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Gefährliches Talent: Kriminalroman

Gefährliches Talent: Kriminalroman

Titel: Gefährliches Talent: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aaron Elkins , Charlotte Elkins
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Gian-Carlo war neunundvierzig, eins sechzig groß, wog neunzig Kilo und hatte eine Glatze. Und war verheiratet. Und hatte fünf Kinder.«
    »Ach so«, sagte Chris und fügte nach einer Pause hinzu: »Aber deswegen war er noch lange kein schlechter Mensch.« Und beide mussten lachen.
    »Alix, mache ich irgendwas falsch?«, fragte sie kurz darauf verunsichert. »Die Fahrer in den anderen Autos sehen mich alle so komisch an.«
    »Nein, Sie machen gar nichts falsch. Nur haben die noch nie einen Lamborghini überholt. Normalerweise
wird
man von einem Lamborghini überholt. Die haben wahrscheinlich noch nie einen auf der rechten Spur gesehen.« Alix auch nicht.
    Chris lachte leicht verbissen. »Nun, um ehrlich zu sein, macht mir diese Kiste ein bisschen Angst. Nein, ganz schön viel Angst sogar. Der Typ vom Autoverleih wollte mit mir eine Probefahrt machen und mir alles zeigen, aber ich habe ihn zusammengestaucht. So in der Art: Ob er meinte, ich könnte so einen Wagen nicht fahren, weil ich nur ein armes, hilfloses Weiblein bin. Also habe ich gesagt: Nein, danke, ich komme schon zurecht.«
    »Und?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich bin überhaupt nicht damit zurechtgekommen, jedenfalls nicht die ersten fünfzig Meter. Ich hatte das Gaspedal kaum
berührt
, da ging der Wagen schon los wie eine Rakete. Ich hätte fast einen Unfall gebaut, schon bevor ich vom Parkplatz war. Seitdem fahre ich eben, ähm, etwas langsam. Aber nur, bis ich den Bogen raushabe, wissen Sie? Ich halte mich eben ans Tempolimit.«
    »Klar, Chris. Natürlich.«
Du bist vierzig Stundenkilometer unter dem Tempolimit!
Sie saßen schließlich in einem Lamborghini, der dreihundertzwanzig Sachen machen und (wie Chris gemerkt hatte) in vier Sekunden von null auf hundert beschleunigen konnte. Es war einfach Frevel, den Wagen so zu drosseln. Na ja, sagte sie sich, ich lasse sie eine Weile so fahren, bis sie gelernt hat, wie wunderbar sich der Wagen in der Stadt fahren lässt.
    »So ist es richtig, Chris. Sie machen das sehr gut.« Sie lächelte ihre Freundin an, versank in ihrem weichen, tiefen Schalensitz und versuchte, die Landschaft zu genießen. Wenn Chris vom Fahren die Nase voll hatte, falls man das überhaupt fahren nennen konnte, würde sie ja vielleicht Alix ein Weile ans Steuer lassen. Sie konnte das Lenkrad schon an ihren Fingerspitzen fühlen und stellte sich aufgeregt vor, wie der Wagen quasi auf jeden Gedanken sofort reagierte – so wie ein gut trainiertes Vollblut, das dem leisesten Schenkeldruck seines Reiters gehorcht.
    Im Schneckentempo passierten sie die Pueblos Pojoaque und Nambé und kamen in die etwas schäbige, zersiedelte Ortschaft Española (»Welthauptstadt der tiefergelegten Autos« verkündete das Begrüßungsschild), wo sie in einem Taco Bell zu Mittag aßen. Die Nachricht vom Lamborghini verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und in der kurzen Zeit, die sie fürs Essen brauchten, fuhren sechs oder sieben auffallend lackierte, tiefergelegte Pkw und Pick-ups auf den Parkplatz und ein Dutzend Latino-Jünglinge stiegen aus und stellten sich um den Wagen auf, um ihn murmelnd zu bewundern.
    Als Chris und Alix mit ihren Getränken in der Hand aus dem Restaurant kamen, zogen sich die jungen Männer respektvoll zurück, ohne ihre begierigen Blicke von dem Luxusgefährt abzuwenden. Nur einer rührte sich nicht vom Fleck, ein dünner Junge um die zwanzig mit toten Augen, der in T-Shirt und dreckigen engen Jeans und mit einem unangezündeten Zigarillo zwischen den Lippen an einem Pick-up lehnte. Sein Wagen war nicht so grell lackiert wie die meisten. Abgesehen von ein paar kranzförmigen Motiven fiel ihnen nur die Abbildung eines hübschen Mädchens im String-Bikini auf (die Schnüre waren kaum zu sehen), das von den üblichen orange-blauen Flammen umzüngelt wurde. Darunter ein wehender Wimpel, auf dem »Bimbi« stand.
    »Nett«, sagte er und betrachtete den Wagen. »Nehmen Sie mich auf eine Spritztour mit?«
    Sie ignorierten ihn natürlich, worauf er mit einem unverschämten Grinsen reagierte. Dann fing er an zu lachen und stieg in seinen Wagen. »Also ich weiß nicht«, sagte Chris zu Alix, als sie ihre Gurte anlegten. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich einen Wagen will, der mehr Sex-Appeal hat als ich.«
    Nördlich von Española wurde die Landschaft zugleich karger und noch schöner und in der Ferne tauchten nackte Höhenzüge in Lila- und Rosatönen auf. Sie begegneten immer weniger anderen Fahrzeugen. Alix hatte die Landkarte

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