Gefährliches Geheimnis
klopfte einmal dagegen und stieß sie auf. Monk stand direkt hinter ihm.
Der Raum war sehr männlich, ganz mit Holz vertäfelt und in dunklen Farben gehalten, aber er war außer-
ordentlich schön. Für mehr als einen flüchtigen Eindruck reichte die Zeit nicht. Fuller Pendreigh lag auf dem Bett, das Gesicht grau, die Augen bereits eingesunken. Er drückte ein zusammengefaltetes Handtuch an seinen Hals, aber scharlachrotes Blut sickerte durch, und der Fleck wurde größer.
Hester machte einen Schritt auf ihn zu und blieb dann stehen. Sie hatte zu viele Menschen sterben sehen, um den Tod nicht zu erkennen. Pendreigh besaß mehr Durchhalte- vermögen als die meisten Männer, sonst hätte er es überhaupt nicht bis hierher geschafft. Sie konnte bei aller Barmherzigkeit nichts für ihn tun, außer seine Qualen zu verlängern.
»Sie hat Sie in der Nacht, in der Elissa umgebracht wurde, in der Swinton Street gesehen, nicht wahr?«, fragte Monk leise. »Damals wusste sie nicht, wer Sie sind, aber bei Gericht hat sie Sie wiedererkannt, und als Sie sahen, dass sie Sie anschaute, wussten Sie es! Sie konnten es an ihrer Miene sehen, und es hätte nicht mehr lange gedauert, bis sie es jemandem erzählt hätte. Was hatten Sie vor? Sollte es wie ein Unfall aussehen? Noch eine Spielerin, die sich um den Verstand gespielt hat? Aber sie ist nicht tot. Wir haben sie rechtzeitig gefunden.«
»Warum haben Sie Elissa umgebracht, Sir?«, fragte
Runcorn in die Stille hinein. »Ihr eigen Fleisch und Blut!« Sehr langsam, als hätte er kaum die Kraft, es hoch-
zuheben, ließ Pendreigh das Handtuch los und schlug sich
eine Hand vor das Gesicht, wie um sich aus einem Albtraum zu wecken. »Um Gottes willen, Mann, ich wollte sie nicht umbringen!«, sagte er flüsternd. »Sie stürzte sich auf mich, schlug mich mit den Fäusten, krallte sich in mein Gesicht und schrie. Ich wollte sie mir nur vom Leib halten, aber sie hörte nicht auf.« Er rang nach Atem. »Ich wollte ihr nichts tun. Ich legte ihr die Hände auf die Schultern und
schob sie weg, aber sie machte immer weiter. Sie hörte nicht auf mich.« Er hielt inne, sein Gesicht war mit Entsetzen erfüllt, als hätte sich eine Hölle vor ihm aufgetan und er müsste alles noch einmal durchleben, jedes Mal mit dem gleichen, unentrinnbaren Ende, das jetzt umso schlimmer war, weil er wusste, dass es kam.
»Ich trat einen Schritt zurück, und sie stürzte nach vorne und glitt aus. Ich versuchte, sie aufzufangen, da rutschten ihr die Füße weg. Sie drehte sich, und ich bekam ihren Kopf zu fassen. Ich konnte sie nicht halten. Ich dachte, ich könnte ihr Gewicht auffangen … ich … ich habe ihr den Hals gebrochen, als sie zur Seite glitt …«
Hester machte in dem Krug auf dem Tisch neben dem Bett einen Zipfel des Lakens nass und berührte Pendreighs Lippen damit.
»Warum ist sie auf Sie losgegangen?«, fragte Monk.
»Was?« Pendreigh starrte ihn an.
»Warum ist Elissa auf Sie losgegangen?«, wiederholte
Monk.
»Und warum waren Sie überhaupt dort?«
Runcorn sah Hester an, die Augen fragend aufgerissen.
»Warum waren Sie dort?«, fragte Monk noch einmal.
»Ich hatte eine Verabredung mit Allardyce«, sagte Pendreigh heiser. »Ich wollte ihm einen Abschlag auf das Bild zahlen. Ich wusste, dass er es brauchte. Aber ich wurde aufgehalten. Ich war zu spät.« Er keuchte und schwieg einen Augenblick.
Hester beugte sich vor, sah Monk an und schüttelte kaum merklich den Kopf.
Sekunden tickten vorbei. Pendreigh schlug noch einmal die Augen auf. »Er war es überdrüssig geworden, auf mich zu warten, und wütend, und er war ausgegangen. Aber ich
wollte ihn nicht bezahlen, bevor ich nicht einen Blick auf das Bild geworfen hatte.«
Seine Stimme wurde zu einem Flüstern. Der scharlachrote Fleck sickerte durch die Handtücher. Sein Gesicht war grau. »Es war wunderschön!«
Runcorn runzelte die Stirn. »Und warum schlug
Mrs. Beck nach Ihnen?«
Pendreighs Gesicht war eine Maske des Grauens. »Als ich dort ankam, machte dieses Modell mir die Tür auf. Sie war allein, halb angezogen. Sie schwankte, weil sie betrunken war. Sie fiel um, und ihr Bademantel verrutschte, so dass sie halb nackt war. Ich versuchte, ihr aufzuhelfen. Die … die Frau tat mir Leid.«
Er unterbrach sich, und Hester benetzte ihm noch einmal die Lippen.
»Sie war schwer und rutschte mir immer wieder weg«, fuhr er fort, entschlossen, jetzt zu reden. »Ich hielt sie in den Armen, als Elissa hereinkam. Sie missverstand
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