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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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unterhalten.«
    Monk unterdrückte ein winziges Lächeln. Runcorn hielt immer noch an dem Glauben fest, dass es stets etwas Verborgenes gab und dass Monk das finden würde, was er nicht gefunden hatte. Das war nämlich in der Vergangenheit so oft geschehen, dass es sich wie ein Muster durch ihr Leben zog.
    Mrs. Becks Kleider waren von guter Qualität, das spürte er an dem Stoff unter seinen Fingern – die Unterwäsche war aus feinem Batist, obwohl die Sachen so oft gewaschen worden waren, dass sie stellenweise fast bis auf den Faden dünn geworden waren. Das Kleid war aus Wolle, aber die leichte Abnutzung an den Säumen des Mieders verriet, dass es mehrere Jahre getragen und mindestens einmal geändert worden war. Die Stiefel waren aus erstklassigem Leder und schön geschnitten, aber der Schuster hatte sie immer wieder besohlt und mit neuen Absätzen versehen. Auch das Oberleder war inzwischen abgestoßen, und es hatte sehr viel Schuhcreme gebraucht, um es geschmeidig zu machen. Armut oder Sparsamkeit? Oder war Kristian nicht so wohlhabend, wie
    Monk glaubte?
    Er griff nach dem dünnen goldenen Ehering und einem feinen Ohrring, der aus Gold oder auch unecht sein konnte. Er war hübsch, aber nicht teuer. Monk blickte Runcorn ins Gesicht und versuchte einzuschätzen, was dieser davon hielt. In seinen Augen war Verwirrung zu lesen.
    »Und?«, fragte Runcorn.
    Monk legte die Kleider zusammen und machte den
    Karton zu, ohne ihm zu antworten.
    »Ich nehme an, Sie wollen das Atelier sehen?« Runcorn schürzte die Lippen.
    »Was halten Sie von Allardyce?«, fragte Monk und folgte ihm nach draußen. Sie bedankten sich bei dem Arzt und traten hinaus auf die Straße. Diesmal hielt Runcorn einen Hansom an und nannte dem Kutscher die Adresse in der Acton Street.
    »Schwer zu sagen«, antwortete Runcorn schließlich, als sie sich ruckelnd in den Verkehr einreihten. »Ziemliches Durcheinander.«
    Monk ließ es dabei bewenden. Als sie in die Acton Street kamen, ließ das Licht allmählich nach. Es war ein annehmbar großes Haus, im Erdgeschoss war ein Juwelier, der gegenwärtig geschäftlich unterwegs war, und im ersten Stock ein Putzmacher.
    Der Putzmacher wiederholte Monk gegenüber genau das, was er auch Runcorn erzählt hatte: Es hatte einen lauten Schrei gegeben, eine Frauenstimme, gegen halb zehn.
    »War es ein gellender Schrei?«, fragte Monk. »Weinen? Angst? Oder Schmerz?«
    Der Mann verzog nachdenklich das Gesicht. »Um ehrlich zu sein, klang es eher wie Lachen«, antwortete er.
    »Deshalb dachte ich mir ja auch nichts dabei.«
    »Kann ihn nicht davon abbringen«, sagte Runcorn verärgert. »Hab Leute in der Straße. Vielleicht fördern sie was zu Tage.«
    Auf dem Treppenabsatz vor der Tür zum Atelier tat ein Constable Dienst. Runcorn grüßte ihn flüchtig und betrat mit Monk auf den Fersen das Atelier.
    »Hier«, sagte Runcorn zu Monk, blieb mitten im Raum stehen und sah sich um. Auf dem Boden lagen drei gewebte Teppiche in unterschiedlichen Farben, sie stießen mit den Kanten aneinander. Fenster führten über die Dächer, doch selbst um diese späte Stunde kam das meiste Licht durch die Dachfenster im Norden und Süden. Es war nachvollziehbar, warum ein Künstler das fast schattenlose klare Licht im Raum schätzte. In einer Ecke stand eine Staffelei, am anderen Ende eine Couch, und in einer dritten Ecke fand sich eine Ansammlung von Stühlen und anderen Requisiten. Eine zweite Tür führte zu den übrigen Räumen.
    »Mrs. Beck lag hier, als sie gefunden wurde.« Runcorn zeigte auf den Boden direkt vor Monk. »Und Sarah Mackeson dort, wo die beiden Teppiche zusammenstoßen. Da, wo sie gestürzt ist, waren sie ein bisschen zur Seite gerutscht.« Er zeigte auf eine andere Stelle ein paar Schritte näher an der Eingangstür.
    »Sieht aus, als hätte entweder jemand gerade Sarah Mackeson umgebracht, und Mrs. Beck kam von der Straße herein und sah alles, so dass er sie tötete, bevor sie fliehen konnte«, bemerkte Monk, »oder jemand brachte Mrs. Beck um, ohne zu wissen, dass das Modell in der Wohnung war, und sie störte ihn und wurde als Dank dafür ebenfalls umgebracht.«
    »Irgendwas in der Art«, meinte Runcorn zustimmend.
    »Aber bisher gibt es noch keinen Hinweis darauf, wie es ablief. Vielleicht war es auch ein Dreiecksstreit zwischen
    Allardyce und den beiden Frauen, der außer Kontrolle geriet, und dann musste er die zweite Frau wegen der ersten auch töten.«
    »Sie haben wirklich nichts gefunden?«, hakte

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