Gefährliches Begehren
gefesselt. Das Schnarchen des Hünen waren die vermeintlichen Hammerschläge des Schmieds. Stanton wünschte sich, er hätte etwas zum Werfen und freie Hände, mit denen er etwas werfen könnte.
»Dane!« Au! Das Krächzen seiner eigenen Stimme verursachte ihm einen stechenden Schmerz im Kopf. Er versuchte zu flüstern. »Dane!«
»Das hilft nichts.«
Stanton drehte seinen dröhnenden Schädel und erblickte Marcus an der rechten Wand, der ihn mit trüben Augen musterte. »Warum nicht?«
Marcus’ Lippen zuckten. »Er muss von dem Rauch mehr abbekommen haben als wir, denn ich rufe seit einer Viertelstunde seinen Namen und nichts ist passiert, außer dass Ihr aufgewacht seid.« Seine Stimme krächzte wie die von Stanton. »Ich kann gerade nicht besonders laut sprechen.«
Stanton schaute quer durch den Schuppen, wo Nate in seinen Fesseln hing. »Was ist mit Nate? Warum ist er noch nicht wieder aufgewacht?«
Nate rührte sich und öffnete die Augen. »Nate war als Erster wieder wach, danke sehr«, murmelte er. »Nate ist es verdammt leid, Euch zuzuhören, wie Ihr so laut schnarcht, dass die Decke gleich einstürzt. Mein Kopf hat nicht mehr so wehgetan, seit Willa mir mein Pferd unter dem Hintern weggeschossen hat.« Er schaute sich um. »Als ich damals erwachte, hatte ich aber eine verdammt viel bessere Aussicht.«
»Ooh! Äh!« Endlich beendete Dane den schrecklichen Lärm und schlug die Augen auf. Sofort machte er sie wieder zu. »Au!«
»Oh, dem Himmel sei Dank.« Marcus’ Stimme war vor Ernsthaftigkeit ganz schwach. »Endlich hat er aufgehört.«
»Still«, murmelte Dane und kniff die Augen fest zu. »Wer redet, stirbt.«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir ohnehin sterben werden, Dane«, sagte Nate und lachte rau. »Außerdem lässt sich keiner mehr von dir einschüchtern, der gesehen hat, wie du im Schlaf sabberst.«
Stanton zog die Knie an und versuchte seine Füße unter seinen Körper zu bekommen. Er war clever gefesselt – seine Hände waren zu weit oben, als dass er bequem sitzen konnte, aber zu tief, als dass er stehen konnte. Soweit er sah, waren die anderen in derselben Lage.
»Dane, habt Ihr genug Kraft, Eure Fesseln zu sprengen?«
Der Blonde starrte ihn aus einem geröteten Auge finster an. »Ich hasse Euch, Wyndham. Ich wollte nur sichergehen, dass Ihr es wisst.«
»Ja, schon gut. Versucht es trotzdem.«
Dane atmete tief ein und stemmte sich nach vorn. Dann stemmte er sich zu einer Seite. Danach zur anderen. Der Schuppen knarrte verheißungsvoll, aber der Pfosten gab nicht nach.
Stanton seufzte vernehmlich. »Was ist mit Euch, Marcus? Habt Ihr vielleicht einen Trick von den verrückten Zigeunern gelernt, die Ihr als Eure Dienstboten bezeichnet?«
Marcus verzog das Gesicht. »Man nennt sie ›Schausteller‹. Oder ›fahrendes Volk‹. Zigeuner sind etwas vollkommen anderes, und ich glaube, ich …«
Er zog die Füße an, dann krümmte er den Rücken, bis er in der Lage war, sie unter sich zu ziehen und auf seinen Fersen zu hocken. Daraufhin veranstaltete er eine Reihe unbequem aussehender Verrenkungen, die aber nichts einbrachten außer einem feuerroten Kopf und Atemnot. Irgendwann gab er auf und streckte die Beine wieder vor sich aus. »Tut mir leid, Jungs.«
Stanton sah Nathaniel an, der erwiderte seinen Blick.
»Ich nehme nicht an, dass Ihr ein paar von Forsythes Zauberstreichhölzern dabeihabt. Wenn wir die Seile abbrennen …«
Stanton schüttelte den Kopf. »Selbst wenn ich welche hätte, käme ich nicht dran. Auch glaube ich nicht, dass bei den ganzen Raketen über uns Feuer wirklich die richtige Wahl ist.«
Nathaniel runzelte die Stirn. »Und doch ist unser Freund das Risiko eingegangen, uns am Leben zu lassen. Ihr glaubt doch nicht, dass wir jetzt in Gefahr sind, oder?«
Stanton lehnte seinen hämmernden Kopf an den Pfosten und betrachtete die Decke des Schuppens. »Er hat ein
kleines Feuer direkt vor der Tür gemacht, das hauptsächlich aus Rauch bestand. Man konnte es wahrscheinlich schnell mit dem Fuß austreten. Was auch immer er da verbrannt hat, hat dafür gesorgt, dass wir sehr schnell das Bewusstsein verloren. Ich glaube nicht, dass je die Gefahr bestand, dass er die Hütte anzündet.« Er zog eine Grimasse. »Aber das bedeutet nicht, dass er nicht vorhat uns beim Verbrennen zuzusehen, wenn das Feuerwerk heute Abend gezündet wird.«
»Das ist aber nicht besonders wahrscheinlich, oder?«, spottete Marcus. »Vorher wird noch mal jemand hier vorbeikommen.
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