die Parade hatte sich aufgelöst, doch noch immer wurde an allen Ecken und in jedem Pub gefeiert. Die Menschen wanderten durch Parks, machten Picknick und genossen den freien Tag.
    St. John empfand zum ersten Mal, wie sehr er zwischen alle Fronten geraten

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