Gefaehrliches Schweigen
zum Bahnhof, doch stattdessen nahmen sie die Treppe, die zur Vasagatan hinunterführte, und gingen zu McDonald’s.
Ich folgte ihnen und setzte mich an einen Tisch, wo jemand ein Tablett mit ein paar kalten Pommes stehen gelassen hatte. Ich hatte den Jungs den Rücken zugewandt, konnte sie aber im Spiegel an der Wand beobachten.
Sie standen vor der Kasse in der Schlange, und als sie an der Reihe waren, kramte ausgerechnet Marko seine Brieftasche hervor. Bald kamen sie mit ihren voll beladenen Tabletts und nahmen einige Tische von mir entfernt Platz.
Jimmy biss in seinen Hamburger, dass das Dressing nur so zwischen den Brotscheiben hervorquoll und schließlich über seine Finger troff. Er nahm noch einen Bissen und wischte sich dann die Finger an einer Serviette ab, bevor er sich über die Tasche beugte, die zwischen ihm und Marko stand.
Er zog den Reißverschluss auf. Zuoberst in der Tasche lag eine silberglitzernde Folie, fast so groß wie die Tasche selbst.
Die Tasche war präpariert! Das war der Grund, warum der Alarm nicht ausgelöst worden war!
Ich machte noch eine Aufnahme.
Stoffe murmelte eine Bemerkung, worauf Jimmy den Reißverschlusswieder zuzog. Vermutlich fand Stoffe den Ort nicht ideal, um Diebesgut auszubreiten.
Markos Blick flackerte ebenfalls unruhig durch das Lokal. Er hatte Angst, das war deutlich.
Jimmy streckte seine Hand zu ihm aus. Offensichtlich wollte er etwas von Marko haben.
Aber Marko reagierte nicht. Er starrte bloß auf das Tablett, das vor ihm stand.
Plötzlich erhielt er einen Schlag aufs Ohr. Er stieß einen grunzenden Laut aus und verzog schmerzlich das Gesicht.
Schnell grub er in seiner Tasche und reichte Jimmy irgendwas. Was war das? Sein Handy?
Ein Mädchen mit langen blonden Haaren, das am Nachbartisch saß, starrte die Bande befremdet an. Ihr Freund, ein Brillenträger mit handgestricktem Wollpulli, zog es vor, nur verstohlen rüberzuschielen, während er sich aus einer Tüte auf dem Tablett Pommes in den Mund stopfte.
„Hey, was gibt’s da zu glotzen?“
Jimmy hob leicht den Hintern an, als wollte er sich erheben. Das Mädchen senkte rasch die Augen.
Jimmy warf dem Mädchen einen höhnischen Blick zu, während er laut schlürfend den Bodensatz seines Milkshakes aufsaugte. Stoffe schob sich gelangweilt die letzten Krümel aus seiner Pommestüte in den Mund und Elias lutschte seine Fingerspitzen sauber.
In diesem Moment drehte sich Marko zum Spiegel um.
Unsere Blicke trafen sich. Ich sah, dass er mich wiedererkannte, obwohl ich die Mütze tief über die Ohren gezogen hatte. Eilig schüttelte ich den Kopf.
Bitte, halt den Mund!
Svea!
Marko geriet in Panik. Sein Puls begann zu rasen, vor Angst und weil er sich für seine eigene Feigheit schämte, für das, was er getan hatte.
Svea würde alles verraten. Jede Sekunde könnte die Polizei hier sein.
H astig fuhr er hoch und floh hinaus, von Jimmys Rufen verfolgt. Atemlos stürzte er die Rolltreppe nach unten, raste den langen gekachelten Gang entlang, der zu den Sperren führte, und prallte dabei immer wieder gegen die anderen Fußgänger.
Eine S-Bahn stand abfahrbereit am Bahnsteig. Marko stürmte die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal. Die Passagiere waren schon eingestiegen. Vor den offenen Türen war es leer.
„Bitte zurücktreten.“
Die Stimme des Fahrers hallte über den Bahnsteig.
Er warf sich nach vorn und schaffte es gerade noch zwischen den Türen hindurch, die sich schon mit einem zischenden Laut aufeinander zubewegten. Doch zu seinem Entsetzen öffneten sie sich automatisch noch einmal.
Ein paar lange, grauenhafte Sekunden verstrichen, während Marko mit geschlossenen Augen, auf zitternden Beinen, im Mittelgang stand, wartete und betete.
Erst als die Türen wieder zischend zuglitten, wagte er die Augen zu öffnen. Er war von gleichgültigen, unbekannten Gesichtern umgeben.
Im selben Moment, als er sich auf den Sitz sinken ließ, bereute er schon, dass er abgehauen war. Sie hatten vorgehabt, noch mehr Läden zu besuchen.
Er spürte einen harten Kloß im Magen.
Wie konnte ich bloß so idiotisch sein!
Verdammte Svea! Das war ihre Schuld!
Jetzt konnte er nicht mehr umkehren.
Er schloss die Augen. Hinter den Lidern brannten die Tränen.
Er musste anrufen und Anna warnen.
Dann fiel es ihm ein. Das ging ja nicht.
Jimmy hatte sein Handy an sich genommen!
Ich sah Marko davonflitzen und rannte gleich hinter ihm her, in Richtung Bahnhof. Aber als ich auf dem Bahnsteig ankam, war der
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