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Gefährliches Spiel der Versuchung

Gefährliches Spiel der Versuchung

Titel: Gefährliches Spiel der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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dem Branntwein etwas zu sehr zugeneigt war. In der Hand hielt er ein Glas Whisky anstatt eines Sherrys.
    »Sloane?«, fuhr er fort, nachdem er am Glas genippt hatte. »Sind Sie zufällig mit den Sloanes aus Shropshire verwandt?«
    »Nein«, murmelte Shannon, »ich bezweifle, dass Sie meinen Zweig der Familie kennen.«
    »Die Ladys genießen alle einen Champagner. Darf ich Ihnen auch ein Glas einschenken?« Shannon glaubte, dass in Lady Sylvias Blick ein Fünkchen Zorn aufgeblitzt war, als Lord Jervis zur Anrichte ging.
    »Vielen Dank. Bitte nur Wasser.«
    »Ah, aber wir feiern.«
    Und was?, fragte Shannon sich.
    Lord Jervis schenkte den Champagner in die kristallene Champagnerflöte - und warf damit gleich die nächste Frage auf: Gehörte er etwa zu jenen Männern, die ein klares Nein keineswegs als Antwort akzeptierten?
    »Miss Sloane hegt recht strenge Vorstellungen von Sitte und Anstand.« Orlov mischte sich hastig ein, führte das Glas an die Lippen. »Während ich andererseits gestehen muss, dass ich etwas weniger vornehm bin.«
    Die jüngere Miss Talcott unterdrückte ein Kichern und fixierte den Hauslehrer mit einem so bohrenden Blick, dass er für eine kleine Miss, die just die Schule beendet hatte, ein wenig aufdringlich wirkte. Die Gentlemen hingegen waren weniger amüsiert.
    Und was die Verwandte der Witwe betraf, so spiegelte sich in ihren topasfarbenen Augen das gleiche geheimnisvolle Prickeln wie im Champagnerglas.
    »Das ist ein Mann nach meinem Geschmack!«, verkündete Lady Octavia. »Kommen Sie her, Mr. Oliver! Und vergessen Sie die Flasche nicht.«
    »Gestatten Sie, dass ich einen Toast ausbringe.« Lady Sylvia hob das Glas. »Auf die Familie, auf die Freunde - alte und neue!« Ihr Blick wich keine Sekunde von Orlov.
    »Santé«, bemerkte der Franzose und zog die Mundwinkel hoch, als würde er sich insgeheim an einem Scherz erfreuen.
    »Móran làithean dhuit is sìthm«, erwiderte die Witwe auf Gälisch.
    De Villiers prostete ihnen schweigend zu.
    »Führen Sie mich an den Tisch, Mr. Oliver, bevor die Suppe kalt wird.«
    Abermals beleidigte der Befehl der Witwe das Protokoll und zwang Talcott, Shannon den Arm zu bieten. Was er bereitwillig tat - und er zögerte sogar ein wenig, sie freizugeben, als sie an ihrem Platz angekommen waren.
    »Lady Octavia hat berichtet, dass Sie eine Schule in der Nähe von London besucht haben.« Er nahm neben ihr Platz.
    »Wo?«, fragte Helen rasch. »Vielleicht haben wir gemeinsame Freunde.«
    Shannon hatte nicht die Absicht, noch länger im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. »Oh, das glaube ich kaum. Es handelte sich um eine sehr kleine Anstalt, noch dazu eine solche, die für Schülerinnen aus den höheren Kreisen nicht attraktiv ist.«
    »Ihre Familie verbringt die Saison nicht in der Stadt?«, wollte der Comte wissen.
    Shannon hielt den Blick auf den Teller gesenkt. »Ich bin Gouvernante, Sir, gewiss keine Schönheit aus dem Salon.«
    Die guten Manieren verlangten, dass das Thema fallen gelassen wurde. De Villiers versuchte, die Witwe in ein Gespräch zu verwickeln, aber seine Bemerkungen wurden mit brüsken Entgegnungen quittiert. Als Begleitmusik zum Geklapper des Bestecks und des Porzellans verfiel der Besuch aus London in eine Diskussion über die Höhepunkte der Reise - ein Thema, das Lady Octavia nur noch tiefer in ein ungewöhnliches Schweigen zu treiben schien.
    Eingeschüchtert? Es sah der Witwe gar nicht ähnlich, vor einer Herausforderung zurückzuschrecken. Und doch war die alte Lady zweifellos kleinlaut. Ein- oder zweimal konnte Shannon sogar beobachten, wie ihr der Löffel in der Hand zitterte, und sie fragte sich, ob Orlov irgendwelche Vermutungen über die Gründe hegte. Bis jetzt hatten sie noch keine Gelegenheit gehabt, sich über die Neuankömmlinge auszutauschen.
    War er ebenso überrascht wie sie, dass ein Franzose zu der Reisegruppe gehörte?
    »Was ist mit Ihnen, Mr. Oliver?« Jervis richtete die Aufmerksamkeit plötzlich auf den Lehrer, klang leicht spöttisch. »Haben Sie auch irgendeine dubiose Anstalt der höheren Bildung besucht?
    »Vermutlich kommt es darauf an, Mylord, wie sehr Sie mit den Erziehungseinrichtungen in England vertraut sind.«
    Die untergründige Gehässigkeit verfehlte ihre Wirkung nicht. Jervis errötete kaum merklich, als Lady Octavia antwortete: »Mr. Oliver hat Oxford besucht.«
    Shannon fragte sich, ob er die Lords aus London absichtlich zwickte. Vermutlich ja. Arroganz war ihm so etwas wie eine zweite

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