Gefährliches Talent: Kriminalroman
Zivilisation in Sicht.«
Sie waren seit der Abzweigung schon eine Stunde gefahren und befanden sich immer noch auf einem Wüstenplateau mit weißlichen Felsen zu beiden Seiten, das bis auf diese primitive Straße vollkommen unerschlossen zu sein schien.
»Wir haben gar nichts verpasst«, sagte Alix. »Wir sind schon da, nur noch nicht am Konferenzzentrum. Die Ghost Ranch ist ein riesiges Gelände, über achttausend Hektar groß. Das Konferenzzentrum ist nur ein winziger Teil … Ach, sehen Sie mal, direkt da vorne, da ist eine Spur von Zivilisation.«
Sie zeigte auf eine Blockhütte aus grob behauenen Stämmen, nur wenige Meter neben der Straße, und Chris musste lachen. »Zivilisation anno 1870 würde ich sagen.«
»Nein, warten Sie!«, sagte Alix plötzlich eindringlich. »Halten Sie an! Ich will Ihnen was zeigen.«
»Aber das ist doch nur eine alte …«
»Ich meine doch nicht die Hütte. Halten Sie bitte!«
»Aber hier ist nirgendwo eine Haltebucht. Wo soll ich denn …«
»Hier sind auch keine anderen Autos, falls Sie es noch nicht gemerkt haben. Halten Sie jetzt bitte an?«
Als Chris anhielt, wirbelte eine Staubwolke in die Höhe und wehte über sie hinweg. »Okay, was ist los?«
Alix stieg aus und Chris folgte ihr. »Schauen Sie mal da drüben«, sagte Alix und deutete auf eine etwa vier Kilometer entfernte Felswand.
Chris’ Blick folgte Alix’ Finger. »Okay, ich schaue …«
»Fällt Ihnen denn gar nichts auf?«
Ratlos schüttelte Chris den Kopf. »Was denn?«
»Haben Sie die Fotos von dem Bild dabei?«
»Ja, in meiner Tasche.«
»Zeigen Sie mal.«
Chris zuckte mit den Schultern, holte ihre Tasche aus dem Auto und gab Alix ein paar postkartengroße Fotos des O’Keeffe-Bildes. Alix wählt eins aus, auf dem das Gemälde komplett zu sehen war, und hielt es auf Armeslänge von sich. »Nun schauen Sie sich das Bild an und dann die Felsen. Sehen Sie die beiden großen Felsspalten? Wenn Sie sich jetzt auf die rechte konzentrieren und sich vorstellen, Sie könnten unten, halb vom Schatten verschluckt, einen Mann sehen …«
»Mann, das ist ja mein Bild!«, rief Chris begeistert. »Das sind meine Felsen!« Sie schaute von den Felsen auf das Foto und wieder zurück und sagte dann etwas ruhiger: »Alix, ich weiß, es hört sich verrückt an, aber auch wenn es eine Fälschung sein sollte, möchte ich es haben. Es ist so schön und irgendwie wirken die Felsen durch das Bild noch … noch
wirklicher
.«
»Stimmt. Das ist die Wirkung, die Kunst auf uns haben kann. Und ich muss Ihnen recht geben, es ist wunderschön. Die Felsen werden in dem Bild regelrecht greifbar. Und es ist
ganz
im Stil von Georgia O’Keeffe. Aber wenn Sie es nehmen, müssen Sie laut Vertrag drei Millionen Dollar dafür bezahlen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie so viel für eine Fälschung hinblättern wollen.«
»Nein, natürlich nicht«, sagte Chris seufzend und steckte die Fotos wieder in die Tasche. »Aber Georgia O’Keeffe hat doch wirklich Bilder von dieser Landschaft gemalt, oder?«
»Etliche.«
»Also, sollte es sich als Fälschung erweisen, wäre Ihr nächster Auftrag, ein echtes für mich zu finden. Würden Sie das tun?«
»Klar, mit Vergnügen.«
»Großartig«, sagte Chris knapp. »Dann ist die Sache abgemacht. Machen wir uns jetzt auf die Suche nach diesem sogenannten Konferenzzentrum und melden wir uns an.«
Sie fuhren einen staubigen Abhang mit leichtem Gefälle hinunter, dann über eine Rundholzbrücke, die einen von Bäumen gesäumten Bach überspannte, und schließlich an einem steinigen Bergkamm entlang. Als sie den hinter sich hatten, tauchte vor ihnen das Konferenzzentrum auf. Der eingeschossige Gebäudekomplex, im Schutz der Berge um einen weiten, grasbedeckten Platz herumgebaut, war von bizarren, vielfarbigen Felstürmen umgeben. Gruppen von Leuten schlenderten umher und plauderten, während andere im lichten Schatten der Pappeln beisammensaßen. Es sah aus wie der Campus einer kleinen Universität, die auf wunderbare Weise mitten in der Wüste aus dem Boden geschossen war.
»Ihre Zimmer sind fertig«, sagte die Frau am Empfang, als sie das Verwaltungsgebäude gefunden hatten. »Sie sind im Coyote-Block auf dem Tafelberg untergebracht. Einfach die Straße links hochfahren und dann abbiegen. Sehr schöne Aussicht. Sie sollten unbedingt draußen auf der Terrasse den Sonnenuntergang genießen. Ich bin Barb. Falls Sie irgendwelche Fragen haben, wenden Sie sich einfach an mich.«
»Barb,
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