Gefährliches Doppel - Duisburg-Krimi
er und reichte ihr den zweiten Blumenstrauß.«
»Am besten stelle ich sie gleich ins Wasser«, bemerkte Frau Gerhardt und verließ eilig den Raum.
Eine Entwicklung, die Pielkötter überhaupt nicht gefiel. Offensichtlich hatte sie nicht die Absicht, ihm etwas anzubieten und seinen Aufenthalt in diesem Haus zu verlängern. Oder war sie dazu nicht befugt?
»Wie ich sehe, haben Sie sich wieder etwas erholt«, riss ihn Frau Martini aus dieser Überlegung.
»Dafür scheint es Ihnen heute nicht so gut zu gehen.«
»Heute?«, entgegnete sie mit einer gewissen Resignation in der Stimme. »Früher ging es mir jedenfalls besser.«
Sie betonte früher , als sei diese Zeit ein halbes Leben her. Dabei war sie doch noch gar nicht so alt. Aus Erfahrung wusste er jedoch, dass einschneidende Erlebnisse oft auch in jungen Leben schlimme Veränderungen auslösten. Er konnte sich gut vorstellen, dass etwas passiert sein musste, was ihr Kraft, Lebendigkeit und vielleicht sogar die Lust am Leben geraubt hatte. Jedenfalls benahm sich Vanessa Martini nicht wie eine Frau in den besten Jahren.
»Sie sind noch viel zu jung, um von früher zu reden«, versuchte Pielkötter, sie etwas aus der Reserve zu locken, doch sie hatte keine Gelegenheit, darauf einzugehen. Aus der Diele drangen aufgeregte Stimmen. Sie lauschte ihnen angestrengt. Fast besorgt, vielleicht sogar ängstlich?, fragte sich der Kriminalist Pielkötter. Auf jeden Fall wirkte sie auf ihn sehr unsicher.
Plötzlich stürmte ein Mann ins Zimmer, jedenfalls schritt er trotz eines leichten Gehfehlers ungewöhnlich schnell durch den Raum. Noch ehe Pielkötter sich vorstellen konnte, baute er sich vor Vanessa Martini auf, die Hände in die Taille gestützt. »Du gehörst ist Bett«, sagte er laut. »Der Arzt hat angeordnet, dass du dich schonen musst.«
Bedauernd zuckte sie die Achseln und erhob sich langsam.
»Soll ich dir helfen?« Die Frage mochte gut gemeint sein, doch für Pielkötters Empfinden schien wenig Besorgnis in seiner Stimme zu liegen.
Vanessa Martini schüttelte nur den Kopf, nickte Pielkötter kurz zu und verschwand wieder in der oberen Etage.
Der Mann schaute ihr kopfschüttelnd hinterher, dann wandte er sich an Pielkötter: »Was machen Sie eigentlich hier?« Seine Stimme klang barsch.
»Ich wollte mich nur für die Hilfe bedanken«, erwiderte Pielkötter betont ruhig. »Gestern hatte ich am See mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, und da hat mich Frau Gerhardt netterweise hereingebeten.« Plötzlich stand die Haushälterin mit bleichem Gesicht im Türrahmen.
»Dann lassen Sie uns aus Dankbarkeit demnächst in Ruhe«, unterbrach ihn der Hausherr.
Für einen Moment verschlug es Pielkötter die Sprache.
»Führen Sie den Mann hinaus«, befahl Herr Martini, ehe Pielkötter eine Erwiderung gefunden hatte.
Pielkötter überlegte kurz, ob er ihm noch kurz seinen Dienst ausweis unter die Nase halten sollte, entschied sich dann aber dagegen. Ohne ein weiteres Wort ließ er sich von Frau Gerhardt hinausbegleiten. Dabei wirkte sie sehr unglücklich, und er verspürte den Wunsch sie zu trösten. Doch ehe er sich die richtigen Worte zurechtgelegt hatte, verschwand sie im Haus.
Aufgewühlt lief Pielkötter zu seinem Wagen. Eine seltsame Stimmung herrscht in dieser Villa, überlegte er, während er eine Weile regungslos hinter dem Steuer saß. Offensichtlich hatte er soeben Herrn Martini kennengelernt, daran gab es für ihn kaum einen Zweifel. Allerdings auf sehr unschöne Weise. Warum nur hatte Vanessas bessere Hälfte so aufgebracht reagiert? War er leicht erregbar und cholerisch oder handelte er einfach aus berechtigter Sorge um seine kranke Frau?
Pielkötter konnte nicht sagen, wie lange er hinter dem Lenkrad gegrübelt hatte, als er plötzlich Frau Gerhardt bemerkte. Mit gesenktem Kopf lief sie in knapp hundert Metern Entfernung den Gehweg entlang. Sie erregte sein Mitleid, gleichzeitig freute er sich, endlich mit ihr unter vier Augen reden zu können. Eilig ließ er den Motor an. Als der Wagen mit ihr auf einer Höhe war, stoppte er und kurbelte das Fenster hinunter.
»Kann ich Sie irgendwo absetzen?«, fragte er fürsorglich.
»Lassen Sie mich bitte in Ruhe!«, rief Frau Gerhardt wütend. »Können Sie sich eigentlich vorstellen, was Sie mir eingebrockt haben!«
Während sie aus seiner Reichweite zu entkommen versuchte, stoppte er den Wagen und stieg aus. Auf keinen Fall konnte er den Vorwurf auf sich beruhen lassen. Er musste unbedingt erfahren,
Weitere Kostenlose Bücher