Gefaehrliches Schweigen
Lund.
„Es bleibt ihm nichts anderes übrig. Mit Krücken zu spielen, wird ein bisschen schwierig.“
„Ich rede mit ihm.“
Ich nickte, bereute es aber sofort.
„Übrigens, tun Sie das lieber nicht. Aber es wäre nett von Ihnen, das Spiel abzupfeifen, wenn Axel mich wieder mit dem Ball verwechselt.“
Lund lachte kurz und nickte.
Ich hinkte zum Umkleideraum und fragte mich, warum ich so hart getestet wurde, während Alexander verschont blieb. Lag das nur daran, dass ich ein Mädchen war?
Nach dem Essen verschwand Jo, um etwas mit Lundström zu besprechen.
Linus ging ein paar Meter vor mir her. Ich musste an seine Hände denken, wie sie mich berührt hatten, und mein Herz schlug einen Extraschlag. Ich holte ihn hinkend ein, tat aber so, als wäre ich rein zufällig auf ihn gestoßen.
Er sah mich zerstreut an.
„Was hast du gemacht?“
„War im Training.“
„Aha. Hast du gesehen, wo Marko hin ist?“
Ich schüttelte den Kopf, blieb aber hartnäckig an seiner Seite. Wir holten unsere Jacken von der silberfarbenen Hakenreihe und gingen ins Freie.
„Was ist mit seiner Schwester?“, fragte ich.
„Weiß nicht. Er will immer noch nicht mit mir reden.“
Bald hatten wir Marko entdeckt. Er steuerte mit vier jüngeren Schülern auf einen Jungen aus der Siebten zu, der total verängstigt wirkte und vor ihnen zurückwich, doch sie folgten hartnäckig hinterher.
Linus schüttelte den Kopf.
„Was machen die da?“
Die Gruppe schubste und knuffte den Jungen vor sich her.
„Neeein! Das geht zu weit! Hey!“
Ich hinkte auf sie zu.
Kaum hatte mich die Horde erblickt, als sie schon schlagartig auseinanderstob, alle in verschiedene Richtungen. Sogar der Junge aus der Siebten flitzte davon. Ich war nicht fit genug, um hinter ihm herzurennen, und konnte seine Flucht nur mit dem Blick verfolgen.
„Warum ist der denn auch abgehauen?“, fragte Linus verwundert. „Hat er etwa vor … dir Angst gehabt?“
Das wusste ich nicht. Im Lauf des Tages suchte ich nach dem Jungen, aber es war, als hätte die Schule ihn verschluckt.
„Was ist denn mit dir passiert?“, wollte Papa wissen, als ich am Abend durch die Küche humpelte.
„Wir haben heute Morgen ein Trainingsspiel gehabt.“
„Im Kickboxen?“
„Hallenhockey. Da geht’s hoch her, wenn die besten Spieler aufeinanderprallen.“
„Und ich hatte vorgehabt, mit dir ins Hallenbad zu fahren, aber das lassen wir wohl lieber bleiben?“
Ich nickte. Meine aufgeschürften Knie und Ellbogen wollte ich nicht unbedingt in Chlorwasser tauchen.
„Sollen wir uns einen Film ausleihen?“, schlug er vor. „Mama ist bei Elin.“
„Ja …“
Dann fiel mir etwas ein. Ich hatte Hannamaria ja versprochen, sie zu Elias zu begleiten.
„Nach dem Abendessen muss ich noch mal fort.“
„Mit Jo?“
„Hannamaria.“
Papa musste kurz überlegen.
„Seit wann bist du denn mit … der befreundet?“
„Ich muss ihr bei einer Sache helfen.“
„Na gut, dann leihen wir uns eben morgen einen Film. Am Freitagabend bist du doch hoffentlich zu Hause?“
„Ja klar.“
„Soll ich dich fahren?“
„Ja danke.“
Papa ließ mich vor Hannamarias Haus aussteigen. Als ich vom Auto weghinkte, brannten und ziepten meine Wunden und meine Knie waren steif.
Hannamaria wohnt in der Nähe der Schule in einem Haus aus dunkelbraunem Backstein. Ich drückte die Türklingel. Sie machte selbst auf.
Sie trug eng anliegende Jeans, ein genauso eng anliegendes hellblaues Top und hatte sich so zurechtgemacht, als ginge sie auf eine Megaparty.
Wie immer begrüßte sie mich mit Küsschen. Inzwischen war ich darauf vorbereitet, sodass es mir gelang, meine drei Küsschen in die Luft zu schmatzen, ohne an ihre Nase zu stoßen.
Sie zog mich in die dunkelgrau geflieste Diele hinein und zupfte ihre frisch geföhnten, parfümduftenden hellen Strähnchen zurecht.
„Wir müssen um halb acht dort sein.“
„Hast du ihm etwa gesagt, dass du kommst?“
„Na und?“
„Kannst du das Armband nicht einfach mit einem Zettel in seinen Briefkasten stecken? So was wie ‚Jetzt ist Schluss‘?“
Ihr Blick flackerte. Aha!
„Du hast ihm wohl gar nicht gesagt, dass du Schluss machen willst?“
„Njaa …“
Ich stöhnte.
„Da wird er ja krass enttäuscht.“
„Was glaubst du wohl, warum ich dich gebeten hab, mitzukommen?“, fuhr sie mich an.
Ja, warum sollte man seine besten Freundinnen opfern, solange es so vernagelte Idioten gab wie mich?
„Und wo hast du den Schmuck?“
Sie
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