Gefährliches Doppel - Duisburg-Krimi
andere Menschen doch viel zu gleichgültig, um auch nur einen Streit zu beginnen«, schaltete sich nun Ella ein.
»Im Übrigen besitze ich ein Alibi. Bis Samstag hatte ich geschäftlich in Bayern zu tun. Ab Montag sollte es dann in Wien losgehen. Deshalb hat sich die Rückfahrt nicht gelohnt und ich bin gleich von dort aus nach Wien weiter. Zur Unfallzeit saß ich wahrscheinlich gerade beim Frühstück. Wollen Sie den Hotelnamen wissen? Ich glaube, Hotel Maria Theresia. Natürlich kann ich nachsehen.«
»Nun mal langsam«, erwiderte Barnowski. »Erst einmal möchte ich von Ihnen nur wissen, wann Sie Ihren Bruder zum letzten Mal gesehen haben.«
»Also normalerweise sehe ich ihn höchstens alle paar Monate, meistens bei unserer Mutter«, antwortete Heitkämper. »In der letzten Woche jedoch war ich zufällig bei ihm. Es ging um einen Termin im Seniorenheim. Heribert sollte mich da vertreten. Ei gentlich wollte ich ihn anrufen, aber er ging nicht ran. Deshalb bin ich zu ihm gefahren.«
»Wieso? Er hätte doch nicht zu Hause sein können.«
»Da kennen Sie meinen Schwager schlecht. Zu bestimmten Zeiten war der immer zu Hause«, mischte sich Ella wieder ein.
»Und, war er das?«
»Erstmal hat er auf mein Klingeln nicht reagiert, was schon sehr ungewöhnlich war. Dann habe ich festgestellt, dass im Wohnzimmer Licht brannte. Ich hab mir richtig Sorgen gemacht. Schließlich habe ich die Tür einfach aufgeschlossen.«
»Hatten Sie denn einen Schlüssel?«, fragte Barnowski erstaunt. »Ich denke, Sie hatten kein besonders inniges Verhältnis.«
»Damit liegen Sie durchaus richtig. Den Schlüssel hat er auch nicht ganz freiwillig herausgerückt. Meine Mutter hat ihm immer wieder in den Ohren gelegen. Zumindest seit er unter Bluthochdruck litt. Sie wusste ja, dass er sonst keine Bekannten hatte.«
»Wie hat denn Ihr Bruder auf Ihr Eindringen reagiert?«
»Fragen Sie lieber, wie ich reagiert habe«, erwiderte Horst Heit kämper und schüttelte verständnislos mit dem Kopf. »Mein Gesicht hätten Sie sehen sollen. Hab wohl ganz schön blöd aus der Wäsche geguckt. Da sitzt Heribert auf dem Sofa und stiert vor sich hin. Total besoffen. Die Literflasche Wein auf dem Tisch ist leer. Stellen Sie sich das vor. Der hat doch sonst nie getrunken.«
»Also war der wohl doch nicht so berechenbar.«
»Bis zu diesem Tag schon. Ich glaube, es war das erste Mal, dass mein Bruder mich in Erstaunen versetzt hat. Unabhängig davon, dass ich sein Verhalten allgemein nie ganz nachvollziehen konnte.«
»Was hat er denn zu Ihnen gesagt?«
»Zuerst hat der mich überhaupt nicht bemerkt. Hat nur irgend was vor sich hin gemurmelt. Hörte sich an wie: Ich muss es ihr sagen . Und das immer wieder.«
»Wissen Sie, wen er damit gemeint haben könnte?«, fragte Barnowski, während er eilig einen Notizblock aus der Tasche zog. Der Fall schien für ihn nun doch eine unerwartete Richtung zu nehmen.
»Keine Ahnung«, antwortete Heitkämper. »Als Heribert mich bemerkte, hat er auch sofort mit dem Gemurmel aufgehört. Der hat sich nicht einmal groß aufgeregt, war einfach zu betrunken. Ich hab ihn quasi ins Bett geschickt wie ein kleines Kind. Am nächs ten Tag habe ich ihn dann angerufen, aber da hat er sich wie immer verhalten. Hat mir sogar versprochen, den Termin wahrzunehmen, aber dazu ist es dann ja nicht mehr gekommen.« Zum ersten Mal im Verlaufe des Gesprächs zeigte Horst Heitkämpers Miene so etwas wie Trauer.
»Nach der Beerdigung kommen Sie bitte noch einmal aufs Präsidium«, erklärte Barnowski und erhob sich. »Sie müssen Ihre Aussage noch unterschreiben.«
Aufgewühlt verließ er wenig später das Haus. Das sonderbare Verhalten des Opfers wenige Tage vor seinem Tod warf ein ganz neues Licht auf den Unfall, zumindest für ihn. Sollte Pielkötter, dieser alte Fuchs, mit seinem Riecher mal wieder Recht behalten? Obwohl ihn selbst der Obduktionsbericht nicht wirklich von einem Mord überzeugt hatte, nahm er sich vor, dem Fall Heitkämper fortan eine ganz neue Priorität einzuräumen.
19
Während Kommissar Pielköt ter vor der Wohnung von Frau Ger hardt wartete, fühlte er sich für einen Moment seltsam unsicher. So hatte er sich nicht mehr gefühlt, seit er die Jugendjahre hinter sich gelassen hatte. Trotzdem gefiel ihm der Vorstoß, sich in ihrer Wohnung zu treffen, ziemlich gut. Es gab ja auch einen offiziellen Grund für seinen Besuch, der mit seinem Beruf zu tun hatte. Das war sein Terrain, das würde ihm Sicherheit geben,
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