Gefaehrliches Schweigen
die Sicherungsmarke noch dran ist.
In ihrem Blick tauchte ein wachsamer Funke auf, als sie mich ansah.
„Warum willst du das wissen?“
„Auf Facebook haben welche das behauptet.“
Sie überlegte kurz, bevor sie mit zögerndem Nicken antwortete.
„So was kommt vor. Neulich haben wir zwei Mädchen erwischt, die eine Tasche mit dicken Schichten aus Isolierband präpariert hatten. Fast wäre es ihnen gelungen, die ganze Tasche voller Kleider nach draußen zu schmuggeln, aber eine aufmerksame Verkäuferin fand das Benehmen der beiden irgendwie auffällig. Unsere Sicherheitsabteilung arbeitet intensiv daran, die Ladendiebe zu überlisten, daher empfehle ich dir nicht, es auszuprobieren. Oder es auf … Facebook zu verbreiten.“
Ich lachte.
„Ich hab’s ja nicht nötig, etwas zu klauen. Wenn ich lieb lächle, kaufst du mir doch, was ich haben will, oder nicht?“
Sie lachte ebenfalls, sah mich aber immer noch leicht fragend an.
Als ich am Abend nach Hause kam, wurde ich in der Eingangsdiele vom wütenden Klingeln des Telefons empfangen. Wuff umkreiste eifrig jaulend meine Beine, einen Gummiknochen im Maul, während ich den Hörer abnahm.
„Hallo, hier ist Bjarne Lund.“
Jedes Mal, wenn ein Lehrer bei uns anruft, gehe ich in Gedanken schnell sämtliche Dummheiten durch, die ich begangen habe. Nach der letzten Sportstunde vor der Schnupperlehre hatte ich nicht geholfen, die Bälle einzusammeln. Und ich hatte den Kasten stehen gelassen. Oder vielleicht war Lund sauer, weil ich dieses eine nasse Handtucheinfach hinter den Heizkörper gestopft hatte, anstatt es beim Hausmeister abzugeben.
Ich war selbst überrascht, dass es so viele Anlässe gab, mich zu kritisieren.
„Was macht die Schnupperlehre?“
„Geht gut.“
Mein Gehirn lief auf Hochtouren, um die geeignete Taktik zu finden. Sollte ich flunkern, meine Eltern wären nicht zu Hause? Oder war es besser, die Standpauke gleich einzustecken?
„Und wie sieht es mit deiner Kondition aus?“
„Gut …“
„Ausgezeichnet. Ich brauche deine Hilfe.“
„Aha?“
„Die Mannschaft der Neunten hat in rund zwei Wochen ein Freundschaftsspiel gegen eine Schule in Södertälje. Bist du dabei?“
„Ich geh in die Achte.“
„Weiß ich doch, aber du und Alexander seid besser als die meisten unserer Neuntklässler. Ich hab ihn gefragt und er macht mit.“
„Gemischte Mannschaft?“
„Ja.“
„Und wen müssen wir ersetzen?“
„Elias und Nicke.“
„Und warum?“
„Nicke hat sich den Knöchel verstaucht.“
„Und Elias?“
„Der kommt nicht mehr infrage.“
„Aber hallo! Elias ist doch der Beste der ganzen Schule!“
„Das war er einmal.“
Bjarne Lund klang bitter. Ich wartete geduldig. Er fuhr fort.
„Was er zurzeit alles treibt, weiß ich nicht. Mit Training hat es jedenfalls nichts zu tun.“
Ich dachte an das, was ich in der Stadt gesehen hatte, und daran, dass Elias neuerdings mit Jimmy und Stoffe herumhing, wollte aber nicht petzen.
„Na?“, fragte er, nachdem ich eine Weile geschwiegen hatte.
„Ich bin dabei, wenn Alexander mitmacht.“
„Gut! Ich melde mich noch wegen des Trainingstermins. Wahrscheinlich am Montag.“
Ich fühlte mich geschmeichelt. Gleichzeitig fragte ich mich leicht beunruhigt, was Elias dazu sagen würde, dass ich einfach als sein Ersatz in die Mannschaft hereingetrampelt kam.
Vermutlich würde es ihm kein bisschen gefallen.
Ich sah mich selbst bereits platt auf dem Boden liegen, von Elias umgerempelt. Und bereute mein Versprechen.
Aber ich rief Lund trotzdem nicht noch einmal an. Irgendwie würde es schon hinhauen.
DONNERSTAG
Im Laufe der Woche nervte ich Linus immer wieder damit, er solle doch mit Marko reden. Wir drehten wie üblich unsere abendlichen Runden mit den Hunden, aber er wirkte irgendwie abwesend.
Ich wusste, woran er dachte. Oder besser gesagt, an wen.
An Paulina.
Aber ich versuchte so zu tun, als wäre es mir egal. Hauptsächlich mir selbst machte ich das vor. Ich erzählte von witzigen Sachen, die während der Arbeit passiert waren, und brachte ihn zum Lachen und dazu, sich auf seine eigene Schnupperlehre zu freuen.
Am Donnerstagabend schlug ich schließlich vor, wir könnten uns doch beide zusammen mit Marko unterhalten. Widerstrebend stimmte Linus zu. Marko war diese Woche gar nicht in der Schule gewesen, er hatte sich weder am Telefon gemeldet noch Linus’ SMS beantwortet, und das kam Linus allmählich seltsam vor.
Gleich, als ich nach Hause kam, machten wir uns
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