Gefährliches Begehren
fragte Antonia.
Alberta verzog das Gesicht. »Sie will, dass du ihre Röcke wieder säumst. Sie sagt, du kannst das besser.«
Alicia sah ihre Schwester an. »Warum lässt sie das nicht Pitt machen, wie immer?«
Antonia warf ihr einen gemeinen Blick zu. »Weil Pitt weg ist. Wie die anderen. Wir haben so gut wie keine Diener mehr.«
Alicia sah Alberta fragend an. Bertie zuckte zögerlich die Schultern. »Das stimmt. Aber es ist nicht deine Schuld, Licia.«
»Zum Teufel noch mal. Natürlich ist es das!« Antonia drückte sich von der Wand ab. »Wir waren immer arm, Alicia, aber nie mittellos. Wenn du auch nur eine mittelmäßige Partie gemacht hättest, dann hätte Papa bestimmt einen Kredit von der angeheirateten Verwandtschaft bekommen können, jedenfalls genug, um Sutherland noch ein bisschen länger am Laufen zu halten!«
Alicia richtete sich auf. »Ich habe Sutherland nicht in den Ruin getrieben, Antonia. Ich bin nicht schuld an Papas Kartenspiel oder Mamas Ausgaben. Und ein weiterer Kredit würde auch nur weitere Schulden bedeuten, denn das Geld wäre so schnell weg wie das zuvor.«
Antonia wurde rot. »Aber wir müssten nicht ein ganzes Jahr lang jeden Abend Hühnchen essen.«
Alicia hob kühl eine Augenbraue. »Ich hätte mich glücklich geschätzt, wenn ich in den letzten fünf Jahren öfter als einmal im Monat Hühnchen hätte essen können. Aber ich konnte mir kaum Brot leisten!«
Alberta warf sich zwischen sie. »Ach, hört doch auf damit. Ich hab keine Lust, jetzt ›Wer ist schlechter dran?‹ zu spielen!«
Alicia atmete aus. »Ich auch nicht.« Sie wurde gerade sowieso auf den falschen Menschen wütend. Ihre Schwestern saßen in einer schrecklichen Falle. Berties junger Mann würde warten, bis Antonia heiratete, und Antonias Beau würde warten, bis Bertie heiratete – ihre Schwestern würden ihr Leben mit Warten vergeuden.
Geld hatte die wundersame Eigenschaft, jegliche Art von
Familienschande wegzuwaschen, aber die Lawrences hatten kein Geld.
Bis jetzt.
Alicia wandte sich mit bettelndem Blick an die beiden Mädchen. »Ich weiß, dass es euch schwierig vorkommen muss, aber vertraut mir. Ich kann euch helfen. Ich brauche nur etwas Zeit.«
Zeit, um Wyndhams mysteriösen Lord zu finden. Zeit, um wenigstens einen Teil des Schadens wiedergutzumachen, den sie gestern noch so gerne verursachen wollte.
Zeit, um sicherzugehen, dass ihre Eltern in ihrer Verzweiflung nicht auch noch eine ihrer Schwestern ruinierten.
Stanton hatte an jenem Morgen wenig zu tun, außer auf den Prinzregenten zu warten und über seine Schwierigkeiten mit Lady Alicia zu brüten, also stationierte er sich an der Eingangstür des Herrenhauses, um so viel wie möglich über die anderen Gäste herauszufinden.
Stantons Bemühungen, bevor er London verlassen hatte, an die Gästeliste von Lord Cross’ Partys zu kommen, waren fehlgeschlagen. Die Liste war wohl eines der am besten gehüteten Geheimnisse der Londoner Gesellschaft. Offenbar versuchte jeder, der damit zu tun hatte, daran auch nichts zu ändern. Wie beruhigend musste es doch sein, dass nichts, was auf dem Anwesen von Lord Cross geschah, jemals nach außen drang.
Eine erstaunlich große Anzahl von Gästen hielt sich bereits in der Eingangshalle auf, hauptsächlich Damen und, nun ja, Frauen, die keine Damen waren. Stanton fühlte sich wie eine Krähe im Blumenbeet in seinem klassischen
Schwarz, während die Frauen ihn in ihren leuchtend bunten Vormittagskleidern umschwirrten.
Es war ein herrlicher Ort, um den neuesten Klatsch zu hören. Stanton hörte aufmerksam zu, selbst während er versuchte, sich den Anschein untätiger Langeweile zu geben.
Er konnte damit nicht besonders überzeugend gewesen sein, denn die Damen in seiner Nähe beäugten ihn misstrauisch und tuschelten leise.
Aber sie hielten ihn immer noch für weniger interessant als die Neuankömmlinge. Es sah ganz danach aus, als sei das hier die bei Weitem beliebteste Veranstaltung der frühen Wintersaison.
Lords, Spieler und einige Kirchenmänner kamen an ihnen vorbei, alle in Begleitung, und jeder neue Gast belebte den Klatsch. Stanton erfuhr mehr über die Sexualpraktiken der einzelnen Herren, als er jemals gewollt hätte, aber darüber hinaus kaum etwas.
Als sich die Eingangstür das nächste Mal öffnete, offenbarte sie die Silhouette einer riesigen, leicht barbarischen Gestalt, die Stanton ganz und gar vertraut war.
Verdammt noch mal! Was hatte Greenleigh hier zu suchen? Dane auf dem
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