Gefährliches Spiel
zu bekommen, seine Karten auf den Tisch legen und feststellen, dass Charity nicht seine lang verlorene Geliebte war und auch auf keinen Fall vorhatte, sein Bett zu wärmen.
Nick hatte keinerlei Probleme, sich vorzustellen, wie er Charitys Leiche auf dem Untersuchungstisch des lokalen Leichenschauhauses identifizierte. Er hatte es häufig genug getan und er wusste, dass Russen mit einer Frau und einem Messer extrem kreativ werden konnten.
Jede Zelle seines Körpers verlangte Option eins. Es war die deutlichste Ahnung, die er je in seinem Leben gehabt hatte. Es sei denn, Nick Irelands berühmte Intuition war kaputt, zertrümmert und verkohlt, genau wie die Knochen in dem Sarg, der seinen Namen trug, zwei Meter unter der Erde.
Nick rutschte noch tiefer und beobachtete die Straße vor Charitys Haus. Sobald er sehen würde, dass Worontzoffs Fahrer mit seiner Limousine auftauchte und Worontzoff wegfuhr, würde er loslegen.
Es war die beste Lösung, das Einzige, was er tun konnte. Und wenn es bedeutete, dass er Charity wiedersehen und in seinen Armen halten konnte … nun, dann … waren das zwei Fliegen mit einer Klappe. Aber was auch immer passieren würde, eine Sache war klar: Charity würde heute Abend nicht in das Haus eines Mörders gehen. Um das zu verhindern, würde er sterben. Und er würde ganz sicher töten.
21
„Ausgezeichnet“, sagte Wassily, und seine hellen Augen glitzerten. „Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann, dushka . Es ist vorherbestimmt, meine Liebe. Stell dich niemals gegen das Schicksal, es würde dir nur wehtun. Das ist eine der härtesten Lektionen des Lebens.“
Er legte seinen Arm um sie und drückte ihre Schultern. Seine Stimme war lauter als sonst, und der Arm hielt sie so fest, dass es fast schmerzte. Es war etwas Seltsames an ihm, etwas beinahe Fieberhaftes; er war so ganz anders als der normale, kühle, rationale Wassily, den Charity kannte. Sie fragte sich, ob er krank war oder eine Grippe bekam.
Er hielt sie so fest, dass sich seine Finger in ihre Schulter gruben. Charity atmete tief ein und hoffte, dass das vielleicht diskret seine Hand lösen würde, aber es funktionierte nicht. Es machte den Griff nur noch schmerzhafter.
Sie empfing die seltsamsten Schwingungen von Wassily – es war, als wenn er … erregt wäre. Oder aufgeregt oder überreizt. Es fühlte sich an, als würde er die Kontrolle über sich selbst verlieren. Sie konnte fühlen, wie sich sein Brustkorb an ihrer Seite hob und senkte, so schnell, dass er beinahe keuchte. Er sah aufgewühlt aus, ruhelos und fahrig.
Wenn sie sich besser gefühlt hätte, würde sie sich nach seiner Gesundheit erkundigen. Er war ein Freund, mehr oder weniger in dem Alter, in dem ihr Vater wäre, wenn er noch leben würde. Auf jeden Fall viel älter als sie.
Es wäre nur höflich und genau das, was die wohlerzogene Charity Prewitt tun würde. Man konnte sich immer darauf verlassen, dass sie richtig handelte.
Aber nicht jetzt. Sie würde nicht höflich sein, nicht das nette kleine Mädchen, zu dem sie in einer netten Familie erzogen worden war. Fakt war, dass sie es kaum schaffte, sich selbst beieinanderzuhalten – sie war vollkommen erschöpft, am Boden zerstört, hing nur noch mit den Fingernägeln an den letzten Fetzen ihrer Selbstbeherrschung. Sie konnte kaum aufrecht stehen und war nicht in der Lage, sich jetzt mit Wassilys Problemen zu befassen – das war das Letzte, was sie brauchte. Was war nur über sie gekommen, seine Einladung anzunehmen? Woher sollte sie die Kraft nehmen hinauszugehen, wenn sie sich einfach nur nach Dunkelheit und Einsamkeit sehnte?
Zudem war es sehr gut möglich, dass sie selbst krank wurde. Sie hatte sich zwischen gestern und heute Morgen drei- oder viermal übergeben. Sie hatte im Moment nichts mehr, was sie Wassily geben konnte – krank oder gesund. Sie hatte nur noch verbrannte Erde.
„Wassily …“ Charity versuchte, sich vorsichtig von ihm loszumachen, musste aber zu ihrer Überraschung feststellen, dass das unmöglich war. Er hatte seine andere Hand auf ihr Knie gelegt, sodass sie im Prinzip eingeklemmt war. Oder zumindest fühlte es sich so an. Sie war sich sicher, dass er es nicht mit Absicht tat. Woher sollte er wissen, dass er ihr wehtat? Aber er musste doch ganz sicher merken, dass er sie bedrängte.
Sie stand auf. Das war die einzige Möglichkeit, die ihr einfiel, um Wassilys Griff zu entkommen und ihn endlich langsam aus dem Haus herauszulotsen. Sie brauchte die
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