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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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als sei sie auch von einem Zwang beherrscht worden, der nicht nur ihr eigenes, sondern auch Kristians Glück zerstört hatte. Er stand am Rande des Ruins, und hätte sie länger gelebt, wäre er sicher bald in den Abgrund gestürzt.
    Was würde Callandra empfinden, wenn sie es erfuhr? Es gab keine Möglichkeit, sie vor dem Wissen zu schützen, dass Kristian ein dringendes, starkes Motiv hatte, seine Frau umzubringen.
    Als Hester nach Hause kam, ging Monk im Wohnzimmer auf und ab. »Wo warst du?«, wollte er wissen. »Es ist nach zehn! Hester …«
    Er blieb unvermittelt stehen und starrte ihr ins Gesicht.
    »Was ist passiert? Was ist los? Du siehst schrecklich aus!«
    »Danke!«, fuhr sie ihn an, und in diesem Augenblick war ihr klar, dass sie ihm nicht erzählen konnte, was sie erfahren hatte. Es war zu schwierig, zu schmerzlich. »Es
    war kein sehr erfreulicher Tag.«
    »Natürlich war der Tag nicht erfreulich«, erwiderte er.
    »Aber auf der Beerdigung hast du sehr viel besser ausgesehen. Was ist seither passiert? Du bist weiß wie eine Wand!«
    »Ich bin müde.« Sie wollte an ihm vorbeigehen.
    Er griff nach ihrem Arm, nicht fest, aber fest genug, um sie zu halten und zu sich herumzudrehen. »Hester! Wo warst du?« Seine Stimme war nicht grob, aber es lag keine Nachgiebigkeit darin. Eine abschlägige Antwort würde er nicht akzeptieren.
    »Ich war bei Kristian«, antwortete sie, mehr wollte sie ihm nicht verraten.
    Er kniff die Augen zusammen. »Warum? Du hast ihn doch heute Mittag gesehen.«
    Sie zögerte. Sie wollte ihm möglichst wenig erzählen, ohne unglaubwürdig zu klingen. »Ich habe mir Sorgen um ihn gemacht.«
    »Und deshalb bist du nach der Beerdigung seiner Frau zu ihm nach Hause gegangen?«, fragte er ungläubig. »Ist dir nicht in den Sinn gekommen, dass er vielleicht gerne allein wäre?«
    Dass er sie für so gefühllos hielt, kränkte sie – zum Teil auch, weil sie genauso aufdringlich gewesen war, wie er vermutete. »Ja, natürlich!«, fauchte sie ihn an. »Ich bin nicht hingegangen, weil ich mir einbildete, ich könnte ihn trösten. Ich war dort, weil ich wissen wollte …« Sie unterbrach sich. Sie wollte ihm nicht erzählen, was sie gesehen hatte. Er würde sofort wissen, dass Kristian womöglich schuldig war, und früher oder später würde er es Runcorn erzählen müssen.
    »Was?«, fragte er frostig. »Was wolltest du wissen?«
    Sie war verärgert, dass sie ihm jetzt entweder die Wahr- heit sagen oder sich eine überzeugende Lüge ausdenken musste, die nicht für immer und ewig zwischen ihnen stehen sollte. Sie konnte sich auch einfach weigern, zu antworten. »Ich würde es vorziehen, ein andermal darüber zu reden«, sagte sie ein wenig steif.
    »Du würdest was?«, fragte er ungläubig und verstärkte den Griff um ihren Arm.
    »Lass mich los, William. Du tust mir weh«, sagte sie kalt. Er lockerte den Griff ohne die Hand wegzunehmen.
    »Hester, du weichst mir absichtlich aus. Was hast du
    herausgefunden? Was ist so hässlich, dass du bereit bist, dich dafür zu kompromittieren?«
    »Ich …«, fing sie an, dann spürte sie umso schmerzlicher, dass er Recht hatte. Sie war dabei, sich zu kompromittieren, und setzte auch noch das Vertrauen zwischen ihnen aufs Spiel. Er würde es sowieso bald herausfinden. In Wirklichkeit konnte sie Kristian nicht schützen, indem sie Monk verschwieg, was sie von ihm erfahren hatte. Falls Kristian seine Frau umgebracht hatte, würde nichts ihn oder Callandra schützen, und wenn er sie nicht umgebracht hatte, würde nur die ganze Wahrheit von Nutzen sein.
    Sie sah Monk ins Gesicht und erwiderte seinen Blick offen. »Ich war dort, um herauszufinden, warum das Begräbnismahl in Pendreighs Haus abgehalten wurde und nicht in Elissas Heim«, antwortete sie.
    »Und warum?«, fragte er leise, und ein Schatten huschte über sein Gesicht.
    »Weil Elissa gespielt hat«, antwortete sie. »Zwanghaft. Kristian besitzt kaum noch etwas – keine Möbel, keine Teppiche, keine Dienstboten, nichts, außer dem Schlaf- zimmer und einem schäbigen Wohnzimmer ohne Feuer im Kamin.«
    Er starrte sie an, während er das, was sie gesagt hatte, in sich aufnahm. »Gespielt?«, wiederholte er.
    »Ja. Es kam so weit, dass sie sich nicht dagegen wehren konnte, egal, wie viel sie verlor. Wenn sie nicht mehr riskiert hätte, als sie sich leisten konnte, hätte es für sie sogar keinen Reiz gehabt.«
    Monk sah sehr blass aus, und seine Miene war angespannt. Er sagte nicht, dass ihm klar war,

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