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Gefährlicher Sommer

Titel: Gefährlicher Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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darauf, dass er nicht in die Sonne geht. Und mach dir keine Sorgen!«
    Der Tierarzt war ein freundlicher älterer Mann, der natürlich keine Ahnung hatte, was hinter der ganzen Geschichte steckte. Er nickte Christopho noch einmal zu und trottete dann wieder den Gartenweg entlang, wobei er sich mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn wischte. Es war an diesem Tag noch heißer als jemals in den Wochen zuvor.
    Das Telefon klingelte, und Christopho rannte sofort ins Haus. Es war Brigitte. Und nun staunte Christopho genauso, wie Manuels Mutter vor wenigen Minuten gestaunt hatte.
    »Das gibt's ja nicht«, sagte er immer wieder.
    Brigitte war noch immer bemerkenswert ruhig. »Pass auf, Christopho, tu jetzt bitte Folgendes ...«
 

 
    Am Abend - es war jetzt sechs Uhr, wie sie auf ihren Armbanduhren feststellen konnten - durften die Gefangenen noch einmal ins Bad. Sie hatten den ganzen Tag über nichts zu essen und zu trinken bekommen, fühlten sich elend und erschöpft. Im Bad konnten sie wenigstens den schlimmsten Durst am Wasserhahn stillen. Aber das half ihnen nicht gegen ihre knurrenden Mägen.
    »Was haben Sie mit uns vor?«, fragte Chris den Mann, der ihn zum Bad begleitete. »Wollen Sie uns verhungern und verdursten lassen?«
    Im Gegensatz zu Carlo verstand dieser Mann kein Deutsch, und statt einer Antwort versetzte er Chris nur einen kräftigen Stoß, um ihm klarzumachen, er solle sich beeilen.
    Nachdem sie alle wieder im Zimmer waren, wurde von außen abgeschlossen. Schritte entfernten sich. Pat, die vom Weinen ganz verquollene Augen hatte, sprang auf, rannte zur Tür und hämmerte mit beiden Fäusten dagegen.
    »Aufmachen!«, schrie sie. »Sofort aufmachen! Ich will hier raus! Lasst uns sofort raus!« Sie brach erneut in Tränen aus. »Ich kann nicht mehr«, schluchzte sie. »Ich werde völlig verrückt. Tobi gibt keinen Laut mehr von sich. Er ist tot, ich weiß es. Sein Bellen heute Nacht klang so schwach. Ich bin ganz sicher, dass er tot ist. Und ich konnte ihm nicht helfen!«
    »Vielleicht ist er nach Hause gelaufen«, meinte Diane. »Das wäre doch möglich, Pat.«
    »In seinem Zustand! Das geht gar nicht!«
    »Sein Zustand hat sich vielleicht sehr gebessert. Du musst daran glauben, Pat. Du drehst ja sonst noch durch.«
    Pat ließ sich in einen Sessel sinken und bemühte sich verzweifelt, ihre Tränen zurückzudrängen. Die anderen sahen sich ratlos an. Sie machten sich ja selber die größten Sorgen. Kurz darauf näherten sich wieder Schritte der Tür. Sie wurde aufgesperrt, und Carlo erschien auf der Schwelle, plump, groß und hässlich. Seine dicke Unterlippe hing herunter, sein Mund stand leicht offen, und er sah etwas dümmlich aus. Aber das täuschte. Carlo war nicht dumm. Er war sogar sehr clever.
    »Wie geht es euch?«, fragte er.
    Sein Deutsch klang hart und fremd, war aber fehlerlos. Carlo war so viel in der Welt herumgekommen, dass er mehrere Sprachen so fließend sprach wie seine eigene.
    »Wir haben Hunger«, sagte Manuel trotzig. »Und Durst. Den ganzen Tag über hat uns kein Mensch irgendetwas gebracht!«
    »Das ist aber schlimm!«, erwiderte Carlo ironisch. »Wirklich, ihr solltet euch beschweren. In einem guten Hotel darf so etwas nicht passieren!«
    Keiner erwiderte etwas darauf.
    Carlo grinste. »Wir wollen euch nur ein bisschen darauf vorbereiten, was euch bevorsteht. An das Fasten muss man sich schließlich gewöhnen. Nicht wahr?«
    »Was haben Sie vor?«, fragte Angie alarmiert.
    »Ich bin gekommen, um auf Wiedersehen zu sagen, Kleine. Carlo verlässt euch!«
    Er merkte, dass es ein Fehler gewesen war, seinen Namen zu nennen. Sein Ton änderte sich. »Wir verschwinden heute Nacht«, brummte er. »Und ihr bleibt hier. Von alleine werdet ihr nicht herauskommen. Falls euch irgendwann einmal jemand findet, sind wir längst weit weg. Wahrscheinlich ist es allerdings, dass euch niemals jemand findet. In diesem Falle sehen wir uns erst dereinst in einer anderen Welt wieder!« Nun grinste er wieder. Solche Geschichten machten ihm Spaß.
    Die Freunde sahen ihn entsetzt an.
    »Sie können uns doch hier nicht einfach verhungern lassen!«, sagte Manuel. »Das ist ... das ist ja Mord!«
    »Bevor ihr verhungert, werdet ihr verdursten«, erklärte Carlo leichthin. »Ich verstehe, dass ihr das nicht besonders angenehm findet, aber ihr müsst auch mich verstehen. Ihr hättet uns ja nicht in die Quere zu kommen brauchen. Hat euch irgendjemand darum gebeten? Nein! Wer seine Nase in anderer Leute

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