Gefährlicher Verführer
Darius schwer. Auch ich wäre jetzt mit Sicherheit tot, vielleicht
sogar Desari. Wer weiß?«
»Cullen hat, wie er mir
erzählt hat, in San Francisco einen Vampir gesehen. Die Frau, die er heiraten
wollte, wurde von einem Untoten ermordet«, berichtete Tempest. Sie schloss ihre
freie Hand um Syndils, sodass alle drei Frauen miteinander verbunden waren.
»Könnte Darius noch immer seine Seele verlieren?« Ihre Stimme klang ängstlich.
»Nein, es sei denn, dir
geschieht etwas.« Wieder untersuchte Desari Tempests Fingerknöchel. »Wir
müssen diesen Kratzer säubern.«
»Was ist mit Kindern?
Könnten Darius und ich Kinder miteinander haben?« Tempests Stimme bebte.
Desari warf Syndil einen
beschwörenden Blick zu. »Das weiß ich nicht genau, Rusti«, antwortete sie dann
aufrichtig. »Julian hat mir von einer Frau erzählt, die das Kind einer
sterblichen Mutter und eines karpatianischen Vaters war. Sie wurde nicht in
unserem Volk erzogen und musste um ihr Überleben kämpfen. Es gab niemanden, der
sie liebte oder ihr die Dinge beibrachte, die sie wissen musste. Ihre Mutter
verübte Selbstmord, und ihr Vater verwandelte sich in einen Vampir.
Allerdings gelang es dieser Frau, zu überleben und irgendwann ihren Gefährten
zu finden.«
Erschöpft schloss Tempest
die Augen und rieb sich die pochenden Schläfen. »Wenn ich also bei Darius
bleibe - und ich scheine keine andere Wahl zu haben -, könnte es sein, dass ich
niemals Kinder bekommen kann. Und eigentlich hatte ich mir meine Zukunft ein
wenig anders vorgestellt.«
»Darius gibt sein Leben für
dich hin«, erklärte Syndil sanft. »Wenn die Sonne am Himmel steht, sind
Karpatianer sehr verwundbar. Selbst Darius. Während wir in der Erde ruhen,
kann uns niemand etwas anhaben, doch da er beschlossen hat, wie ein Sterblicher
zu schlafen, sucht er nicht mehr Schutz in der Erde. Falls die Vampirjäger sein
Versteck finden, könnten sie ihn mühelos töten. Mit der Zeit wird er ohne den
Schlaf des karpatianischen Volkes immer mehr von seinen Kräften einbüßen.«
»Wie kann ich da Abhilfe
schaffen? Ich möchte nicht, dass Darius auf den heilsamen Schlaf seines Volkes
verzichtet. Ich habe es nie von ihm verlangt. Ich könnte es nicht ertragen,
wenn ihm etwas zustoßen würde, weil er versucht hat, mich zu beschützen. Es ist
doch unsinnig, dass er seine eigenen Bedürfnisse vernachlässigt, weil er über
mich wacht.« Tempest konnte über nichts anderes nachdenken. »Hat es je eine
sterbliche Frau gegeben, die zur Gefährtin eines Karpatianers wurde? Ich bin
doch sicherlich nicht die einzige. Es muss jemanden geben, der weiß, was zu tun
ist. Ich kann es nicht zulassen, dass Darius sich in Gefahr bringt.« Der
Gedanke, ein Vampirjäger oder Attentäter könnte Darius überraschen und seine
Verwundbarkeit ausnutzen, war ihr unerträglich.
Desari drückte Tempests Hand
fester. »Julian erzählte mir, dass die Gefährtin seines Bruders eine Sterbliche
war.«
Abrupt zog Tempest ihre Hand
zurück, weil sie nicht wollte, dass Desari ihren beschleunigten Pulsschlag
spürte. Sie hatte in der Vergangenheitsform gesprochen. »Ist diese Frau tot?«
»Nein! Nicht doch, sie ist
jetzt eine von uns. Sie ist Karpatianerin.« Wieder warf Desari Syndil einen viel
sagenden Blick zu. Darius würde es ihnen nicht danken, wenn sie Tempest diese
Dinge erzählte.
Syndil schloss Tempest in
die Arme. »Ich werde dir jetzt eine Gemüsesuppe kochen. Du siehst sehr blass
aus.«
Gedankenverloren schüttelte
Tempest den Kopf. »Ich habe keinen Hunger. Danke, Syndil. Diese Frau ist jetzt
Karpatianerin? Was soll das bedeuten? Wie war das möglich?«
»Darius kann dafür sorgen,
dass du dich verwandelst«, gestand Desari zögernd. »Aber er sagt, er will
dieses Risiko niemals eingehen. Daher hat er sich entschlossen, mit dir als
Sterblicher zu leben, bis du stirbst. Dann wird er mit dir gehen.«
Tempest stand auf, wobei sie
die schläfrigen Leoparden erschreckte, und begann, nervös im Wohnmobil auf und
ab zu gehen. »Wie geht das vor sich? Wie würde er mich verwandeln?«
»Er muss drei Mal einen
Blutaustausch mit dir vollziehen. Und offensichtlich hat er es bereits ein Mal
getan, vielleicht sogar zwei Mal.« Desari beobachtete Tempest wachsam. Sie
befürchtete, ihr Informationen anvertraut zu haben, die Darius bislang bewusst
für sich behalten hatte. »Mein Bruder zieht diese Möglichkeit nicht einmal in
Erwägung. Es ist ihm zu gefährlich, da bisher erst einige wenige Frauen die
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