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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Sekretär sagt, es ginge um einen Notfall. Ist
    Imogen etwas zugestoßen?«
    »Nicht, soweit ich weiß.« Hester atmete tief durch.
    »Aber sie spielt immer noch, auch wenn sie jetzt allein geht.« Sie beobachtete aufmerksam sein Gesicht und sah
    … Leugnen war unmöglich.
    »Wenn es nicht um Imogen geht, was ist es dann?«
    Sie setzte ihn nicht gerne unter Druck. Es wäre sehr viel leichter gewesen, wenn sie als Verbündete miteinander hätten sprechen können, statt als Widersacher, aber sie konnte nicht zulassen, dass er die Wahrheit noch länger verschwieg. »Du hast mir erzählt, in der Nacht von Elissas Tod seiest du Imogen nach Süden gefolgt, die Drury Lane hinunter in Richtung Fluss.«
    Er konnte es nicht zurücknehmen. »Ja«, sagte er, und seine Stimme schnappte kaum merklich über. »Du scheinst zu glauben, dass sie etwas mit … den Morden zu tun hat. Oder dass sie womöglich etwas gesehen hat.«
    »Vielleicht.« Hester verabscheute, was sie hier tat. Warum vertraute er ihr nicht so weit, dass er ihr die Wahrheit sagte? War diese dermaßen abscheulich? »Du warst an dem Abend nicht in der Drury Lane. Dort ist ein Rollwagen umgekippt und hat seine ganze Last verloren, Fässer mit Rohzuckersirup, und alles war gesperrt. Sie brauchten Stunden, um sauber zu machen.«
    Er stand reglos da, ohne ihr zu antworten. Sie hatte ihn nie so unglücklich gesehen. Die Angst nagte so heftig und tief an ihr, dass sie zum ersten Mal tatsächlich die Möglichkeit ins Auge fasste, dass er etwas mit Elissas Tod zu tun hatte.
    »Wo war sie?«, fragte sie. »Bist du ihr in jener Nacht gefolgt?«
    »Ja.« Seine Antwort war kaum mehr als ein Flüstern.
    Auch Hester musste schlucken. »Wohin? Wohin ist sie gegangen, Charles?«
    »Zum Spielen.«
    »Wohin?« Jetzt schrie sie ihn fast an. »Wohin?«
    Er schüttelte entschlossen den Kopf. »Sie hat Elissa nicht umgebracht. Sie hat ihr nicht mal ein Haar gekrümmt!«
    »Möglicherweise nicht. Aber du?«
    Er sah verblüfft aus, als hätte er an so etwas nicht mal gedacht. Zum ersten Mal keimte Hoffnung in ihr auf. Ihr unregelmäßiges Herzklopfen beruhigte sich wieder.
    »Nein! Ich …« Er atmete langsam aus. »Wie kannst du so etwas denken?«
    »Wo warst du?«, beharrte sie. »Wohin bist du ihr gefolgt, Charles? Jemand hat Elissa Beck umgebracht. Es war nicht der Künstler, und es war auch keiner der Spieler. Ich will alles wissen, damit ich beweisen kann, dass du es nicht warst.«
    »Ich weiß nicht, wer es war!« Verzweiflung lag in seiner
    Stimme, die sich fast zur Panik steigerte.
    »Wohin ist Imogen gegangen?«, fragte sie noch einmal.
    »In die Swinton Street«, flüsterte er.
    »Und dann?«
    »Ich …« Er schluckte. »Ich … wurde sehr wütend.« Er schloss die Augen, als könnte er es nicht ertragen, es auszusprechen und sie dabei anzusehen. »Ich habe mich komplett zum Narren gemacht. Ich habe eine Szene gemacht, und einer der Türsteher hat mir etwas über den Kopf gezogen … Ich glaube, ich bin gestürzt. Als ich aufwachte, lag ich im Dunkeln, und mein Kopf fühlte sich an, als würde er bersten. Ich war eine Weile so benommen, dass ich mich nicht zu rühren wagte.« Er biss sich auf die Lippen. »Irgendwann kroch ich herum und
    merkte, dass ich in einem kleinen Raum war, kaum mehr als ein Schrank. Ich rief, aber niemand kam, und die Tür war schwer und natürlich abgeschlossen. Es war heller Tag, als sie mich rausließen.« Jetzt sah er sie an, und es waren keine Ausflüchte mehr in seinen Zügen, sondern nur qualvolle Verlegenheit.
    Sie glaubte ihm. Sie war so überwältigt von Erleichterung, dass das formelle Büro wie im Nebel um sie herumschwamm und sie Mühe hatte, nicht in die Knie zu sinken. Sie trat sehr vorsichtig näher und setzte sich auf den Stuhl gegenüber seinem Schreibtisch. »Gut«, sagte sie mit fast normaler Stimme. »Das ist … gut.«
    Was für eine idiotische Untertreibung. Er war nicht schuldig! Es war unmöglich. Er war die ganze Nacht in einem Wandschrank eingesperrt gewesen. Sie erinnerte sich an die blauen Flecken in seinem Gesicht und wie elend er ausgesehen hatte, als sie ihn traf. Die Türsteher des Spielclubs würden sich an ihn erinnern und könnten es beschwören. Sie würde es natürlich Monk erzählen und die Zeugenaussagen der Türsteher einholen, bevor diesen klar wurde, wie wichtig die Sache war. Charles war sicher. Was war eine kleine Demütigung im Vergleich zu dem, was sie befürchtet hatte?
    Sie schaute zu ihm auf und

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