Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
Pendreighs Geld nehmen würden, wenn das Bild fertig wäre?«
    »Natürlich! Ich muss essen … und die Miete bezahlen!«
    »Und Beerdigung in Blau, würden Sie das verkaufen?«
    »Nein! Das habe ich Ihnen doch gesagt.« Sein Gesicht wurde spitz, und die Aggression darin verflüchtigte sich.
    »Ich würde es nicht verkaufen!« Er hatte nicht das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen. Er trauerte, und es scherte ihn nicht, ob Monk ihn verstand oder nicht.
    »Wie viele Bilder haben Sie von ihr gemalt?«, fragte Monk und beobachtete den Zorn und den Kummer im Gesicht seines Gegenübers.
    »Elissa? Fünf oder sechs. Einige waren nur Skizzen.« Er blickte wieder auf Monk und kniff die Augen zusammen.
    »Warum? Was spielt das jetzt für eine Rolle? Wenn Sie glauben, ich hätte sie umgebracht, sind Sie ein Narr. Kein Künstler zerstört die Quelle seiner Inspiration.« Er machte sich nicht die Mühe, das zu erklären, entweder weil er fand, dass Monk es sowieso nicht verstehen würde, oder weil es ihm schlichtweg egal war.
    Monk blickte zu Runcorn hinüber und entnahm dessen Gesichtsausdruck, dass er zu begreifen versuchte. Er tappte in einer ihm unbekannten Welt herum und fürchtete sich sogar davor, den Weg zu gehen. Das hier unterschied sich vollkommen von dem Leben, das er gewöhnt war. Es war eine Beleidigung seiner strengen Erziehung und der Regeln, die man ihm beigebracht hatte. Die Sittenlosigkeit verwirrte ihn, und doch begriff er allmählich, dass es auch in dieser Welt so etwas wie Maßstäbe, Leidenschaften, Verletzlichkeiten und Träume gab.
    In dem Augenblick, in dem er sich Monks prüfendem Blick bewusst wurde, erstarrte er und machte ein möglichst ausdrucksloses Gesicht. »Irgendwas erfahren?«, fragte er barsch.
    »Möglicherweise«, meinte Monk. Er zog seine
    Taschenuhr hervor. Es war fast sieben Uhr.
    »Eilig?«, fragte Runcorn.
    »Ich habe gerade an Dr. Beck gedacht.« Monk steckte die Uhr zurück in die Tasche.
    »Morgen«, sagte Runcorn. Dann wandte er sich an Allardyce. »Es wäre eine gute Idee, Sir, wenn Sie uns ein bisschen genauer sagen könnten, wo Sie letzte Nacht waren. Sie sagten, Sie hätten das Haus etwa gegen halb fünf in Richtung Southwark verlassen und wären nicht vor zehn Uhr heute Morgen nach Hause gekommen. Machen Sie eine Liste von allen Orten, an denen Sie waren, und von den Leuten, die Sie dort gesehen haben.«
    Allardyce schwieg.
    »Mr. Allardyce«, lenkte Monk dessen Aufmerksamkeit auf sich, »wenn Sie um halb fünf weggingen, können Sie Mrs. Beck nicht für eine Porträtsitzung erwartet haben.«
    Allardyce runzelte die Stirn. »Nein …«
    »Wissen Sie, warum sie hier war?« Er zwinkerte. »Nein.«
    »Kam sie oft unangemeldet?«
    Allardyce fuhr sich mit den Händen durch sein schwarzes Haar und richtete den Blick in die Ferne.
    »Manchmal. Sie wusste, dass ich sie gerne malte. Wenn
    Sie wissen wollen, ob jemand wusste, dass sie hierher kam
    – das weiß ich nicht.«
    »Hatten Sie vorgehabt, auszugehen, oder geschah es aus einer spontanen Eingebung heraus?«
    »Ich mache selten Pläne, außer bei Sitzungen.« Allardyce erhob sich. »Ich habe keine Ahnung, wer sie und Sarah umgebracht hat. Wenn dem so wäre, würde ich es Ihnen sagen. Ich weiß überhaupt nichts. Ich habe zwei der schönsten Frauen verloren, die ich je gemalt habe, zwei Freundinnen. Verschwinden Sie und lassen Sie mich in Ruhe mit meiner Trauer, Sie verdammte Unmenschen!«
    Sie würden kaum noch etwas erreichen, wenn sie blieben, und so folgte Monk Runcorn nach draußen. Monk war verblüfft, wie dunkel es war. Es war nicht nur ein früher Herbstabend, Nebel hüllte die Gaslampen in gelbes Licht und verbarg alles, was weiter weg war als zehn oder fünfzehn Meter. Er roch beißend, und innerhalb weniger Augenblicke begann Monk zu husten.
    »Und?«, fragte Runcorn und sah ihn forschend von der
    Seite an.
    Monk wusste, was Runcorn dachte. Er wollte eine
    Lösung, und zwar so schnell wie möglich; er brauchte eine Lösung, aber die Befriedigung, dass Monk nicht mehr herausgefunden hatte als er selbst, konnte er dennoch nicht verbergen.
    »Dachte ich mir doch«, sagte er trocken. »Sie würden gerne behaupten, er wäre es gewesen, aber das können Sie nicht, nicht wahr?« Er schob die Hände in die Taschen, doch als ihm bewusst wurde, dass er damit die Hose ausbeulte, zog er sie schnell wieder heraus.
    Aus der Dunkelheit vor ihnen tauchte ein Hansom auf, die Hufschläge gedämpft in der stillen Luft.
    Monk hob den Arm,

Weitere Kostenlose Bücher