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Gefährliches Talent: Kriminalroman

Gefährliches Talent: Kriminalroman

Titel: Gefährliches Talent: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aaron Elkins , Charlotte Elkins
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ausgebreitet, gab die Richtung an und spielte Fremdenführerin. »Rechts von uns liegt das San-Juan-Gebirge und links, das ist das Jemez-Gebirge.«
    »Was links und rechts ist, interessiert mich im Moment nicht. Ich habe genug damit zu tun, mich auf die Fahrbahn zu konzentrieren.« Sie fuhren jetzt an einem Steilhang entlang. Die kurvenreiche Straße folgte den Biegungen eines Flusses, der sich etwa dreißig Meter tiefer am Fuß des Felsens entlangwand. Chris fuhr jetzt nur noch etwa dreißig Stundenkilometer und saß angespannt und stocksteif da, wachsam und hoch konzentriert wie ein Erdmännchen, das von seiner Sippe zum Wachdienst abkommandiert worden war.
    »Chris, falls Sie müde sind«, sagte Alix hoffnungsvoll, »übernehme ich gern eine Zeit lang.«
    »Vielleicht später, wenn Sie wollen, aber im Moment bin ich noch gar nicht müde. Es macht mir sogar richtig Spaß.«
    »Ja, das sieht man, vor allem daran, wie verkrampft Sie das Steuer halten.«
    Chris lachte angespannt. »Nun gut, ich gebe zu, der Wagen macht mir immer noch ein bisschen Angst. Er … er reagiert so schnell. Als wäre er ein Teil von mir. Als wenn er wüsste, was ich vorhabe …«
    »Bevor Sie’s selbst wissen«, beendete Alix ihren Satz mit einem Seufzer. »Das Gefühl kenne ich.« Offenbar würde es noch eine Weile dauern, bis Chris sie fahren ließ, wenn überhaupt. »He«, rief sie, als sie auf die Karte schaute. »Der Fluss da unten, das ist der Chama River!«
    »Der Chama River? Und was ist an dem so besonders?«
    »Das bedeutet, dass wir im eigentlichen O’Keeffe-Land sind. Sie hat den Fluss mehrmals gemalt. In einem ihrer Bilder ist fast genau der Blick dargestellt, den wir jetzt haben. Sie muss direkt hier am Straßenrand gestanden haben.«
    »Ach, tatsächlich?«
    Aber Chris hörte eindeutig nicht zu. Die Fahrbahn nahm ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch und das war Alix auch ganz recht so. Mit all den Kurven, dem steilen Gefälle auf der linken Seite und der gefährlich nahe rückenden Felswand zur Rechten forderte dieser gefährliche Abschnitt des Highway 84 die volle Konzentrationdes Fahrers. Auch Alix wäre an dieser Stelle nicht viel schneller gefahren. Ihr blieb nichts anderes übrig, als Chris das Fahren zu überlassen, sich zurückzulehnen und das zu tun, weswegen sie eigentlich hergekommen war: Sie versuchte, in ihrem Innern eine »Verbindung« zu der klaren, lichten Atmosphäre des Wüstenhochlands herzustellen. Sie hatte schon andere Orte besucht, die dafür berühmt waren, dass ihr Licht dem Kunstschaffen förderlich war: das Tiefland der flämischen und niederländischen Meister mit seinem goldenen Licht, Turners Meereslandschaften mit ihrem bläulichen Schein und Südfrankreich mit den lebhaften Orange-und Grüntönen, die man bei Van Gogh und Cézanne wiederfindet.
    Aber das hier war anders. Keine satten, leuchtenden Farben, sondern zarte, blasse Schattierungen – Himmel und Berge in Pastellfarben. Zufällig kannte sie auch die atmosphärische Ursache dafür. Wie in jeder Wüste gab es hier nur minimale Niederschläge, deshalb gab es auch kaum Wassertröpfchen in der Luft, die das Licht streuen konnten. Das Besondere an dieser Wüste war aber, dass sie zweitausendvierhundert Meter hoch lag und die Luft hier nicht einmal ein Viertel so dicht war wie auf Meeresspiegelhöhe. Das führte zu einer außergewöhnlichen Klarheit und Transparenz, denen Alix anderswo noch nie begegnet war. Ihrer Landkarte zufolge waren die umliegenden Bergketten vierzig Kilometer entfernt, aber sie kamen ihr viel näher vor. Und wie alles andere – der Fluss, die Tafelberge und Felstürme – waren auch die weiter entfernten Bergketten schärfer konturiert, als man es für möglich hielt, so als hätte ein Botticelli oder ein Breughel sie mit der Tuschefeder nachgezogen. Langsam ahnte sie, was Georgia O’Keeffe …
    »He, anhalten! Wir sind da!«, rief sie.
    Erschrocken brachte Chris den Wagen so abrupt zum Stehen, dass beide von ihren Sicherheitsgurten aufgefangen wurden. Sie blickte von dem langen Asphaltstreifen vor ihnen auf, um die ausgedörrte, kahle Landschaft zu beiden Seiten zu betrachten. »Wir sind wo?«, fragte sie verdutzt.
    »Da war die Ghost Ranch. Wir haben die Abzweigung verpasst. Sie sind so schnell gefahren, dass Sie sie übersehen haben.«
    Das sollte ein Scherz sein, aber Chris nahm es ernst. »Ganz bestimmt nicht«, sagte sie und manövrierte den Wagen mühselig vor und zurück und schaffte es schließlich

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