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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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was das bedeuten konnte, aber das musste er auch nicht. Der Verdacht stand wie ein drittes Wesen, ein dunkler Schatten mitten im Raum.

5
    Monk war zutiefst beunruhigt über das, was Hester ihm erzählt hatte. Er machte sich früh auf den Weg, ging mit gesenktem Kopf durch die nebligen Straßen. Wenn es stimmte, dann hatte Kristian ein sehr viel stärkeres und drängenderes Motiv, Elissa umzubringen, als ihnen allen klar gewesen war.
    Monk konnte sich durchaus vorstellen, dass Panik und Verzweiflung einen Menschen dazu trieben, an Mord zu denken, wenn er über die Armut hinaus in den Ruin getrieben wurde – wenn ihm der Verlust seines Hauses, seines guten Rufes und seiner Ehre drohte, womöglich sogar der Schuldturm, falls es ihm nicht gelang, die Schulden zu begleichen.
    Das Queen’s Prison war immer noch ausschließlich für Schuldner gedacht, aber allzu oft wurden sie auch mit allen anderen zusammengeworfen – mit Dieben, Fälschern, Betrügern, Brandstiftern und Mördern. Sie blieben dort, bis sie ihre Schulden bezahlt hatten, und waren selbst in Bezug auf Nahrungsmittel abhängig von Hilfe von draußen und von der Gnade Gottes, dass er ihnen Schutz gewährte vor Kälte, Läusen, Krankheiten und der Gewalttätigkeit ihrer Mitgefangenen, ganz abgesehen von den inneren Qualen der Verzweiflung.
    Kristian war früher schon mit Ungerechtigkeit konfrontiert gewesen und hatte dagegen gekämpft, aber damals hatte er nicht allein gestanden. Halb Europa hatte sich gegen die Unterdrückung erhoben, aber vielleicht lag die Erinnerung daran so tief in ihm verborgen, dass er glaubte, Gewalt wäre auch diesmal die Lösung. Er konnte instinktiv, und weniger aus Vernunftgründen, gehandelt
    haben, und dann, als es zu spät war, kehrten der Verstand und die Reue zurück.
    Es war durchaus vorstellbar und durfte nicht außer Acht gelassen werden. Wenn Monk ehrlich war, konnte er es sogar verstehen. Wenn jemand all das, was er sein Leben lang aufgebaut hatte – seine Karriere, seinen guten Ruf, den Kern seiner Integrität und Unabhängigkeit, seine Macht, den gewählten Beruf auszuüben und seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, und das Gefühl für den Wert der Dinge, an die er glaubte –, bedroht sah, würde er ums Überleben kämpfen. Er konnte nicht darauf schwören, welche Waffen er benutzen würde, wie bitter der Preis oder die Scham hinterher auch waren.
    An diesem Morgen wehte ein eisiger Wind, und als Monk das Beißen im Gesicht spürte, zog er den Kopf noch tiefer zwischen die Schultern. Ein Zeitungsjunge verkündete die neuesten Nachrichten: Ein Kurier für Präsident Davis von der Konföderation in Amerika war in New Orleans verhaftet worden, als er sich gerade nach England einschiffen wollte. Monk nahm es kaum wahr. Er musste einfach die Wahrheit herausfinden, die ganze Wahrheit, und er musste in Erfahrung bringen, was Runcorn wusste. Falls Kristian unschuldig war, würde er ihn bis zum letzten Atemzug verteidigen.
    Aber falls Kristian schuldig war, gab es keine moralische Rechtfertigung. Wenn es um den Mord an Elissa gegangen wäre, könnte man strafmildernde Umstände geltend machen. Er war sicher nicht der einzige Mann mit einer Frau, die ihn an den Rand des Wahnsinns getrieben hatte, und Gewalt lauerte in vielen Menschen, wenn sie lange genug unter Druck gesetzt oder verletzt wurden. Aber wer immer Elissas Mörder war, er hatte danach auch Sarah Mackeson getötet. Und dieser Mord war durch nichts zu rechtfertigen.
    Monk würde Runcorn nichts von dem erzählen, was er erfahren hatte. Es war vernünftig, davon auszugehen, dass der Anschlag Sarah Mackeson gegolten hatte und dass Allardyce log, als er behauptete, er sei den ganzen Abend nicht in der Acton Street gewesen. Sie sollten damit anfangen, dass sie die weibliche Begleitung ausfindig machten, die Elissa Beck zweifellos mit zu ihren Porträt- Sitzungen genommen hatte. Sie konnte wertvolle Aussagen darüber machen, was an diesem Abend passiert war, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als sie und Elissa sich getrennt hatten. Wo hatte sie Elissa verlassen und aus welchem Grund? Sicher hatte auch Runcorn darüber nachgedacht.
    Monk blieb so abrupt stehen, dass der Mann hinter ihm auf dem Trottoir mit ihm zusammenprallte und fast gestürzt wäre. Er ging leise fluchend weiter, während Monk in die Ferne starrte, wo eine der neuen Pferde- Straßenbahnen aus dem sich lichtenden Nebel auftauchte.
    Runcorn würde natürlich zuerst einmal annehmen, dass Elissa ihre

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