Gefährliches Spiel
Büchern, sondern indem er Kinder tötete und Terroristen half?
Charity hielt sich nicht für eine tapfere Frau. Sie machte keinen Kampfsport, ging nicht klettern oder Fallschirmspringen. Sie war eine sehr zurückhaltende Bibliothekarin, für die der neueste Nora-Roberts-Roman schon aufregend war.
Aber gleichzeitig besaß sie auch ein starkes Gefühl von Ehre und Patriotismus. Es hatte sich herausgestellt, dass der Mann, den sie so sehr bewundert hatte, Wassily Worontzoff, ein gefährlicher Mann war, ein Mann, der aufgehalten werden musste.
In einem kleinen Teil ihres Herzens verstand sie sehr wohl, dass Kolyma ihn verändert hatte. Er war nicht verantwortlich für die Schrecken, die man ihm angetan hatte, die ihn seine Gesundheit, seine Geliebte und ganz offensichtlich seinen Verstand gekostet hatten. Aber er war verantwortlich für das, was er geworden war.
Sie erkannte, dass sie wieder an einem dieser Momente im Leben angekommen war, wo man sich entscheiden musste, aus welchem Holz man geschnitzt war. Sie war aus Stahl. Das Leben hatte ihr die Möglichkeit gegeben, etwas Schreckliches zu verhindern, und sie würde nicht einfach wegsehen.
„Haben Sie die nötige Ausrüstung dabei?“, fragte sie Di Stefano leise.
„Ja, ich habe ein Körpermikrofon im Auto und eine Knopfkamera. Sie müssten nur ein bisschen Zeit dort verbringen. Wir brauchen die Stimmen und eindeutige Bilder von allen Anwesenden, was wir mit den Teleobjektiven nicht hinbekommen können. Das wäre unbezahlbar, Miss … äh, Mrs …“
Di Stefano hielt inne, unsicher, wie er sie ansprechen sollte. Immerhin wusste sie selbst nicht, wie sie sich nennen sollte.
„Charity ist okay.“
Sie konnte tatsächlich hören, wie Nick mit den Zähnen knirschte.
„Das wird nicht passieren!“ Nick schrie beinahe. „Verdammt noch mal, das ist Wahnsinn! Hast du vergessen, um wen es hier geht? Das sind keine Wirtschaftskriminellen. Das sind einige der gefährlichsten Männer der Welt.“
„Und doch liebt mich nach deiner eigenen Einschätzung einer von ihnen, Nick. Wassily wird mir nichts tun. Das weiß ich“, sagte sie.
„Das kannst du verdammt noch mal überhaupt nicht wissen!“ Sein Atem schien zu dampfen wie bei einem wütenden Stier. „Scheiße, bin ich der Einzige mit einem Fünkchen Verstand in diesem Zimmer? Di Stefano, du warst nicht in Bosnien im Einsatz, aber ich. Ich weiß, zu was diese Leute fähig sind, vor allem gegenüber Frauen.“
„Aber er liebt sie. Und niemand wird Charity in irgendeiner Form verdächtigen. Sie ist da, weil er sie eingeladen hat. Sie wird reingehen, ein paar Bilder machen und dann vorgeben, Kopfschmerzen zu haben. Rein und raus in einer halben Stunde. Was kann in einer halben Stunde schon passieren? Und das könnte der Durchbruch für uns werden.“
„Man braucht keine halbe Stunde zum Sterben“, sagte Nick warnend. „Es braucht nur eine Sekunde. Sie wird es nicht tun, das ist mein letztes Wort. Ich leite dieses Team, und das ist mein Befehl.“
„Tut mir leid.“ Di Stefano zeigte Nick die Zähne. „Du hast nicht mehr die Leitung, Nick, ich bin es. Der Chef dachte, dein Verhalten wäre zu unberechenbar, also hat er dir das Kommando entzogen. Seit einer halben Stunde. Um genau zu sein gehörst du überhaupt nicht mehr zum Team. Auch wenn ich dir freundlicherweise gestatten werde, im Überwachungswagen zu bleiben, weil du ja ein … emotionales Interesse am Ausgang des Ganzen hast. Und jetzt will ich, dass du rausgehst und die Ausrüstung holst, um Charity zu verkabeln.“ Die zwei Männer starrten einander an. „Jetzt“, fügte Di Stefano leise hinzu. „Das ist ein Befehl.“
Nicks Atem klang unnatürlich laut im Raum. Mit einem wütenden „Scheiße!“ drehte er sich um, ging aus der Eingangstür und knallte sie brutal hinter sich zu.
Di Stefano verzog das Gesicht und seufzte. Er blickte für eine Sekunde zu Boden und dann wieder hoch. „Ich weiß, was Sie denken. Sie sind wütend auf ihn. Ich bin wütend auf ihn, ebenso unser Partner Alexei und unser Boss, zusammen mit dem gesamten Führungsstab. Jeder ist wütend auf Nick.“
„Er hat mich angelogen“, antwortete Charity ruhig. „Vom ersten Moment an.“
„Ja.“ Di Stefano nickte knapp. „Das hat er. Das ist sein Job. Er ist einer der besten verdeckten Ermittler, die ich kenne, und lügen zu können macht einen großen Teil davon aus. Aber es ist für den Job. Er ist kein gewohnheitsmäßiger Lügner in seinem normalen Leben, auch
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