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Gefährliches Spiel der Versuchung

Gefährliches Spiel der Versuchung

Titel: Gefährliches Spiel der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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eine Sanftheit, aus der seine Neigung für städtische Vergnügungen sprach.
    »Lady Octavia hat schon immer eine unerklärliche Abneigung gegen mich gehegt«, deutete Lady Sylvia dunkel an. »Kein Zweifel, dass es an der Eifersucht liegt, angesichts ...« Sie verkniff sich jeden weiteren Kommentar und bemühte sich um einen unverfänglichen Gesichtsausdruck, als sie sich an Orlov wandte. »Ihnen gebührt meine Anteilnahme, Mr. Oliver. Kein Zweifel, dass Sie die beschwerliche Rückreise nach London schon bald wieder antreten müssen. Zusammen mit Ihrer unglücklichen Kollegin.«
    »Oh, ich lasse mich nicht so leicht ins Bockshorn jagen«, erwiderte er freundlich. »In meinem Beruf lernt man es, mit allen möglichen schwierigen Situationen zurechtzukommen.«
    »In der Tat.« Sylvias Blick ruhte eine Sekunde länger als nötig auf ihm. »Gleichwohl kann ich mir nicht vorstellen, dass es jemanden gibt, der die Launen der Alten über längere Zeit erträgt. Noch nicht einmal einen Heiligen.« Sie nestelte an ihrem Schal herum, schlang die Fransen spielerisch um die Finger. »Sind Sie zufällig ein Heiliger?«
    »Nur ein demütiger Hauslehrer, Mylady.«
    »Dann würde es Ihnen nichts ausmachen, das Gepäck in unsere Unterkunft zu tragen?« Die Geste des Comte De Villiers war so seidig und glatt wie sein akzentuiertes Englisch, als er eine Geldbörse aus der Westentasche zog und eine Münze herausschüttelte. »Als Zeichen unserer Dankbarkeit ...«
    »Lord McAllister ist großzügig genug, um die Gastfreundschaft auf seinen Besuch auszudehnen«, erwiderte Orlov.
    »Ah, aber für einen Mann Ihrer Stellung ist ein kleines Extrageld immer willkommen. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.«
    Orlov trug bereits zwei Reisekoffer und hatte keine Hand mehr frei. »Vielen Dank, Sir. Betrachten Sie es einfach als Ausdruck meines guten Willens.«
    »Tatsächlich, ein Heiliger.«
    Jervis sagte nichts, öffnete stattdessen die Schnupftabakdose und gönnte sich eine Prise. »Sylvia, diesen Schnitt musst du unbedingt versuchen. Lord Brimfield hat ihn speziell für mich gemischt. Du weißt ja, in Geschmacksdingen gibt der Mann den Ton an.«
    Orlov hatte eine angemessen unterwürfige Miene aufgesetzt, als er dem Butler der Witwe die Treppe hinauffolgte. Durch die gesenkten Lider beobachtete er, dass die beiden anderen Männer ihn trotz ihrer vorgeblichen Lässigkeit genau im Blick behielten. War ihnen Lady Sylvias unverhohlenes Interesse aufgefallen?
    Welche Ahnentafel sie auch immer vorweisen konnten - wenn es um ein weibliches Wesen ging, folgten Männer nicht selten einem geradezu tierischen Instinkt.
    Wie Hunde, die an einem Knochen schnüffeln, dachte er. De Villiers herablassende Art hatte beinahe komische Züge gehabt. Dass er mit der bestickten weißen Manschette und dem perfekt geschneiderten Ärmel gewinkt hatte, war bestimmt als Hinweis auf den Gegensatz zu Orlovs verschlissenem Mantel zu verstehen. Die Verachtung des anderen Gentleman war vielleicht eine Spur untergründiger gewesen; er hatte die Existenz eines Dieners schlicht ignoriert.
    Aber natürlich konnte die angespannte Stimmung auch einem mächtigeren Grund als dem Geschlecht geschuldet sein: dem Bedürfnis, als König des Dschungels zu gelten, als dominierendes männliches Wesen.
    Die Gäste folgten, und Orlov hörte Lady Sylvias Erwiderung. »Dass Lord Brimfield dir eine spezielle Mischung zusammengestellt hat, ist ein besonderes Zeichen seiner Gunst. Er hat recht beachtlichen Einfluss auf den Kreis um den Prinzregenten«, hörte Orlov unter der raschelnden Seide. »Reich mir deinen Arm, Randall. Die Reise hat mich ungemein erschöpft.«
    »Eine felsige Straße«, murmelte Jervis, »aber jetzt, wo wir angekommen sind, sollte es angenehmer werden.«
    »Hmm«, ahmte Sylvia die Witwe unbewusst nach.
    »Mais oui, Sylvia«, versicherte De Villiers.
    Die übrigen Worte verklangen ungehört, als Orlov über den mit Teppichen belegten Absatz schritt, der zu den Gästequartieren führte. Und doch schien es, dass das Echo des französischen Akzents mit jedem Schritt verstärkt wurde.
    Verdammt! Sein Hang zur Ironie schien mit der Notwendigkeit zusammenzuprallen, alle ungewöhnlichen Vorfälle als höchst verdächtig einzustufen. Der Comte brauchte nichts als einen schwarzen Samtumhang, gesäumt mit blutrotem Satin, um wie ein lupenreiner Verbrecher zu wirken, der den Seiten eines Schauerromans entsprungen war. Manchmal war die Wahrheit in der Tat merkwürdiger als jede Dichtung.

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