Gefährliches Spiel der Versuchung
ständig in Schwierigkeiten geraten. Also habe ich gelernt, immer wachsam zu bleiben.«
»Ah. Natürlich. Wenn Sie es so erklären, ist es viel verständlicher.« De Villiers verbeugte sich leicht. »Sie sind Ihrer Ausbildung würdig, Mademoiselle.«
Lady Sylvia schien sich nicht so sicher. Sie ließ den Blick zwischen Jervis und Shannon hin- und herschweifen und biss sich auf die Lippe. »Keine Ausbildung kann erklären, wie es Ihnen gelingen konnte, schneller zu sein als ein Pfeil.«
»Nein, in der Tat nicht«, bestätigte Shannon. »Ich hatte einen ziemlichen Vorsprung. Als ich bemerkte, wie ungeschickt Annabelle sich verhält, hat mich das dumpfe Gefühl beschlichen, dass gleich ein Unfall geschieht. Also beschloss ich, sofort einzugreifen, ganz gleich, wie dumm es aussehen wird. Besser einmal zu viel als einmal zu wenig.«
Jervis hatte Lady Sylvia die Hand auf die Schulter gelegt, aber es blieb unklar, ob es tröstend oder beruhigend gemeint war. Der Lord aus London hatte sich gerade so weit zur Seite gedreht, dass man seine Miene nicht erkennen konnte.
»Sie haben schnell reagiert«, meinte Orlov. Er stand auf, eilte Prescott entgegen und schloss den Jungen in die Arme.
»Was ist passiert, Mr. Oliver? Miss Annabelle weint, und ihr Bruder sagt einen Haufen böser Worte.«
»Nichts als ein kleiner Unfall. Aber anders als ein strammer schottischer Kerl verliert die Lady aus London leicht die Nerven.«
»Ich bin kein Waschlappen«, beharrte Emma gegenüber ihrem Bruder, »und habe nicht geweint! Noch nicht mal, als Mr. Oliver auf mich gestürzt ist.«
»Aye. Ich wage die Behauptung, dass du dich als tapfer genug erwiesen hast, um sogar einen Sturz vom Pony riskieren zu können. Wenn du dich im täglichen Unterricht genauso entschlossen zeigst, werden wir noch heute Nachmittag die erste Reitstunde abhalten.«
»Hurra!«
Während die Kinder begeistert darüber diskutierten, welche Tricks sie zu lernen wünschten, sprach Orlov leise ein paar Worte mit dem Trupp aus London. »Ich verlasse mich darauf, dass die Gentlemen sich um die Dinge hier kümmern. Ob Sie den Wettbewerb nun beenden wollen oder nicht ...«
»Wie können Sie das nur vorschlagen!« Lady Sylvia lehnte sich ein wenig dichter an Jervis. »Ich kann den Gedanken kaum ertragen, diese schrecklichen Waffen noch einmal anzurühren!«
Ausnahmsweise nahm Jervis es Orlov nicht übel, dass der sich auf Augenhöhe an ihn gewandt hatte. »Beruhige dich, Sylvia. Wir sollten uns darauf einigen, den Wettbewerb mit einem Unentschieden zu beenden, und uns das Picknick am See schmecken lassen.«
»Ein ausgezeichneter Vorschlag!«, bestätigte der Comte. »Das plätschernde Wasser und ein Schlückchen des exzellenten Mosel-Weins werden Wunder wirken und die Gemüter beruhigen.«
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16. Kapitel
S chenken Sie sich noch einen Whisky ein, Mr. Oliver. Und auch einen für Miss Sloane.« s war schon spät, aber die Witwe hatte darauf bestanden, dass Orlov und Shannon sich auf ein Glas zu ihr gesellten und sich mit ihr in dem Privatzimmer trafen, das an ihr Schlafzimmer grenzte.
»Danke, ich habe genug«, lehnte Shannon ab, obwohl ihr die weiche Wärme, die sich in ihrem Innern ausbreitete, guttat.
»So ein Unsinn!«, widersprach Lady Octavia. »Nach diesem entsetzlichen Schock ist ein starker schottischer Malt die beste Medizin. Ein kleiner Schuss zusätzlich kann nicht schaden.«
Shannon zuckte kaum merklich zusammen, als sie das Wort »Schuss« hörte.
»Eine unglückliche Wortwahl, Mylady, wenn man bedenkt, was vorhin geschehen ist. Aber ich kann Ihre Empfindungen nur begrüßen«, murmelte Orlov. »Za zdorovie!«
Die Witwe antwortete auf Gälisch, bevor sie sich das Getränk die Kehle hinunterrinnen ließ. »Was zum Teufel ist heute Vormittag tatsächlich geschehen?«
Shannon starrte auf den Rest in ihrem Glas. Der Whisky brannte in ihrem Hals. »Ich wünschte, ich könnte es Ihnen verraten.« Auch Orlov ließ sich nicht zu einem Kommentar hinreißen, obwohl sie ihn eindringlich anschaute. Eigentlich sah es ihm gar nicht ähnlich, dass ihm die Worte fehlten. Andererseits hatte er sich seltsam stumm verhalten, seit der Vorfall passiert war. »Von meinem Standort aus konnte ich nicht kontrollieren, wie gut De Villiers Pfeil und Bogen wohl beherrschen wird. Es mag sein, dass er absichtlich auf Emma und Mr. Oliver gezielt hat. Aber das kann ich nicht mit Sicherheit behaupten.«
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