Gefährliches Talent: Kriminalroman
dass man mich in die Luft jagen will. Toi, toi, toi.«
»Glauben Sie immer noch, dass es Liz war?«
Alix nahm einen Schluck und sagte: »Ja, dieser Blick und wie sie sagte: ›Was machen Sie denn hier?‹, als wir bei ihr aufkreuzten, das sagt doch wirklich alles.«
»Meinen Sie, sie hatte Angst, dass Sie das Bild als Fälschung entlarven?«
»Ja, genau.«
»Aber sie hätte doch viele andere Möglichkeiten gehabt, ohne Sie gleich umzubringen. Sie hätte einfach sagen können, sie hätte ihre Meinung geändert und es wäre nicht mehr zu verkaufen.«
»Aber Sie hatten einen Vertrag.«
»Ja, aber sie wusste, ich würde nicht drauf bestehen. Und was das betrifft, hätte sie einfach sagen können, sie hielte das Bild für eine Fälschung und sie würde mir vom Kauf abraten. Sie hätte unzählige Möglichkeiten gehabt, aus der Sache rauszukommen. Aber dass sie Sie stattdessen umbringen würde …« Chris schüttelte den Kopf. »Das finde ich nicht sehr logisch.«
»Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht den Eindruck, dass es bei ihr mit der Logik weit her war, zumal sie anscheinend dem Alkohol nicht abgeneigt war. Vielleicht konnte sie gar nicht mehr klar denken.«
»Mag sein. Klingt ganz plausibel. Sie war jedenfalls nicht mehr die Liz, die ich mal kannte.«
»Außerdem spricht für meinen Verdacht, dass seit ihrem Tod niemand mehr versucht hat, mich umzubringen.«
»Ja, und das sind immerhin schon zwei ganze Tage. Schenken Sie mir bitte noch etwas Wein nach? Trinken Sie auch noch was.«
»Jetzt bleibt also die Frage, wer Liz umgebracht hat«, sagte Alix, während sie die Gläser füllte.
»Und warum.«
»Und warum«, wiederholte Alix nachdenklich. »Und zu beiden Fragen fällt mir absolut nichts ein, Ihnen vielleicht?«
Chris schüttelte den Kopf. »He, sollten wir nicht Mendoza anrufen und ihm sagen, dass das Bild Ihrer Ansicht nach eine Fälschung ist? Es könnte wichtig sein.«
»Das habe ich schon gemacht, direkt nach meinem Gespräch mit Geoff. Ich habe ihm auch gesagt, wo wir sind. Ich wollte ihn nicht in dem Glauben lassen, wir wären noch in Santa Fe.«
»Und was hat er gesagt?«
»Eigentlich nichts. Er hat mich nur gebeten, morgen zur Wache zu kommen, wenn wir wieder zurück sind.«
»Morgen? Morgen sind wir doch in Taos.«
»Heißt das, Sie wollen trotzdem nach Taos? Aber wozu denn noch?«
»Sind Sie denn gar nicht neugierig? Wollen Sie nicht das Haus von Mabel Dodge Luhan sehen?«
Schon zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit hielt man ihr mangelnde Neugier vor. »Natürlich bin ich neugierig«, sagte sie gereizt. »Aber Sie bezahlen schließlich für alles, deshalb dachte ich, Sie würden jetzt lieber drauf verzichten.«
»Auf gar keinen Fall. Wollen Sie nicht das Badezimmer sehen, in dem D. H. Lawrence die Fenster übermalt hat? Wo gibt’s so was schon?«
»Der Schriftsteller?«
»Genau der. Der war auch schon mal bei Mabel zu Gast, wie alle Kreativen, die sich in die Gegend verirrt haben. Er war anscheinend schockiert darüber, dass man durch die Fenster des Badezimmers im ersten Stock hineinsehen konnte, also hat er sich ein paar Eimer Farbe besorgt und die Fensterscheiben mit irgendwelchen seltsamen Motiven bemalt. Das würde ich schon gern sehen.«
»Ist das der Lawrence, der
Lady Chatterley
geschrieben hat?
Der
hat sich darüber aufgeregt, dass man durch die Badezimmerfenster sehen konnte?«
»Ja, privat soll er ein bisschen prüde gewesen sein. Vielleicht auch ein wenig paranoid, denn er hatte Angst, jemand würde auf die Terrasse vor dem Badezimmer klettern und hineinschauen. Er wollte auch Mabel überreden, sich nicht mehr nackt oben auf dem Flachdach zu sonnen. Da hatte er allerdings kein Glück. Mabel tat, was sie wollte. Sie hatte auch eine heiße Affäre mit einem Tewa-Indianer, einem Mystiker, und hat ihm erlaubt, sein Tipi unten an der Außentreppe aufzubauen, die zu ihrem Schlafzimmer führte. Da war sie noch mit Sterne, ihrem dritten Mann, verheiratet. Aber später ließ sie sich von ihm scheiden und hat den Indianer geheiratet. Daher hatte sie auch den Namen Luhan. Aber zurück zu dem Badezimmer: Robinson Jeffers’ Frau hat dort versucht, sich zu erschießen, weil er eine Affäre …«
»Chris, woher wissen Sie denn das alles?«
»Ach, die Frau, mit der ich wegen der Reservierung geredet habe, die wusste einfach alles. Und sie wollte überhaupt nicht mehr aufhören zu reden.«
Alix lächelte. »Ja, ich kenne auch jemanden, der so sein kann. Ich würde gern eine
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