Gefährliches Begehren
bezahlen.
Stantons einzige Reaktion war, dass er sich am anderen Ende des Ballsaals postierte, von wo er freie Sicht auf sie hatte.
Alicia beruhigte sich ein wenig, als sie Stanton sah. Er lehnte sich mit einer Schulter an eine Säule und verschränkte die Arme vor seinem breiten Brustkorb. Er hatte den Kopf gesenkt, sodass sie seine Augen im Schatten seiner schwarzen Maske nicht erkennen konnte, aber sie wusste, dass er sie beobachtete.
Das war auch gut so, denn der erste Gentleman taumelte bereits zu ihr hinauf und beugte sich über sie, wobei sein nicht unerheblicher Bauch sie recht unschön bedrängte.
So würde das nicht funktionieren. Sie klatschte laut in die Hände. »Knie nieder, Würstchen!«
Lachen brandete um sie herum auf. Natürlich fanden diese Lüstlinge die Situation einfach köstlich. Alicia fragte sich langsam, ob die Menge auch nur die geringste Scham kannte. Vielleicht hatten die Regeln der Gesellschaft doch etwas Gutes an sich.
Ihr Büßer blinzelte benebelt. Gütiger Himmel, der Abend hatte gerade erst begonnen! Dann ließ er sich unsicher auf ein Knie nieder. »Oh, Herrin der Luscht«, murmelte er. »Mein geheim … geheimschter Wunsch … isses …« Er schluckte schwer und beugte sich vor. »Darf ich Eure … Nippel sehen?«
Dem armen Tropf mangelte es offenbar an Phantasie. Alicia
beugte sich vor und atmete tief ein. Er fing fast an zu sabbern. »Aber Schätzchen«, seufzte sie. »Erinnert Ihr Euch denn nicht? Das habt Ihr bereits!«
Er blinzelte langsam. »Oh! Sind sie rosa?«
Alicia legte ihm die flache Hand mitten auf die Stirn. »Rosarot.« Und sie versetzte ihm einen heftigen Stoß.
Unter dem lauten höhnischen Gelächter seiner Kumpane stürzte er auf den Rücken, dann richtete er sich mit großer Mühe auf. Die Maske war auf seinem schwitzenden Gesicht verrutscht. Alicia fing Stantons Blick auf und schüttelte den Kopf. Der war es nicht.
Wenn sie gewusst hätte, was noch auf sie zukam, hätte Alicia die gewöhnliche Phantasterei des Betrunkenen weniger harsch beurteilt. Groß oder klein, dünn oder beleibt, gewaschen oder ungewaschen – jeder anwesende Mann kniete zu ihren Füßen nieder und füllte ihre Ohren mit seinen lustvollen Vorstellungen.
Alicia schaffte es nur, bei der ganzen Angelegenheit Ruhe zu bewahren, indem sie ihren Blick nicht von Wyndham nahm und sich ihn in jeder Rolle vorstellte.
Ihr Wissen vergrößerte sich mit jeder gemurmelten Beichte. Es gab viel mehr, was zwei – oder mehr! – Menschen miteinander tun konnten, als sie sich je vorgestellt hätte oder auch nur zu denken wagte.
Und doch kamen ihr selbst die abscheulichsten Praktiken eher … interessant vor, wenn sie sich vorstellte, wie Wyndhams perfekter muskulöser Körper diese Dinge mit ihrem tat.
Einige Männer waren Hunde.
Andere waren Wölfe.
Sie schaute ihn quer durch den Raum an und ließ ihren Gedanken freien Lauf, wählte einige der geschmackvolleren
Vorstellungen aus und spielte sie mit ihm durch. Der Ballsaal verschwamm, der bei jedem neuen Bekenntnis aufbrandende Beifall der Männer um sie herum wurde in ihren Ohren zu Meeresrauschen. Alle verschwanden, außer Wyndham.
Auf seinem Posten auf der anderen Seite des Saales konnte Stanton spüren, wie ihre Hitze durch den kalten marmornen Raum zu ihm drang wie ein Leuchtfeuer. Ihre Wangen waren gerötet und ihre Augen so grün wie ein dampfender Dschungel. Als sie ihn anschaute, ihren Blick über die Schultern der Männer, die ihr ins Ohr flüsterten, schweifen ließ, spürte er den Sog ihres Verlangens.
Als die Spitze ihrer Zunge vorschnellte und ihre Lippen befeuchtete, fürchtete er, laut aufstöhnen zu müssen. Sie war zu viel für ihn, zu viel für seine Selbstbeherrschung, zu hell für seine Düsternis.
Er hielt ihrem Blick nicht länger stand, ohne an ihre Seite zu eilen und sie von den unersättlichen Lüstlingen, die sie umgaben, wegzutragen. Er schaute weg und konzentrierte sich auf seine Atmung.
Alicias Blick war von Lust überzogen. Ihre Gedanken kreisten nur um ihn.
Wyndham, wie er sie dort streichelte. Wyndham, der seinen Mund dorthin führte. Wyndhams Lippen überall auf ihrem Körper.
Wyndham, erschöpft und vor Schweiß glänzend, an allen vieren gefesselt, während sie …
Dann hörte sie es – dieses besondere Timbre, diese Gewohnheit, die weicheren Konsonanten zu verschlucken. Der mysteriöse Lord flüsterte in ihr Ohr.
Sie schaute zu ihm auf, als er sich aufrichtete, und sah ihm in die Augen. Hinter
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