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Gefaehrliches Schweigen

Gefaehrliches Schweigen

Titel: Gefaehrliches Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ritta Jacobsson
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unsere Auseinandersetzung ein, sondern fuhr gehetzt mit ihren Fragen fort.
    „Habt ihr beobachtet, wer die Brieftasche und das Handy des Opfers an sich genommen hat?“, fragte sie.
    „Nein“, sagte Linus entschieden.
    „Ich hab bloß gesehen, dass sie ihn schlugen“, sagte ich. „Aber eigentlich …“
    Mein erneuter Versuch, Jimmy und Stoffe zu erwähnen, wurde von dem Kollegen der Beamtin unterbrochen.
    „Komm, Emma! Gerade kam ein Anruf, da treibe sich eine Bande in den Straßen herum. Vielleicht können wir sie noch erwischen!“
    „Tut mir leid. Schafft ihr es allein nach Hause?“
    „Ja, klar“, versicherte ich. „Wir wohnen ganz in der Nähe.“
    Sie kritzelte unsere Namen und Telefonnummern in ihr Buch, bevor sie zu dem blau-weißen Wagen hastete. Dann fuhren sie davon.
    „Natürlich haben Jimmy, Stoffe und Simon genauso viel gesehen wie wir!“, beharrte ich. „Simon ist doch sogar zu dem Typen hingerannt.“
    „Na und?“
    „Die könnten doch beschreiben, wie die Kids ausgesehen haben, vielleicht wissen sie sogar, wie die heißen.“
    „Wenn du glaubst, Jimmy und Stoffe würden jemanden verpfeifen, liegst du voll daneben!“
    Da wurde ich wütend.
    „Zu wem hältst du eigentlich?“
    Linus war blass, sah mich aber finster an.
    „Sag mal, bist du so kindisch oder tust du nur so?“, schnauzte er mich an.
    Wir machten uns auf den Heimweg, wechselten aber kaum ein Wort, bis wir fast zu Hause waren.
    „Jimmy hat mich angerufen, als wir dort standen“, murmelte er plötzlich leise.
    „Was? Ich dachte, du hättest die Polizei angerufen. Woher hat er deine Nummer?“
    „Keine Ahnung! Simon war ja dabei, der wird sie haben.“
    „Und was hat er gesagt?“
    „Wir sollten vergessen, dass wir sie dort gesehen hätten.“
    „Und du hast gehorcht!“, fauchte ich.
    „Schließlich hatten die ja nichts mit der Prügelei zu tun, oder?“
    „Wie feige darf man sein?“
    „Ich will bloß die einzige Haut retten, die ich habe“, sagte er ruhig.
    Mir fiel ein, dass Jo sich ganz ähnlich ausgedrückt hatte. Und mich hatte sie als mutig bezeichnet.
    „Die haben nicht mehr gesehen als wir“, behauptete er hartnäckig.
    „Aber es hätte doch nichts geschadet, wenn sie auch mit der Polizei gesprochen hätten.“
    „Ehrlich, Svea!“
    Ich nickte. Jimmy und Stoffe würden der Polizei kaum mit Informationen behilflich sein.
    Wir waren da.
    „Sehen wir uns?“, fragte Linus.
    Ich nickte kurz.
    „Morgen früh nehme ich den Acht-Uhr-Bus. Aber du fährst wohl wie immer mit dem Fahrrad?“
    „Nein, ich komme mit dir.“
    Ich sagte weder „cool“ noch „bis morgen“. Ich ging einfach.
    Mama kam mir in der Diele entgegen. Bevor ich anfangen konnte, von meinen Erlebnissen zu erzählen, stöhnte sie laut und deutete mit dem Finger auf mich.
    „Wie siehst du denn aus!“
    Ich drehte mich zum Spiegel um. Was sich mir dort bot, war alles andere als ein schöner Anblick. Die Mascara hatte sich verflüssigt, Waschbärenringe um meine Augen geschmiert und auf meinen Wangen Streifen hinterlassen. Meine Haare standen mir wirr vom Kopf.
    „Hoffentlich hat dich niemand gesehen.“
    Leider doch.
    „Und was ist mit deiner Jeans passiert? Ist die eingegangen? Wie kannst …“
    „Du bist echt so was von fies!“
    Ich stürmte in mein Zimmer hoch und heulte, bis die restliche Mascara davongeschwemmt war. Ich weinte über meine eigene Angst und voller Zorn über Mama, die nicht zuhörte.
    Und weil ich in Gegenwart des Jungen, in den ich verliebt war, wie ein Halloweengespenst ausgesehen hatte!

MITTWOCH
    Normalerweise kommt die Nachbarschaft in den frühen Morgenstunden nur selten in den Genuss meiner bleichen Erscheinung, aber jetzt war ich zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit schon in aller Herrgottsfrühe auf den Beinen.
    Ich hatte mich die ganze Nacht hin und her gewälzt. Die gestrigen Ereignisse an der Bushaltestelle steckten mir wie ein Dorn im Gehirn. Je mehr ich über den Überfall nachdachte, desto mehr war ich überzeugt, dass Jimmy und Stoffe irgendwie damit zu tun hatten. Entweder hatten sie befohlen, jemanden an der Haltestelle auszurauben, oder die Jüngeren hatten versucht, mit ihrem Überfall auf das Bushäuschen und den Typen mit der Brille Jimmy und Stoffe zu imponieren.
    Aber warum war Simon mit diesen beiden Schlägern unterwegs?
    Zu dumm, dass sie Linus und mich gesehen hatten. Ein einziges Wort von Simon, dass wir sie vermutlich von seinem Haus aus verfolgt hatten, und wir würden eine

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